Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. Juli dieses Jahres sei klar, dass auf IT-Projektverträge grundsätzlich das Kaufrecht anzuwenden sei - so zumindest der Beitrag von Rechtsanwalt Martin Schweinoch auf COMPUTERWOCHE.de. Diese Auffassung kann nicht unwidersprochen bleiben - jedenfalls nicht in dieser Pauschalität, also wenn sie alle Arten von IT-Projekten einschließen soll.
Ein Bauwerk ist kein IT-System
Zunächst ist anzumerken, dass die zitierte BGH-Entscheidung einen Fall im Baubereich betraf, also kein IT-Projekt. Es fehlt in diesem Urteil auch jeder Bezug auf Vorhaben im IT-Bereich.
Zwischen einem Bau- und einem IT-Projekt gibt es jedoch große Unterschiede, die durchaus Bedeutung für die Vertragsgestaltung haben: So bestehen bei einem Bauwerk keine essentiellen Abhängigkeiten zwischen den Geschäftsprozessen des jeweiligen Unternehmens und dem fachlichen sowie technischen Design; das triff auf eine IT-basierende Anwendung aber durchaus zu. Die Zusammenhänge zwischen Architektur und "Funktionalität" sind im Bauwesen grundlegend anders als in IKT-Systemen. Auch Vorgehensweisen, Methoden, Projekt-Management und Erfolgskriterien im Bauwesen lassen sich in weiten Teilen nicht mit denen der IKT-Industrie vergleichen. Die Unterschiede zwischen IT- und Bauprojekten zeigen sich im Übrigen besonders deutlich bei den Mängelarten.
Web-Dienste sind ein Fall für sich
Weiterhin darf nicht außer Acht gelassen werden, dass IT-Projekte zunehmend alle Arten von Web-Dienstleistungen einbeziehen, beispielsweise Service on Demand, Access-Providing und Application-Service-Providing. Die hierzu ergangene Rechtsprechung des BGH vom 23. März 2005 und 15. November 2006 legt teilweise das Dienstvertragsrecht und das Mietrecht zugrunde, merkt aber an, dass für weitere Leistungen - darunter Programm-Updates und Programmpflege - auch das Werkvertragsrecht in Betracht kommen könne. Im Fall der Online- beziehungsweise Internet-Anwendungen hat die Bedeutung von dienstvertraglichen Leistungen sogar stetig zugenommen.