Es wird wieder investiert

IT-Trends: Worauf Hersteller 2004 setzen

09.01.2004
Finanzexperten erwarteten vor dem Jahreswechsel eine Konjunkturbelebung. Dies gilt auch für den vom Sparkurs geprägten IT-Bereich, wo drei Jahre alte Systeme dringend modernisiert oder ersetzt werden müssen.

Trotz gekappter IT-Budgets: Wo Anwender einen klaren Nutzen von IT für ihre Kerngeschäfte erkennen, wird wieder investiert. Ein Beispiel sind Anwendungen im Bereich Business Intelligence, von denen gefordert wird, dass sie nicht länger den Analysespezialisten vorbehalten bleiben, sondern auch den Business User erreichen sollen. Hierzu müssen Produkte Funktionen für das Massenberichtswesen, Workflows und benutzerfreundliche sowie anpassbare Oberflächen (Dashboard, Browser und Portal) bereitstellen. Führende Hersteller haben 2003 versucht, sich durch Zukäufe oder Neuentwicklungen auf die wachsende Anwenderschaft vorzubereiten, und müssen 2004 unter Beweis stellen, dass sie diesem Anspruch gerecht werden.

Auch Customer-Relationship-Management (CRM) rückt wieder in den Anwenderfokus, seit sich die Hersteller schnell implementierbare Lösungen und eine stärkere Branchenorientierung auf die Fahnen geschrieben haben. Grundsätzlich muss noch mehr als bisher die individuelle Kundenpflege und -ansprache in den Mittelpunkt gerückt werden. Besonders gespannt darf man sein, wie sich Microsofts Einstieg in den CRM-Markt entwickeln wird. Hier könnten die Anbieter von Mittelstandslösungen arg in Bedrängnis geraten.

Relativ ruhig geht es dagegen im ERP-Segment zu. Viele Unternehmen wechseln auf neue Versionen, ohne jedoch im großen Stil in Software zu investieren. So sind beispielsweise zahlreiche SAP-Kunden gezwungen, ihre Applikationen mindestens auf den Release-Stand von 4.6C zu bringen, besser noch auf R/3 Enterprise umzusteigen. Eine verstärkte Nachfrage wird es vor allem nach Zusatzmodulen geben, etwa für das elektronische Bestellwesen, eine möglichst realitätsnahe Fertigungsplanung (Advanced Planning and Scheduling) sowie für Logistik.

Java-Entwicklung wird komfortabler

Die Anwendungsentwicklung wird 2004 im Zeichen der "Vereinfachung" stehen. Durch die Übernahme von Rational durch IBM und Togethersoft durch Borland hat sich das Java-Lager einen Vorsprung gegenüber Microsoft verschafft, indem es marktführende Modellierungswerkzeuge in die Entwicklungsumgebungen integriert. Hier ist Microsoft gezwungen, zügig nachzuziehen.

Seitens der Infrastruktur kommt es zu einer massiven Entwertung der kommerziellen Produkte durch Entwicklungen der Open-Sorce-Konkurrenz. Dieser Prozess hat mit Linux begonnen und erstreckt sich nun auf einen großen Teil der Middleware, aber auch auf Datenbanken und Content-Management. Beispiele sind diverse J2EE-Server wie Jboss und Apache Geronimo sowie MySQL und Cocoon. Sie zwingen Anbieter wie IBM, Bea, Sun und Microsoft zur Entwicklung von Mehrwert in Form von hochintegrierten Systeme.

Microsoft etwa versucht diesen Ansatz durch die enge Verflechtung von Windows und dem hauseigenen Server-Portfolio. Analysten prophezeien den Redmondern mit dieser Strategie einen gewissen Erfolg, Windows Server 2003 soll weitere Marktanteile gewinnen. Allerdings verhindert Linux einen Durchmarsch Microsofts im Midrange-Segment. Im Desktop-Bereich haben Linux und freie Office-Produkte zwar die notwendige Reife gewonnen, werden sich gegen die dominierende Marktposition von Microsoft vorerst aber nicht durchsetzen können.

