Neugestaltete Logistik

Lydia weiß alles!

28.10.2005
Von Lars Reppesgaard

Abwicklung ohne Medienbruch

Die Kommissionierung in den Lagern erfolgte aber lange Zeit losgelöst vom R/3-System per Hand auf der Grundlage ausgedruckter Kommissionierlisten. Alle bestellten Werkzeuge mussten einzeln gewogen, verpackt und kontrolliert werden. Ein wenig optimales Verfahren, denn laut Studie des Lehrstuhls für Fertigungsvorbereitung der Universität Dortmund sind beim Kommissionieren auf Basis schriftlicher Unterlagen im Schnitt vier von tausend Vorgängen fehlerhaft.

Hazet bietet seinen Kunden rund 5000 unterschiedliche Produkte an.
Hazet bietet seinen Kunden rund 5000 unterschiedliche Produkte an.

Zwar wurden jeden Monat auf diese Weise 164 000 Kilogramm Ware umgeschlagen. Doch es lag nahe, diese händischen Abläufe mit Technikunterstützung umzugestalten. So führte Dyhr im Herbst 2004 zusammen mit der Logistik-Unternehmensberatung Vialog einige Neuerungen ein: ein Transportbandsystem etwa, ferner Kommissionierfahrzeuge, die mit PC, Drucker und Barcodescanner bestückt durch die Regalschluchten rollen. Die Versandaufträge werden auf dem Bildschirm angezeigt, die entnommenen Waren über die Scanner eingelesen. Diese Daten werden per WLAN an das R/3-System übertragen - ein wichtiger Schritt in Richtung des Zieles papierlose Kommissionierung, das sich Dyhr gesetzt hat. "Wenn der Lieferschein aus der Datenverarbeitung auf einem Bildschirm im Lager auftaucht, soll der Vorgang bis zum Ende ohne Medienbruch abgewickelt werden", sagt er. Erst beim Ausdruck des Versandlabels aus dem SAP-System und der im Paket liegenden Versandliste fällt Papier an.

Der Anteil der über das Zentrallager verschickten Waren stieg schnell, bald wurden zwei Drittel der Waren von Heinsberg aus geliefert. Doch mit zunehmendem Warenverkehr taten sich neue Probleme auf. "Es zeigte sich, dass wir durch die Übernahme der Vertriebsverantwortung in Heinsberg nicht nur große, sondern auch viele kleine Lieferungen abzuwickeln hatten", erinnert sich Dhyr. So gibt es Unternehmen, für die Hazet pro Tag 200 Einzelsendungen zusammenstellen muss. "Wir bekommen die Bestelldaten um 9.00 Uhr und sind vertraglich verpflichtet, die Pakete bis 13.30 Uhr auf die Reise zu schicken", erklärt der IT-Leiter.

Das Projekt

Projektart: Pick by Voice

Zeitrahmen: Juli 2004 bis Oktober 2004, Programmierung, Einrichtung, Tests bis Echtlauf

Stand heute: läuft produktiv mit vier Kommissioniererinnen

Aufwand: Investitionen in Höhe von ca. 30000 Euro, drei Mitarbeiter

Produkte: SAP 4.6c, Sprachsoftware von Top System Systemhaus, topSPEECH-Lydia

Dienstleister: Pick by Voice: Top System Systemhaus, Würselen

ABAP-Programmierung: Flexus, Würzburg, und Hazet

Ergebnis: Es werden bis zu 300 Sendungen mit zwei Mitarbeiterinnen in der Zeit von zirka 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr zusammengestellt. Dabei werden rund 3000 Artikel (von etwa 5000) auf einer Fläche von 100 qm angesprochen, in Sichtkästen und Regalen nach Umschlagshäufigkeit liegend.

Größte Herausforderung: SAP und topSPEECH-Lydia sind ohne Middleware über SAP-/Web-Console verbunden.

Nächster Schritt: Anzahl Mitarbeiter und Artikelanzahl erhöhen, um die Leistung weiter zu verbessern.

Derartig komplexe Kleinaufträge sorgten dafür, dass sich die Auslieferungen stauten: Um sie abzuarbeiten, mussten die Mitarbeiter immer wieder kreuz und quer durch die Gänge der Regallager laufen, um die Waren zusammenzutragen. So blockierten sie immer wieder die Kollegen mit den Kommisionierfahrzeugen auf ihren Touren, die erhofften Effizienzgewinne schienen fraglich. Aus diesem Grund begann sich Dyhr nach Lösungen umzusehen, mit deren Hilfe die kleinen Bestellungen ebenfalls effizienter abgearbeitet werden könnten. "Dabei stießen wir auch auf Pick by Voice", erinnert er sich. Doch zunächst hatte man bei Hazet Bedenken, ob die empfindliche Technologie auch für den Kommissionierungsalltag taugt. "Im Büro funktionieren alle Sprachsysteme, aber im Lager oder in Produktionsumgebungen sieht es anders aus", weiß auch Dietmar Bothe, Marketingleiter des Sprachtechnologieanbieters Top System in Würselen bei Aachen.

Störgeräusche werden ignoriert

Außerdem sollte sich die Lösung für die Kleinbestellungen nahtlos in die bestehende R/3-Landschaft einbinden lassen. "Die meisten Sprachsoftwareanbieter konnten das nicht. Sie brachten Middleware oder proprietäre, eigene Lösungen ins Spiel - was bedeutete, dass wir von externen Fachleuten abhängig wären", moniert Dyhr.