Nigeria-Connection

Insider-Chat mit einem Online-Betrüger

25.03.2009

Chat-Protokoll: Teil 2

Der Chat wurde fortgesetzt. Es war an einem Freitagnachmittag, eine Stunde war seit dem ersten kurzen Chat vergangen - für Nash war es bereits zu spät, um noch richtig zu arbeiten, aber auch noch zu früh, um auf ein Bier in die Bar zu gehen. Als er feststellte, dass Dutu nach wie vor online war, beschloss er, ihm noch ein paar Fragen zu stellen. "Ich habe etwa eine Stunde lang mit Dutu gechattet und mich sehr gut amüsiert - er war wirklich witzig. Aber er ist natürlich auch ein Krimineller. Er behauptete, aus Ghana zu kommen, und das erst seit drei Monaten zu machen. Er versuchte immer wieder, mir Geld abzuluchsen. Aber so amüsant der Mann auch war, er ist ein Krimineller, der mit Tricks und Social Engineering versucht, das zu bekommen, was er gern haben möchte", so Nash.

Nash: "Und - bereits Glück gehabt?"

Dutu: "Nur einer in den letzten drei Stunden."

Nash: "Laufen die Geschäfte nicht so gut? Darf ich fragen, wie viel man damit verdienen kann?"

Dutu: "Seien Sie mein Opfer und Sie werden sehen, wie viel ich Ihnen abnehmen kann."

Nash: "rofl - sehr gut. Sie sind ein lustiges Kerlchen."

Dutu: "Danke (Handschlag)"

Nash: "Mal ehrlich, finden Sie wirklich noch Leute, die auf diesen Scam-Betrug reinfallen? Obwohl: In der Zeitung habe ich gelesen, dass nach wie vor 100 Millionen Dollar im Jahr auf diese Weise das Land verlassen."

Dutu: "Welcher Betrug? Das ist real. Ich schicke Ihnen Unterlagen darüber."

Nash: "Über Skype?"

Dutu: (schiebt das Original-Scam-Anschreiben rüber. Es geht um 16 Millionen Dollar. Der Text ist sehr sehr gut geschrieben - im Vergleich zu den haarsträubenden Texten, die ansonsten die Runde machen.)

Nash: "Nett, das ist doch einmal gut geschrieben. Und anstatt 250 Millionen Dollar zu bieten, sprechen Sie immerhin nur von 16 Millionen. Also: Was ist der nächste Schritt? Ich arbeite für ein Sicherheitsunternehmen, deswegen bin ich auch so interessiert."

Dutu: "Moment, ich habe gerade einen Kunden. Er ist sehr interessiert."

Nash: "Ok."

Dutu: (übermittelt das Chat-Protokoll mit seinem "Kunden") … Und dann stellen Sie das ins Internet, oder? Nein! Das würde meinen Job gefährden."

Nash: "Keine Chance. Es gibt bereits massig Artikel dazu. Und ich wette, dass Sie diesen Skype-Account sowieso nur für ein paar Tage nutzen, stimmt's? Nächstes Mal tauchen Sie dann unter einem anderen Namen wieder auf."

Dutu: "Warum all die Fragen? Wollen Sie mitmachen?"

Nash: "Nein, danke. :-)"

Dutu: "Gut. Was ist Ihr Job?"

Nash: "Ich arbeite in der Sicherheitsbranche, wir entwickeln eine Firewall-Software. Sie findet übrigens auch Keylogger und andere Schad-Software."

Dutu: "Sehr gut. Wie viel Geld verdienen Sie?"

Nash: (Nennt die Summe) "Und Sie?"

Dutu: (antwortet sehr ausweichend, bis er zugibt, dass er bislang erst 50 Euro von einer Frau auf den Philippinen verdient hat. Natürlich könnte er auch in einem 5000-Dollar-Chefsessel in einer Luxusvilla sitzen und das nur behaupten.) "Sorry für die verspätete Antwort, ich war mit einem Kunden beschäftigt. Sie verdienen sehr viel Geld."

Nash: "Ich mag die Art, wie Sie Ihre Opfer Kunden nennen. Das impliziert eine gewisse Professionalität."