Speicherhersteller entdecken Content

Eine besondere Bedeutung kommt angesichts des extrem ansteigenden Datenaufkommens dem Speichermarkt zu. Hardwareseitig ist hier von einer weiteren Verbreitung von iSCSI als Protokoll für kostengünstige Speichernetze (SANs) auszugehen. Außerdem kommen die ersten "intelligenten" Speicher-Switches und -Directors auf den Markt. Sie enthalten auf Einschubkarten diverse Dienstprogramme etwa für Backup.

Im Bereich Speichersoftware wurde 2003 der Begriff "Information Lifecycle Management" (ILM) eingeführt. In diesem Jahr muss sich zeigen, was die Hersteller konkret dazu bieten. Es geht im Wesentlichen um die Kombination von Speicher- und Content-Verwaltungstechniken. Ein Beispiel dafür war die Übernahme von Documentum durch EMC im vergangenen Jahr.

Ein für Speicher und Server gleichermaßen geltendes Thema ist die Bereitstellung von IT-Ressourcen nach Bedarf - 2003 unter den Begriffen "On Demand" und "Utility Computing" hochgekocht. Hier versammeln sich Techniken wie Cluster, Virtualisierung, Grid Computing und Ressourcen-Management. Protagonisten dieser neuen IT-Infrastruktur sind unter anderem IBM, HP, Sun, Oracle, Veritas und CA.

Im Server-Umfeld selbst zeichnet sich ein weiterer Systemaustausch zu Lasten der Risc-Architekturen ab. Gewinner sind Intel-kompatible Server im Allgemeinen und ultrakompakte Blade-Server auf x86-Basis im Besonderen. Sun hat sich sowohl hinsichtlich der Hardwarearchitektur als auch in Sachen Betriebssystem immer noch nicht konsequent positioniert und wird weiter an Boden verlieren.

64-Bit-x86-Systeme werden deutlich stärkere Verbreitung finden als bisher, denn die Portierung von 64-Bit-Unix-Anwendungen auf Linux ist in vielen Fällen recht einfach. In diesem Markt hat zunächst AMD die Nase vorn, auf dessen "Opteron"-Prozessor auch 32-Bit-Anwendungen laufen können, was Anwendern eine schrittweise Migration auf 64-Bit ermöglicht. Intels "Itanium"-Architektur dürfte allerdings bald aufholen. Dennoch werden Server mit Intels 32-Bit-CPU "Xeon" vorerst weiterhin das Feld beherrschen.

Am Arbeitsplatz zeichnet sich ein Trend zu Thin-Client-Architekturen ab. Dieses Marktsegment wächst weiter in zweistelliger Größenordnung. Hier wird auch Microsoft weitere Erfolge mit dem neuen Windows Terminal Server verbuchen können, der nun eine hinreichende Qualität hat, um Konkurrenzprodukten etwa von Citrix und Tarantella das Wasser abzugraben.

Als Alternative zu Desktops wird auch die Verbreitung von Notebooks zumindest dort zunehmen, wo Arbeitsfläche knapp oder Mobile Computing von Vorteil ist. Im Zusammenhang mit Mobility wird 2004 das Thema WLAN die Gemüter erhitzen: Während die einen diese Technologie unter Sicherheitsaspekten verteufeln, loben andere den Produktivitätszuwachs aufgrund der gestiegenen Mobilität, zumal neue Funkstandards mehr Sicherheit versprechen, sowie den Einstieg in die Telefonie über Funk-LANs. Während die Unternehmen noch über den internen WLAN-Einsatz diskutieren, gewinnen die Funknetze als öffentliche Hotspots immer mehr an Bedeutung. Allein T-Mobile will die Hotspot-Zahl auf 4000 erhöhen und bis Ende 2005 gar 10000 Zugangsknoten errichten.

Ein ebenfalls wichtiges Thema für Netzadministratoren ist 2004 die Effizienz von LANs und WANs. Neue Einsatzszenarien wie VoIP fordern ihren Tribut und verlangen nach performanten und ausfallsicheren Netzen. Mehr Geschwindigkeit offerieren dabei Gigabit Ethernet, verbesserte Switching-Architekturen sowie Multiprotocol Label Switching in den Fernverkehrsnetzen. Zur Erhöhung der Ausfallsicherheit trägt Power over Ethernet bei, das die Stromversorgung der aktiven Komponenten ins Netz integriert.

Stefan UeberhorstProdukte & Technologien