Messe-Rundgang: Portalsoftware

Neue Benutzeroberfläche für Anwendungen und Inhalte

05.10.2001
MÜNCHEN (CW) - Viele Softwarehersteller haben Portalanwendungen in ihr Portofolio aufgenommen, seien es nun Web-Content-Management-Anbieter oder Lieferanten von Applikations-Servern. Allerdings findet die Messe ohne bekannte Anbieter wie Oracle, Sybase und Plumtree statt. Von Gerda von Radetzky*

Die rechte Hand weiß nicht, was die linke tut - das ist Alltag in Unternehmen. Tausende von Dokumenten lagern verstreut in unterschiedlichen Datenbanken, doppelt geführte Verzeichnisse und überflüssige E-Mails verstopfen Speicherplatz. Das alles soll sich ändern - durch eine einheitliche Oberfläche. Das Unternehmensportal soll die Lösung bringen, damit jeder Mitarbeiter sicher und einfach auf Applikationen, Projekte, Prozesse zugreifen kann.

Jeder Angehörige eines Unternehmens hat seine spezifische Rolle und sein Wissen. Allen gemeinsam ist der Arbeitgeber, der Prozessoptimierung, Informations- und Kommunikationsbeschleunigung sowie bessere Erhöhung der Nutzung von Content wünscht. Per Unternehmensportal, genannt Enterprise Information Portal (EIP), soll es möglich werden, die Qualität von Inhalten zu erhöhen, Abläufe zu standardisieren und Redundanzen auszuräumen, so dass sich Zeit und damit Kosten sparen lassen.

Im Prinzip ist ein EIP ein firmeneigener Selbstbedienungsladen: Jeder Mitarbeiter greift über dieses Tor mittels Web-Browser auf Inhalte zu. Es ist nicht unbedingt eine Frage der Software, wie weit sich das Tor jeweils öffnet: Unternehmensrichtlinien schreiben Standards vor, Zugriffsrechte beschränken die Sicht auf bestimmte Regale oder Produkte, genannt Content.

Content-Management"Portal-Anwendungen müssen in der Lage sein, die komplette Wertschöpfungskette abzudecken, angefangen beim Content und der Bereitstellung von personalisierten Inhalten über die vollständige Integration in eigene sowie externe Backend-Systeme wie SCM, ERP und CRM bis hin zur exakten Analyse der Online-Aktivitäten von Website-Usern." Mit diesen Worten umreißt Udo Ludolf, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von Vignette, was mit EIP gemeint sein kann.

Fakt ist, dass in den meisten Unternehmen unterschiedlichste Hard- und Software existiert und nicht miteinander kommunizieren kann. Mit einem EIP sollen Schnittstellen diese Hürden eliminieren. Die Oberfläche dient dem Suchen und dem Gefundenwerden. Bei der Abaxx-Software lässt sie sich nach dem Profil des Nutzers, nach seiner Rolle im Unternehmen, nach definierten Regeln oder themenbezogen gestalten.

Michael-Maria Bommer, Sales Director Central Europe bei ATG, unterstreicht: "Für den Erfolg von Portalen wird es entscheidend sein, wie ausgereift die Personalisierung ist. Sie bringt dem Anwender nur dann einen echten Zusatznutzen, wenn sie sich nicht nur an seiner Rolle, sondern auch an seinem Verhalten und dem Status der Interaktion im Verlauf der Zeit ausrichtet."

PersonalisierungJeder wird Arbeiter am System, in dem er seine Informationen an die richtigen Stellen platziert, ohne Programmierkenntnisse, mit einem einzigen Login, über jedes Endgerät. Firmenfernsehen in der Kantine und der interne Versand Tausender gleicher E-Mails haben ausgedient. Die Information gelangt auf den Rechner des Einzelnen oder per SMS auf sein Handy. Möglich ist fast alles. Im Idealfall entstehen durchgängige, transparente Prozesse.

Das zu implementierende System muss vor allem flexibel sein, in Hinblick auf wachsende Inhalte, auf Veränderungen bei Mitarbeitern, Projekten und Teams sowie des gesamten Unternehmens. Eine zweite Grundvoraussetzung sind Schnittstellen zu jedem bereits vorhandenen System - schließlich soll ein EIP die Integrationsplattform schlechthin sein.

Zwar tummeln sich mittlerweile viele Anbieter von Portalsoftware im Markt, doch nur einige von ihnen stellen ihre Produkte auf der Systems vor. Manch einer wird nicht antreten, etwa die IBM Softwaregroup, Oracle, Plumtree oder Sybase, andere kriechen bei Partnern unter. SAP Portals, die im April gegründete Tochter des Walldorfer Softwarehauses, hüllt sich vorerst in Schweigen, will aber im November laut Presseagent Peter Verclas "ein großes Produktlaunch" veranstalten.

Kein Hersteller dürfte sämtliche Funktionen, die ein EIP haben könnte, allein bieten, auch wenn Uwe Brodkorb, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung der kanadischen Hummingbird meint: "Durch die Fusion der Softwareunternehmen Hummingbird und Pcdocs/Fulcrum bieten wir integriert unter einer Oberfläche alle Tools, die man für Portallösungen braucht."

