Portfolio-Management

Projekte werden aus dem Bauch heraus genehmigt

12.09.2011
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

COMPUTERWOCHE-Kommentar: Verwirr mich nicht mit den Fakten

Nur 35 Prozent der Unternehmen haben einen standardisierten Prozess für die Projektauswahl. Das legt die aktuelle Studie der Projektberatung Parameta nahe. Schlimm genug, möchte man sagen. Aber der eigentliche Skandal geht quasi in einem Nebensatz unter: Ganze neun Prozent halten sich strikt an einen solchen Prozess, heißt es da.

Was bedeutet das im Klartext? Nichts anderes, als dass der mühsam erarbeitete Portfolio-Management-Prozess in jedem vierten Fall reine Makulatur ist. Nach dem Motto, das uns Journalisten gern unterstellt wird: Ich habe mir meine Meinung längst gebildet, verwirr mich jetzt bloß nicht mit den Fakten.

Die Priorisierung von Projekten ist in der Tat ein heikles, weil (unternehmens-) polititsches Thema. Hier stoßen zum Teil unvereinbare Interessen aufeinander. Aber gerade deshalb wurden ja die ersten Forderungen nach einem strikten Portfolio-Management laut. Es sollte sicherstellen, dass nicht Partikularinteressen einzelner Fachbereiche oder "Stammesfürsten" die Auswahl der umzusetzenden Vorhaben bestimmten, sondern das Gesamtinteresse des Unternehmens. Immerhin jeder dritte der von Parameta untersuchten Betriebe hat die Notwendigkeit eines neutralen Auswahlprozesses eingesehen und einen solchen Prozess installiert.

Aber zwischen Einsicht und dem entsprechenden Handeln liegen erfahrungsgemäß Welten. Und so feiert das "Hey-Joe"-Prinzip offenbar fröhliche Urständ auf höchster Ebene: Investitionen in fünf-oder sechstelliger Euro-Höhe werden an den definierten Entscheidungsprozessen "vorbeigemogelt", wenn man der Studie Glauben schenken will.

Manche Entscheidungsträger werden dieses Vorgehen als "unbürokratisch" oder "flexibel" verherrlichen; beschleunigt es doch die Entscheidungsfindung. Aber mit änlichen Argumenten müsste man dann auch die Formulierung verbindlicher Security-Policies und ein striktes Lizenz-Management ablehnen. (Karin Quack)