JPEG 2000 soll neuer Web-Standard werden

30.11.2001
Von Heico Neumeyer

Ein Rechenbeispiel: Ein Bild, das 10 mal 15 Zentimeter groß im Druck erscheinen soll, umfasst bei 300 dpi Auflösung 1773 mal 1182 Bildpunkte. Ähnliche Werte produzieren auch viele Digitalkameras. Im RGB-Farbmodus (Rot, Grün, Blau) bei 24 Bit Farbtiefe entsteht eine Datei von rund 6,29 MB. Mit Tiff-LZW lässt sich dieser Wert typischerweise um 25 Prozent senken, also auf rund 4,72 MB. Besser komprimiert jedoch JPEG 2000 in der verlustfreien Variante, nämlich um 50 Prozent auf etwa 3,14 Megabyte. Diesen Wert erreichen nicht einmal Packprogramme wie "Winzip". JPEG 2000 bringt noch viele weitere Vorteile. Die Aufteilung eines Bildes in verschiedene Auflösungsvarianten erlaubt es, je nach Größe eines Browser-Fensters, Monitors oder Handy-Displays nur die tatsächlich erforderliche Version zu übertragen. Fordert der Betrachter eine präzisere Darstellung an, geht nicht ein völlig neues Bild übers Netz; stattdessen werden kapazitätsschonend

nur die bereits vorhandenen Daten mit weiteren Details angereichert.

Auflösung nach Bedarf

Der Zugriff auf Bildvarianten unterschiedlicher Qualität bietet viele neue Möglichkeiten beim Web-Design. So brauchen Internet-Händler nur noch ein einziges Bild eines Produkts zu veröffentlichen. Auf den Übersichtsseiten erscheint es dann automatisch kleiner als in der separaten Einzelproduktvorstellung. Eine weiterere Einsatzmöglichkeit dieses Features: Im Intranet kann eine Abbildung hochaufgelöst erscheinen, bei Zugriff über eine Telefonleitung von außen wird sie in einer weniger detailreichen Variante übertragen. Bildbearbeiter in der Druckvorstufe haben die Option, zeitsparend nur die Miniaturausgabe einer 100-MB-Datei zu laden. Anschließend wenden sie die Korrekturen an und rechnen das Ergebnis auf die Feindaten um.

JPEG-2000-Dateien wandern bei Online-Übertragung nicht Zeile für Zeile auf den Monitor. Stattdessen erscheinen sie auf dem Bildschirm sofort als kompletter, zunächst unscharfer Rechteckumriss - dies ist auch beim bisherigen JPEG-Dateiformat möglich. Bereits wenn ein Zehntel der Gesamtdaten übertragen ist, kann der Betrachter so den Bildinhalt ahnen. Dank eingebauter Korrekturfunktionen wird zudem selbst eine fehlerhaft übertragene JPEG-2000-Datei noch im vollen Umfang dargestellt - ein Feature, auf das vor allem die beteiligten Mobilfunkfirmen achteten. Nicht zuletzt nimmt JPEG 2000 Textdaten auf, etwa Copyright-Vermerke, Informationen zum Bild oder auch technische Aufnahmedaten der verwendeten Digitalkamera. Die gängigen eingebetteten Bildhinweise aus der Pressefotografie des International Press Telecommunications Council (IPTC) werden in der Startphase jedoch nicht unterstützt.

JPEG 2000 erlaubt zunächst nur den üblichen RGB-Farbmodus mit 24 Bit Farbtiefe. Für Internet, Digitalkameras und viele semiprofessionelle Anwendungen reicht das. Später ermöglicht das Format bis zu 256 Farbkanäle, so dass beispielsweise zu den RGB-Daten gleichzeitig die Auszüge für CMYK-Druckfarben (Cyan, Magenta, Yellow, Black) und Alphakanäle mit Auswahlinformationen gespeichert werden. Dann verarbeitet JPEG 2000 auch die vom International Color Consortium (ICC) standardisierten Informationsprofile zur Farbabstimmung mit verschiedenen Monitoren, Druckern und Belichtern. Eine weitere JPEG-2000-Variante nimmt auch Filme auf.