Initiative von Branchenverbänden, Gewerkschaften und Bildungsministerium

IT-Kurssystem für Seiteneinsteiger

28.03.2002
Von Hille Osterried

Für Herbert Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik, schließt das neue Weiterbildungssystem die offene Lücke zwischen Berufsausbildung und Studium. Allein die Tatsache, dass die Abbrecherquote bei Informatikstudiengängen fast 50 Prozent beträgt, zeige die Notwendigkeit von standardisierten Abschlüssen für Spezialisten, die ohne Examen in die IT-Berufe drängen. "Gerade in wirtschaftlichen Flautezeiten sind standardisierte Zertifizierungen wichtig", bemerkt Michael Ehrke, Bildungsexperte beim Vorstand der IG-Metall. Ohne diese Abschlüsse laufe man Gefahr, bei einem Arbeitgeberwechsel wieder ganz von vorne anfangen zu müssen.

Die Neuordnung sieht bundesweit einheitliche Berufsprofile auf drei Ebenen vor. Zunächst kann die Position des "Spezialisten" erreicht werden. Dazu können sich Absolventen von Ausbildungsberufen wie IT-Systemelektroniker, Fachinformatiker, Systemkaufmann oder Informatikkaufmann weiterbilden. Praktiker ohne formale Ausbildung haben ebenfalls die Chance, die Spezialistenebene zu erreichen. (siehe Abbildung "Struktur des IT-Weiterbildungssystems").

Auf 29 IT-Profile für Spezialisten haben sich das BMBF sowie IT-Verbände und Gewerkschaften geeinigt. Sie sind in sechs Funktionsgruppen aufgeteilt: Software- und Lösungsentwickler, Entwicklungsbetreuer, Techniker, Administratoren sowie Produkt- beziehungsweise Kundenbetreuer. Zusammen mit den Initiatoren erarbeitet das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik bundeseinheitliche Qualifikationsprofile zu den einzelnen Berufsbildern. Diese Standardisierung könnte die unübersichtliche IT-Berufswelt etwas vereinfachen - und zwar aus Sicht sowohl der Personaler als auch der IT-Spezialisten.

Bundesweit einheitliche Regelungen

Auf der zweiten Stufe, die der Position im mittleren Management beziehungsweise dem Bachelor-Abschluss entsprechen soll, finden sich die operativen Professionals, die in die Untergruppen IT-Engineer, -Manager, -Consultant und -Commercial Manager aufgeteilt sind. Bundesweit einheitliche Abschlüsse Mit dem Master-Level vergleichbar ist die Ebene der strategischen Professionals. Der IT-System-Engineer hat dabei eine technische, der IT-Business-Engineer eine eher unternehmensstrategische Ausrichtung.

Die Initiatoren wollen erreichen, dass die Zertifizierungen längerfristig auch von den Fachhochschulen und Universitäten anerkannt werden. Würde sich ein operativer Professional entscheiden, ein Informatikstudium anzufangen, würde ihm die berufliche Praxis anerkannt und er könnte in einem höheren Semester einsteigen. Die ersten Schritte für die Etablierung des Weiterbildungssystems sind schon getan. So haben sich die beteiligten Institutionen darauf geeinigt, dass die Weiterbildungsabschlüsse für die operativen und strategischen Professionals als bundeseinheitliche Rechtsverordung staatlich geregelt werden.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag bereitet den Aufbau von Prüfungsausschüssen vor, die die Zertifzierungen abnehmen sollen. Auch ein Entwurf für die "Verordnung über die berufliche Fortbildung im Bereich der Informations- und Telekommunikationtechnik", in der Prüfungsinhalte für die strategischen und operativen Professionals festgelegt sind, existiert schon. Zudem sind die sechs Funktionsgruppen der insgesamt 29 Spezialistenprofile fertig konzipiert.