IT ist kein reiner Kostenfaktor

04.03.2002
Von 
Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.

Die RoI-Berechung ist deshalb aber nicht sinnlos - nur häufig sehr kompliziert. Sie erfordert einen erheblichen Aufwand und ob sich dieser lohnt, hängt wiederum von dem Projekt ab. "Gerade bei operativen Notwendigkeiten wie der Bereitstellung von Bandbreite für das Firmennetz ist die Ermittlung eher unnütz", sagt Janßen, "hier muss einfach investiert werden." Gleiches gilt für kleinere Projekte, bei denen die Bemühungen nicht mehr im Verhältnis zum Investitionsvolumen stehen. "Das ist wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen", erläutert Meta-Group-Analyst Peichert. "Bei der Umstellung von Windows 95 auf Windows 98 oder 2000 ist der Bedarf klar, in so einem Fall sollte man es sich gründlich überlegen ob man sich eine RoI-Berechnung antut." Dies gilt jedoch nicht für umfassendere Projekte, bei denen es um Millionensummen geht. "Da sollten einem die Kosten für die Berechnung schon wichtig sein", rät Peichert.

Jeremy Grigg, Research Director bei Gartner, schlägt beispielsweise für den Bereich IT-Services die Unterscheidung dreier Ebenen vor. Die ersten sind die IT-Utility-Services, wie Helpdesk und Wartung: Ihr Anteil am Gesamtvolumen der Serviceausgaben beläuft sich auf 60 bis 70 Prozent. Die Dienstleistungen basieren auf bekannten Techniken, der Anspruch an die Kompetenz der Mitarbeiter ist relativ niedrig. Für diese Form der Investition lässt sich Griggs Ansicht nach RoI problemlos ermitteln.

Komplizierter wird es bereits auf der zweiten Ebene, den Enhancement-Services, die nach Gartner-Hochrechnung rund 20 bis 25 Prozent des Servicebudgets großer Unternehmen ausmachen. Diese Dienstleistungen sollen helfen, entweder den Umsatz zu steigern oder Kosten zu reduzieren. Dazu gehören laut Grigg Customer-Relationship-Management (CRM), Enter-prise Resource Planning (ERP) und Supply-Chain-Management (SCM). Sie sind typischerweise bereits mehr an den Bedürfnissen einzelner Geschäftsbereiche ausgerichtet, was deren Einbeziehung in die Kalkulation voraussetzt. Auch wenn Grigg es in diesem Bereich bereits als problematisch empfindet, RoI zu ermitteln, notwendig ist es allemal.

Für nahezu unnötig hält Grigg jedoch die Ermittlung von RoI für die dritte Ebene, das sind die Produkt- oder Serviceinvestitionen, die auf rein strategische Überlegungen abzielen - etwa wenn ein Händler seinen Verkauf über das Internet plant. Die Veränderungen, die sich daraus für die Beziehungen zu Kunden und Zulieferern ergeben, lassen sich nur schwer in konkreten Zahlen beispielsweise für das Umsatzwachstum darstellen. "Für langfristige Projekte, deren Nutzen außerdem in immateriellen Werten besteht, ist RoI keine hilfreiche Methode", so Grigg.

Andere IT-Systeme, bei denen sich RoI eher als ein Stolperstein denn als Hilfe erweist, sind vor allem bereichsübergreifende Investitionen wie der Aufbau beziehungsweise die Pflege der Infrastruktur, beispielsweise die Standardisierung von Hardware oder Netzschnittstellen. Je mehr Ebenen eine Investition beeinflussen, desto schwieriger ist es, RoI überhaupt zu ermitteln oder verlässliche Ergebnisse zu erhalten. In solchen Fällen erweist sich RoI lediglich als ein Ansatz unter vielen.

Daher muss die Berechnung des RoI wesentlich differenzierter erfolgen, als dies meist geschieht. Das bedeutet in erster Linie, dass RoI nicht nur Aufgabe der IT-Chefs ist, sondern auch die Verantwortlichen der betroffenen Geschäftsbereiche herangezogen werden müssen. "Die Transparenz der internen Kostenrechnung halte ich für wesentlich wichtiger als zum Teil künstliche RoI-Berechnungen", bestätigt Münchner-Rück-Mann Janßen.