Nokia: Der Erfolg ist nicht genug

17.03.2004
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Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

Doch was die Koreaner heute sind, könnten morgen die Chinesen sein. Schon auf der CeBIT 2003 waren Handys aus dem Reich der Mitte für jedermann sichtbar vertreten; Hersteller wie Ningbo Bird oder TCL Mobile Communications zeigten sich erstmals einer größeren (westlichen) Öffentlichkeit. Diese können übrigens nicht nur mit dem vermeintlichen Charme des Exoten kokettieren, sondern haben auch handfeste Kostenvorteile. Nicht nur aufgrund des extrem niedrigen Lohnniveaus in ihrem eigenen Land, sondern auch, was die Produktionsweise angeht. Denn im Gegensatz zu Nokia, das lediglich ein Sechstel seiner Endgeräteproduktion an Auftragsfertiger ausgelagert hat, arbeiten die Chinesen nahezu ausschließlich mit Original Design Manufacturers (ODMs) zusammen.

Das bisherige Geschäftsprinzip von Nokia, technologische Neuerungen von anderen Wettbewerbern häufig erst dann in die eigenen Produkte zu adaptieren, wenn sie auf erkennbare Nachfrage stoßen, sich dann aber mit der eigenen Marktmacht (riesige Produktionskapazitäten plus hoher Marketing-Aufwand) an die Spitze eines Trends zu setzen, könnte somit in Zukunft vielleicht nicht mehr so einfach funktionieren. Gartner-Analyst Wood hält dies zumindest für eine "sehr spannende Frage". Eigentlich habe man schon seit Jahren mit einer Konsolidierung der Anbieterszene gerechnet, stattdessen sei die Zahl der Hersteller weiter angestiegen. Jetzt aber werde, so Wood, der "Shakeout" nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Auch die US-amerikanische Investmentbank Goldman Sachs stellte schon vor Monaten fest, dass die Gewinnmargen aller etablierten Hersteller spätestens 2005 enorm unter Druck geraten dürften. Ähnlich wie im PC-Sektor sei dann mit einem gnadenlosen Preiskampf zu rechnen.

Netzbetreiber haben andere "Lieblinge"

Das "Pricing" ist jedoch schon seit Jahren ein Problem der Branche. Bisher allerdings konnten sich die führenden Handy-Produzenten mit Hilfe der Subventionierung ihrer Geräte durch die Netzbetreiber und Service-Provider schadlos halten, die mit Rabatten auf Mobiltelefone die Zahl ihrer Vertragskunden nach oben schrauben wollten. Jetzt aber droht auch hier (vor allem Nokia) Ungemach. So wirbt T-Mobile momentan mit einem Kamera-Handy von Samsung, bei Vodafone kommt das derzeit populärste Foto-Handy von Sharp. Ningbo Bird wiederum produziert für den französischen Handy-Hersteller Sagem, dessen Geräte ebenfalls von T-Mobile und Vodafone angeboten werden.

Die Entwicklung, die sich hier anbahnt, könnte für die Finnen gefährlich werden. Denn in ihrem Bestreben, nicht mehr nur Gesprächsminuten, sondern vermehrt Datendienste und damit eigene Services zu vermarkten, verlangen die Provider immer häufiger zum Teil spezielle Vorkonfigurationen der Handys - eine Forderung, der sich Nokia bisher weitgehend widersetzte, weil man dabei das eigene "Logo" in Gefahr sah. Die Netzbetreiber müssen aber ihren durchschnittlichen Umsatz pro Kunde deutlich erhöhen, damit sich ihre Investitionen für den Aufbau der gesamten UMTS-Infrastruktur zumindest mittelfristig amortisieren - und könnten daher, so Beobachter, in einem noch stärkeren Maße zur japanischen und asiatischen Konkurrenz von Nokia abwandern.

Konzernchef Ollila sieht das naturgemäß anders. In einem Interview mit der "Financial Times" Ende Februar stellte er im Bezug auf das zunehmend schwieriger werdende Beziehungsgeflecht zu den Providern nüchtern fest: "Die Netzbetreiber werden immer die Geräte bevorzugen, die ihren Kunden den besten Mehrwert bieten." Solche Devices könnten aber auf Dauer nur von den Herstellern geliefert werden, die "auch über das nötige technische Know-how und Entwicklungskapazitäten" verfügten. "Verständnis" zeigte er zudem dafür, dass "der eine oder andere asiatische Anbieter" enger mit Netzbetreibern kooperiere, um sich dadurch einen besseren Marktzugang in Europa zu verschaffen. Auch in den kommenden Jahren sei, so Ollila, bei der Produktion von Mobiltelefonen eine Gewinnmarge von mehr als 20 Prozent "realistisch". Die größten Wachstumsmöglichkeiten lägen allerdings in den Bereichen Multimedia und Unternehmensanwendungen.