Auf der Systems braucht der EIP-Interessent Zeit, muss er doch sechs Hallen durchstreifen (siehe Tabelle), um nur acht Anbieter anzusteuern.

So zeigt Hummingbird (Halle A2, Stand 103) eine neue Version seiner Portallösung "EIP". Sie enthält nun Collaboration-Funktionen, die laut Hersteller durch die im August erfolgte Übernahme der britischen Peopledoc möglich wurden. Interne oder firmenübergreifende Projekt-Teams sollen damit auf alles, was mit einem Projekt zusammenhängt, geschützt zugreifen können. Ein Protokoll zeichnet alle Aktionen auf, damit die Teammitglieder jederzeit den Fortlauf des Projekts verfolgen können.

Digitale DokumenteDas Hamburger Softwarehaus Gauss Interprise AG (Unteraussteller bei BEA Systems, Halle A3, Stand 137-22) führt den "VIP Portalmanager" vor, ein Bestandteil der Produktfamilie "VIP Enterprise 8". Laut Geschäftsführer Heino Büchner bietet VIP "dem Kunden nicht nur Enterprise-Portal-Lösungen, sondern auch eine nahtlose Integration des VIP Contentmanager für die Verwaltung von Inhalten jedweder Art sowie VIP Docmanager, der Dokumenten-Management-Lösung, die auf Papier basierende Arbeiten in digitale Prozesse und Werte transferiert".

Konkurrent Hyperwave AG aus Dornach bei München (Halle B2, Stand 139/236) macht Knowledge Management zum Messeschwerpunkt und präsentiert das "E-Knowledge Portal 2.0". Dieses Produkt kombiniert der Hersteller mit den neuen Versionen der "E-Knowledge Suite" und der "E-Learning Suite" zu einem Angebot fürs Organisieren, Präsentieren und Erlernen von Wissen.

Das Joint Venture von Sun und Netscape Iplanet (Halle B2, Stand 139/236) zählt zu den Anbietern, die Portalsoftware als Erweiterung des eigenen Applikations-Servers anbieten. Zu dem "Portal Server" ist nun auch das "Mobile Access Pack" erhältlich. Damit sollen auch Anwender mobiler Endgeräte auf Inhalte und Informationen zugreifen können, wobei die Software sowohl WAP als auch I-Mode unterstützt.

Portal und ContentDas Unternehmen Mediapps (Halle B2, Stand 257) aus Paris vertreibt mit "Net Portal" nicht nur Portal-Software, sondern betätigt sich auch als so genannter Contentbroker. Der Hersteller mit Niederlassung in Unterföhring will auf der Messe vorgefertigte Lösungen zeigen, die es Unternehmen ermöglichen sollen, ihre bestehenden Informationssysteme aufzupolieren.

Auf die Kombination von Customer-Relationship-Management (CRM) und Portaltechnik konzerntriert sich die Abaxx AG aus Stuttgart (Unteraussteller bei IBM, Halle B3, Stand 259/485). Auf dem Stand demonstriert der Hersteller mit "Tutorial Portal" eine mit der hauseigenen E-Business-Suite realisierte Lösung, die in Zusammenarbeit mit dem CRM-Spezialisten Siebel und Accenture entstand.

Konkurrent Art Technology Group, Frankfurt, (Unteraussteller bei Coremedia, Halle C1, Stand 330) zeigt die Version 5.5 seiner E-Business-Plattform "Dynamo" sowie die "Enterprise Portal Suite" zur Entwicklung von Kunden-, Partner- und Mitarbeiterportalen. Zu sehen sind zudem Lösungsangebote für Portale, E-Commerce und Online-Relationship-Management, demonstriert an Beispielen aus den Branchen Banken, Handel, Fertigung und Telekommunikation. Die neue Dynamo-Version bietet laut Hersteller erweiterte zeit- und eventgesteuerte Personalisierungs- und Relationship-Management-Modelle.

Die Vignette GmbH aus Hamburg (Halle C1, Stand 336) betrachtet Portalsoftware als Komponente der "Content Suite V6", die im September vorgestellt wurde. Diese Version folgt dem von Geschäftsführer Udo Ludolf ausgemachten Trend "in Richtung auf ´Packaged Internet Applications´, das heißt paketierte, rasch zu implementierende CMS-Lösungen - sowohl horizontal wie für den Bereich von Informationsportalen als auch vertikal wie für den Finanzsektor".

*Gerda von Radetzky ist freie Journalistin in München.

