Moderne Standortvernetzung

22.04.2004
Von Petra Riedel

Wichtiges Merkmal aus Unternehmenssicht sind die Serviceklassen, die mit MPLS möglich sind. Die Priorisierung der Daten erfolgt derzeit bei den meisten Carriern in drei, bei manchen auch in vier Stufen. Die Spitzenklasse ist für Sprache und Video vorgesehen. In der mittleren Klasse werden Workflow-sensible Daten etwa aus ERP-Systemen mit höchster Genauigkeit übertragen. Sonstige Web-Dienste wie etwa E-Mails bedient MPLS nach dem Best-Effort-Prinzip immer dann, wenn Kapazität im Netz frei ist.

Sind die Servicestufen für echtzeitsensible Anwendungen nicht voll ausgelastet, nutzen vorübergehend andere Applikationen deren Bandbreiten - aber eben nur, bis die vorrangigen Anwendungen die für sie reservierten Kapazitäten wieder benötigen. "Unternehmen brauchen so keine Sicherheitsreserve für eventuelle Engpässe vorzuhalten, was auf Dauer deutlich Kosten spart", erklärt T-Systems-Spezialist Geldmacher das Effizienzpotenzial von MPLS.

Dabei sind für jede Verkehrsklasse messbare Maximalwerte für Laufzeiten, Verfügbarkeiten, Laufzeitschwankungen (Jitter) und Paketverlust festgelegt. "Die eingesetzten Quality-of-Service-Mechanismen bei MPLS reichen für Sprach- und Videoanwendungen absolut aus. Speziell in der Voice-Klasse sind die vertraglich zugesicherten Laufzeiten und Jitter so gering, dass es zu keiner Beeinflussung kommt" - damit will Schneider Anwender beruhigen, die beim Einsatz von Voice over IP (VoIP) mangelhafte Sprachqualität befürchten. Bestehen im Rahmen von echten Breitbandanwendungen jedoch erhöhte Anforderungen an die Dienstgüte wie bei Fernsehanstalten oder Rundfunkstationen, stellt ATM nach wie vor die leistungsstärkeren Mechanismen zur Verfügung.

Ein scheinbares Manko von MPLS ist, dass es derzeit keinen Mechanismus zur Verschlüsselung gibt. Der Datenverkehr wird in MPLS-Netzen jedoch ähnlich getrennt wie in ATM- oder Frame-Relay-Networks. Deshalb, so Schneider, ist auch die Sicherheit von MPLS-Netzen direkt mit denen auf Frame-Relay- und ATM-Basis vergleichbar. In einer privaten Infrastruktur ist es mit MPLS nicht nötig zu verschlüsseln, es sei denn, es ist absolute Vertraulichkeit auch gegenüber dem Carrier gewünscht, wie zum Beispiel häufig bei Finanzdienstleistern.

Anders sieht es auf dem Weg zum Backbone aus, wie Uwe Blöcher, Produkt-Manager Sichere VPNs bei Siemens Business Services, meint: "Die letzte Meile stellt eine Angriffsfläche dar." Sollte ein Kunde hohe Sicherheitsanforderungen haben, kann jedoch eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung implementiert werden, beispielsweise mittels IPsec oder SSL. Auch eine Verschlüsselung nur bis zum Backbone ist möglich, kostet allerdings zusätzlich. "Man sollte die Investition als eine Art Versicherung sehen", rät Blöcher.

Die Höhe der möglichen Kostenersparnis mit MPLS hängt von der Unternehmensstruktur, also der Anzahl der Standorte und Außendienstmitarbeiter, sowie der Kommunikationsstruktur ab. Es stellt sich die Frage, ob eine Vollvermaschung notwendig ist oder ob eine Teilvermaschung oder eine Sterntopologie ausreicht. Außerdem hängt die Rentabilität von den genutzten Diensten und eingesetzten Anwendungen sowie den daraus resultierenden Anforderungen an die Dienstgüte und Sicherheit ab.