Personalinformationssysteme im Überblick

Neue Anbieter drängen auf den deutschen Markt

05.02.1999
Jede zweite Personalabteilung überlegt gegenwärtig, ihre alten Systeme abzulösen. Gleichzeitig drängen neue Anbieter auf den deutschen Markt. Neben dem US-Marktführer Peoplesoft versuchen die italienische Gruppo Formula und die spanische Meta 4 hier Fuß zu fassen. Jürgen Scholl hat den Markt unter die Lupe genommen.

Die steigende Nachfrage nach Human-Resource-(HR-)Management-Software markiert ein Umdenken in den Personalabteilungen. Wurde Software bislang vor allem zur Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie zur Zeitwirtschaft genutzt, setzen Personalleiter heute auf Lösungen, die die gesamten Personal-Management-Prozesse unterstützen. Sie erhoffen sich davon eine Vereinfachung des administrativen Aufwands, mehr Flexibilität und eine erhebliche Kostenreduzierung.

In Deutschland konkurrieren mittlerweile 19 Anbieter um die Gunst der Unternehmen. Zur Zeit gibt es insgesamt 5500 Installationen in mittelständischen und größeren Betrieben. Viele der Installationen sind allerdings reine Insellösungen. Der Trend aber geht eindeutig zu integrierten Systemen, und viele Personalverantwortliche streben Lösungen an, die eine Steuerung aller Personalprozesse ermöglichen.

Unangefochtener Marktführer ist hierzulande die SAP AG. Allein in Deutschland verzeichnet der Branchenprimus aus Walldorf 1500 Installationen des eigenen R/3-HR-Moduls. Die ärgsten Konkurrenten im internationalen Wettbewerb wie Peoplesoft und Oracle spielen auf dem deutschen Markt bislang nur eine kleine Rolle. Peoplesoft ist bereits seit einigen Jahren in Deutschland aktiv. Sein Personalinformationssystem gilt am Markt zwar als nutzerfreundlich und innovativ, als Haupthindernis für eine stärkere Verbreitung erweist sich jedoch die Personalabrechnung (Payroll). Viele deutsche Unternehmen sind nach wie vor skeptisch gegenüber der Softwareschmiede aus Pleasanton, ob ihre Produkte die komplizierte deutsche Lohn- und Gehaltsabrechnung zuverlässig bewältigen können. Nicht zuletzt trug der Verlust des für Peoplesoft wichtigsten Referenzkunden Siemens zu diesen Vorbehalten bei. Trotzdem sieht Uli Lindner, Geschäftsführer der deutschen Peoplesoft-Niederlassung, sein Unternehmen auf dem richtigen Weg: "Wir positionieren uns klar gegen SAP." Helfen, die nur 80 Installationen in Deutschland zu vervielfachen, soll die neugeschlossene Allianz mit IBM (siehe CW 52/98, Seite 4). Die Kooperation erlaubt es Peoplesoft, das lauffähige Payroll-Modul "HR Access" von IBM in das eigene System zu integrieren und die stets gleiche Forderung der Unternehmen nach einer lauffähigen deutschen Entgeltabrechnung zu erfüllen.

Der Datenbankriese Oracle, weltweit die Nummer drei bei HR-Software, bietet erst seit knapp einem Jahr eine Web-basierte deutsche Version an und sucht nach Pilotkunden. Zielgruppe sind Unternehmen, die Wert auf ein global einsetzbares HR-Modul legen. Mit der gleichen Ausrichtung drängen gegenwärtig mit der spanischen Meta 4 und der italienischen Gruppo Formula zwei weitere ausländische Softwarehäuser, die in ihrem Heimatland eine starke Position haben, auf den deutschen Markt. Meta 4 bietet zur CeBIT ´99 eine Client-Server-basierte Lösung mit Internet- und Intranet-Technologie und stellt für das HR- System "Meta 4 Mind" eine selbstentwickelte deutsche Entgeltabrechnung in Aussicht. Dem Wagnis einer eigenen Payroll für Deutschland geht die Gruppo Formula aus dem Weg und setzte statt dessen auf eine Integration mit gängigen Programmen wie Paisy. Seit einem halben Jahr mit einem Büro in Frankfurt am Main vertreten, sucht Gruppo Formula auch noch nach einem Pilotkunden für das System mit dem vielversprechenden Namen "Cezanne People".

