Microsoft muss Netscape-Browser wieder ernst nehmen

31.10.2001
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

Weniger Abweichungen bei DHTML: Selbst die exakte Umsetzung der ECMA-Spezifikation für Javascript durch alle Anbieter würde derzeit nicht verhindern, dass Browser-übergreifende Scripts scheitern, sobald sie auf bestimmte Dokumentabschnitte zugreifen wollen. Dies liegt daran, dass die Hersteller bis dato dafür proprietäre Varianten eines DOM verwendeten. Die DOM1-Befähigung der gängigsten Browser stellt in Aussicht, dass bestimmte Formen von dynamischem HTML (DHTML) herstellerübergreifend funktionieren. Dies gilt für Verfahren, bei denen abhängig von Benutzeraktivitäten nachträglich Dokumentabschnitte eingefügt oder gelöscht werden. Dies kann in vielen Fällen das Neuladen der kompletten Seite vom Server ersparen, aktualisiert werden dann beispielsweise nur bestimmte Zellen einer Tabelle, die Werte aus einer Datenbank empfängt. Wenn es

allerdings nur um das Ein- und Ausblenden bereits heruntergeladener Inhalte geht, dann wäre dafür CSS2 das Mittel der Wahl. Diese bereits im Mai 1998 vom W3C verabschiedete Empfehlung harrt allerdings noch einer vollständigen Umsetzung durch die Browser-Anbieter.

XML-Dateien am Frontend Neben diesen beiden Standards, die nun endlich positive Wirkungen in der täglichen Web-Nutzung entfalten können, berücksichtigen IE, Navigator und Opera Technologien, die bisher auf dem Client noch keine große Rolle spielten. Dazu zählt allen voran die Extensible Markup Language (XML), die ansonsten in der Softwareindustrie einen regelrechten Hype erlebt. XML-Dokumente finden sich fast ausschließlich auf dem Server, beispielsweise in Content-Management-Systemen. Für die Darstellung auf dem Client war bisher eine Konvertierung in HTML oder Adobes PDF (mit Tools wie "FOP" von Apache) unumgänglich.

Nachdem XML selbst keine Angaben zur Darstellung der Inhalte macht, müssen Frontends sowohl die XML-Struktur interpretieren als auch Layout-Informationen aus Stylesheets verarbeiten können. Mit der neuen Browser-Generation bietet sich nun herstellerübergreifend die Möglichkeit, CSS1-formatierte XML-Dateien an den Client zu schicken.

Der Internet Explorer bot zwar seit der Version 5.0 eine XML-Unterstützung, war bis dato aber nicht vollständig CSS1-konform. Netscapes "Communicator 4.x" konnte mit XML-Dateien gar nichts anfangen, nur Opera implementiert seit einiger Zeit beide Standards vollständig.

XSLT-Unterstützung Einen weiteren Meilenstein in der Browser-Entwicklung repräsentiert die Unterstützung von XSL Transformations (XSLT) durch beide große Anbieter. Microsoft konnte XSLT-Funktionalität schon mit dem IE 5 vorweisen, nur entsprach sie bisher leider nicht dem Standard. Ein W3C-konformer XSLT-Prozessor konnte zwar über "msxml 3" nachgerüstet werden, gehörte aber nicht zum Lieferumfang des IE 5.5. Dies soll sich nun in der neuen Version ändern, und Netscape beherrscht durch die Integration von Mozillas "Trasformiix"-Engine dieses Feature ebenfalls. Damit eröffnet sich zukünftig die Möglichkeit, XML-Dokumente erst am Client in HTML oder alternative XML-Strukturen umzuwandeln. Dieser Prozess erweist sich gerade bei größeren Dateien als speicher- sowie rechenintensiv und könnte deshalb Web- oder Applikations-Server spürbar entlasten.

Es bleibt noch viel Arbeit Auch wenn die aktuellen Web-Clients mit der schon lange überfälligen Umsetzung einiger Standards einen wichtigen Schritt nach vorne machen, bleiben den Herstellern noch genügend Aufgaben für die nächsten Versionen. Dazu zählen nicht nur Implementierung weiterer, teilweise schon vor längerer Zeit verabschiedeter W3C-Empfehlungen wie DOM2, CSS2, XHTML 1.1 oder XML-Co-Standards wie Xlink und XML Schema. Eine weitere Herausforderung besteht vor allem in Diensten, die auf der Verarbeitung von umfangreicher Metadaten beruhen. Das W3C fasste eine Reihe solcher Features in der Initiative "Semantic Web" zusammen. Eine zentrale Rolle für die Formulierung solcher Informationen, die Dokumente und Web-Dienste beschreiben, spielt das Resource Description Framework (RDF). Netscape/Mozilla macht immerhin schon heute umfangreichen Gebrauch von dieser Technik (siehe dazu www.mozilla.org/rdf/doc),