Softwarepiraterie

Piraten entern den IT-Markt

18.05.2009
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Die Piratencharts: Was geklaut wird

CW: Welche Softwareprodukte sind unter Piraten besonders begehrt?

HERRNLEBEN: Eine mit den Musik- und den Kinocharts vergleichbare Rangliste gibt es bei Software nicht. Wenn es aber eine gäbe, wäre sie auch hier mit den "Piratencharts" deckungsgleich. Es wird das geklaut, was gebraucht wird.

CW: Warum produziert die Softwareindustrie nicht billiger und setzt ihre Gewinnmargen herunter? Dann sinkt vielleicht die Attraktivität des Schwarzkopierens.

HERRNLEBEN: Wir leben in einer freien Marktwirtschaft. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Die Lizenzmodelle sind heute viel flexibler als früher: Es gibt abgestufte Preise für verschiedene Varianten von Software wie Studentenversionen und so weiter. Softwarepiraterie hat nichts mit dem Preis zu tun, sondern nur damit, dass es möglich ist, Software schwarz zu kopieren. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Sharewarehersteller, dessen Produkte weniger als fünf Euro kosten - die werden trotzdem massiv raubkopiert.

CW: Software für kreative Berufe ist aber extrem teuer. Und die wird laut BSA besonders oft raubkopiert. Grafik-, Audio- und Videobearbeitungsapplikationen kosten horrende Lizenzgebühren.

HERRNLEBEN: Diese Software ist komplex und darauf ausgelegt, dass Unternehmen mit ihr arbeiten und wirtschaften können. Das hat seinen Preis.

CW: Kopierschutz - ja oder nein?

HERRNLEBEN: Ein gewisser Kopierschutz ist richtig. Was keinen Sinn gibt, ist eine "Rüstungsspirale": Kopierschutz, ausgehebelt, neuer Kopierschutz, wieder ausgehebelt und so weiter. Jeder Kopierschutz wird irgendwann geknackt. Deshalb darf er nicht so komplex sein, dass Sie allein für das legale Umgehen des Kopierschutzes ein eigenes Benutzerhandbuch benötigen.

CW: Digital-Rights-Management-Modelle wie die Web-Aktivierung sind also weiterhin erforderlich?

HERRNLEBEN: Ja. Die aktuellen Distributionsmodelle und gerade auch die neuen Möglichkeiten wie Netz-Computing oder Software as a Service (SaaS) sind ebenso sinnvoll. Ihr Anteil am Markt ist mit unter zehn Prozent zwar noch vergleichsweise marginal, aber das wird sich ändern.