Anbieter von Unternehmensportalen auf der Systems - eine Auswahl

Unternehmen / Systems Halle, Stand / Software lauffähig auf Betriebssystem / Browser / Implementierung / Schulungsaufwand Administrator1) / Schulungsaufwand Endnutzer / Mindest-Anzahl Endnutzer/ Kosten in EUR2)

Abaxx Technology AG, Stuttgart / Unteraussteller bei IBM, Halle B3, 259/485 / IBM AIX, Linux, MS Windows NT/2000, Sun Solaris, Unix-Derivate auf Anfrage / Administrator: MS Internet Explorer, Netscape Navigator, Enduser: beliebig / Partner oder Kunde selbst, Abaxx-Coaches und -Architekten zur Unterstützung der Integrationsteams / Programmierer: 3-4 Tage, Designer: 4 Tage / Keine Schulungen für Enduser / Großunternehmen / ab EUR 300 000, inklusive Bedarfsermittlung und Konzeption

Art Technology Group, Frankfurt / Unteraussteller bei Core Media, Halle C1, 330; Hewlett-Packard, Halle B3, 221/320 / HP UX, IBM AIX, Linux, MS Windows 9.x/NT 2000, Sun Solaris / beliebig / Partner wie Accenture, Cap Gemini, Ernest&Young, IBM Global Services, KPMG, PricewaterhouseCoopers, lokale Unternehmen, ATG Professional Services / projektabhängig / In-House oder in Reading (London), Dauer und Kosten projektabhängig / ab zirka 500 Benutzer / ab EUR 95 000, inklusive Produktworkshop, Pre-Sales-Beratung zur Projektplanung, Methode zur Entwicklung von Szenarien

Gauss Interprise AG, Hamburg / Unteraussteller bei BEA Systems, Halle A3, 137-22; IBM, Halle B3, 259/458 / HP-UX, IBM AIX, Linux, MS Windows NT/2000, OS/400, Sun Solaris / MS Internet Explorer, Netscape Navigator / Gauss Professional Services, Partner oder Kunde selbst / Unterschiedliche Schulungen, auch Individual- Schulungen; typische VIP-Enterprise-8-Portal-Manager-Schulung 3 Tage / In-House oder in Gauss Authorized Education Center/ - / EUR 20 000, inklusive Pre-Sales-Beratung

Hummingbird, München/ Halle A2, 103 / Linux, MS Windows NT/2000, Sun Solaris, div. Unix-Derivate / MS Internet Explorer, Netscape Navigator; mobil: je nach Endgerät / Partner oder Kunde selbst oder beide zusammen / Abhängig von Umfang und Systemen: Administratoren-Schulung 3 Tage, Entwickler-Schulung 3 Tage/ In-House oder in Frankfurt, München, London, Paris / ab zirka 100 Benutzer / ab EUR 100 000, inklusive Grobkonzept der individuellen Portallösung

Hyperwave AG, Dornach / Halle B2, 139/236; Unteraussteller bei DNS, Halle B3, 151 / HP-UX, IBM AIX, Linux, MS Windows NT/2000, Sun Solaris / MS Internet Explorer, Netscape Navigator, weitere Browser nach Anlage der Templates / Hyperwave PSO (Professional Services Organisation) oder Partner / Mit HTML- und Java- Script-Kenntnissen: Keine Hyperwave- Vorkenntnisse: 2 Tage; Hyperwave-Vorkenntnisse: 1 Tag / In-House oder in Hyperwave Academy in Hannover, Frankfurt, München, Wien, Graz / ab zirka 100 Benutzer / ab EUR 50 000, inklusive 10 Tage Consulting

Iplanet E-Commerce Solutions - A Sun/ Netscape Alliance, Hallbergmoos / Unteraussteller bei Danet, Halle B1, 160; Infinigate, Halle C1, 347 / Sun Solaris / MS Internet Explorer, Netscape Navigator / Kunde selbst, Iplanet, Sun Professional Services, Partner / In-House oder in Sun- Schulungszentren, 4 Tage / In-House oder in Sun-Schulungszentren / ab zirka 100 Benutzer / keine Angaben

Mediapps GmbH, Unterföhring / Halle B2, 257 / Linux, MS Windows NT/2000, Sun Solaris / MS Internet Explorer, Netscape Navigator / Mediapps´ Consultants, Partner / In-House oder durch deutsche Trainingspartner, 2-3 Tage / Nicht notwendig, intuitiv erfassbar / ab 100 Benutzer / ab EUR 5000 (100 Nutzer)

Vignette Deutschland GmbH, Hamburg / Halle C1, 336 / IBM AIX, MS Windows NT/2000, Sun Solaris / beliebig / Kunde selbst, Partner, Vignette / In-House oder Vignette- Schulungszentrum Hamburg: Template-Entwickler ca. 10 Tage, Administrator 5 Tage/ In-House oder Vignette-Schulungszentrum Hamburg, 5 Tage / ab 1000 Benutzer / Preis auf Anfrage, abhängig von der Anzahl der benötigten Prozessoren

1) Der Schulungsaufwand ist abhängig von Größe und Struktur des Abnehmers und der Anzahl der einzusetzenden Module. 2) Im Wesentlichen zwei Preismodelle: pro Enduser oder pro eingesetztem Prozessor (CPU)

Abb: Gefragte Funktionen

Die Butler Group befragte im April dieses Jahres 62 internationale Firmen nach den wichtigsten Portal-Funktionen. Quelle: Butler Group