Die Nummer zwei, gemessen an der Zahl der Installationen, ist auf dem hiesigen Markt die H.R. Management Software GmbH, die allerdings als Spezialist für den Personalbereich keine integrierte Gesamtlösung anbieten kann. Nach der Fusion mit dem amerikanischen HR-Spezialisten Best setzt das Unternehmen auf eine einheitliche Lösung, die in kleinen Betrieben mit 100 Mitarbeitern ebenso wie in Konzernen mit 50000 Beschäftigten einsetzbar ist. "Best HR läuft sowohl als ganz normale PC-Lösung auf Windows 95 als auch in einer sehr komplexen Client-Server-Architektur", verspricht Geschäftsführer Andreas Hoynigg. Im Gegensatz zur SAP, die sich im Mittelstand erst etablieren muß, hat H.R. Software sich frühzeitig auf alle Unternehmensgrößen eingestellt. Zur CeBIT´99 soll die neueste, ausschließlich auf Internet-Technologie basierende HR-Software-Generation vorgestellt werden.

Bei den Kosten zeigen sich krasse Unterschiede

Dem Markt der mittelständischen Betriebe haben sich auch kleinere Softwarehäuser zugewandt. Als Spezialanbieter verstehen sie sich nicht als Global Player für integrierte Lösungen. Firmen wie ISB, Perbit oder ADP sehen ihre Vorteile in ihren kundenorientierten Lösungen, überschaubaren Installationszeiten und auf den Mittelstand zugeschnittenen Kosten.

Eine Analyse des Aufwands zur Einführung eines Personalinformationssystems für eine Musterfirma mit 1000 Mitarbeitern ergibt deutliche Unterschiede. SAP beispielsweise rechnet mit einem Einführungspreis von 90000 Mark und H.R.Management Software mit 40000 bis 50000 Mark. Auskunftsfreudig waren allerdings nicht alle Anbieter. Peoplesoft wollte keinen Betrag nennen.

Zum Leistungsangebot eines modernen Personalinformationssystems zählen unter anderem die Stammdaten-, Bewerber-, Seminar- und Stellenverwaltung sowie Module zur Kosten- und Karriereplanung. Darüber hinaus ist eine Anbindung an das Internet heute Standard. Die meisten Programme erfüllen diese Funktionen. Überraschende Ergebnisse zeigt allerdings die Nachfrage nach den notwendigen Schulungstagen pro Anwender. Während der Großteil der Anbieter etwa eine Woche zur Schulung empfiehlt, weichen die Angaben der Konkurrenten SAP und Peoplesoft deutlich voneinander ab. Peoplesoft gibt an, daß es zur Einarbeitung in sein HR-System einer 16tägigen Schulung bedarf. SAP beziffert den Schulungsaufwand für ihr vergleichbar umfassendes System mit einem einzigen Tag. Geht man von Durchschnittswerten aus, so dürften solche eklatanten Unterschiede weniger mit kinderleichten Anwendungen, sondern vielmehr mit zweifelhaften Empfehlungen der Anbieter, im genannten Fall SAP, zu erklären sein.

Hintergrund

Eine ausführliche Marktübersicht über die Personal-Management-Systeme erscheint in der Zeitschrift "Personalwirtschaft Special´99", die für 25 Mark beim Hermann Luchterhand Verlag, Fax 06192 /408-244, erhältlich ist.

Jürgen Scholl arbeitet als Autor in Kriftel bei Frankfurt amMain.