Dutu: "Danke. Wenn ich Sie darum bitte, mir ein bisschen Geld zu senden, machen Sie das?"

Nash: "Was bekomme ich denn für mein Geld?"

Dutu: "Das ist der Punkt. Niemand möchte etwas einfach nur so weggeben. Aber ich verspreche Ihnen 16 Millionen US-Dollar. Am Ende kriege ich mehr als nur Ihr Geld von Ihnen. Vielleicht nehmen Sie sogar einen Kredit für mich auf."

Dutu: "Können Sie mir helfen?"

Nash: "Es ist Freitag, alle denken nur an das Wochenende und an die Kneipe. Es ist die falsche Tageszeit. Nein, ich kann Ihnen echt nicht helfen. Sie verüben eine Straftat."

Dutu: "Ich weiß. Und ich akzeptiere den Fakt, dass ich SCHULDIG bin."

Nash: "Aber Sie verraten mir immer noch nicht, wie viel Sie verdienen. :- ) Ich wette, Ihr PC ist viel leistungsstärker als meiner."

Dutu: "… und werde mich nicht beklagen, dass ich angezeigt werde, wenn ich erwischt werde."

Dutu: "Es gibt keine spezielle Summe. Ich nehme alles, was Sie mir geben können. Und wenn es nur 100 oder 50 Dollar sind. Ich werde das wirklich dankbar annehmen. Mein Gott wird mir vergeben, weil ich dafür bete, dass er die Taschen meiner Kunden mit dem Doppelten von dem füllt, was sie bei mir verlieren."

Nash: "Ich wette, das machen Sie. Ich habe immer dieses Bild in meinem Kopf - Sie in einer Bar mit all Ihren Freunden. Und Sie sagen: Dieser Typ dachte, er sei clever, aber ich hab ihn trotzdem dazu gebracht, mir 100 Dollar zu schicken. Will jemand eine Zigarre?"

Dutu: "rofl. Sehr lustig. Ich rauche nicht. Trinken tu ich nur gelegentlich."

Dutu: "Ich weiß, dass Sie am Ende unseren Chat veröffentlichen werden. Aber das ist kein Problem. Ich bin da ganz offen."

Nash: "Ehrlicherweise habe ich den lustigen Teil schon veröffentlicht."

Dutu: "Warum?"

Nash: "Normalerweise antworte ich auf eine Scam-Anfrage so offen wie bei Ihnen - und die Absender antworten nicht einmal und ziehen gleich zum nächsten Opfer weiter. Dieses Mal war es anders. Das ist wie ein Polizist, der einen Autodieb warnt, vorsichtig zu fahren."

Dutu: "Ahahahhahaha."

Dutu: "Wie kriege ich Sie dazu, mir ein wenig Geld zu schicken?"

Nash: "Dummerweise werden Sie mich nicht dazu bekommen, Ihnen Geld zu senden."

Dutu: "Seien Sie nicht so geizig, mein Freund. Es kostet Sie nichts, einem Fremden Geld zu senden, der es nötig hat."

Nash: "Sie machen wahrscheinlich mehr Geld als ich. Können Sie mir nicht etwas schicken?"

Dutu: "Ja, 16 Millionen Dollar. Aber wir müssen den Transfer gemeinsam finanzieren."

Nash: "HAHAHAHAHAHAHAHAHA!"

Dutu: "Ja."

Nash: "Touché!"

Dutu: "Und wir teilen das Geld am Ende. 50 Prozent für jeden. Acht Millionen Dollar für Sie. Das ist eine einmalige Gelegenheit, das kommt nur einmal im Leben."

Nash: "Wissen Sie, wenn Sie jemals das Scam-Geschäft aufgeben, dann können Sie ja immer noch Komiker werden."

Dutu: "Wenn ich Sie wäre, dann würde ich eine solche Gelegenheit mit beiden Händen ergreifen. So werden Sie reich - über Nacht."

Nash: "Aber wir wissen doch beide schon, dass es ein Betrug ist und dass Sie es hassen, da mitzumachen."

Dutu: "Sehen Sie, mein Freund, ich bin kein Betrüger."

Nash: "Ich hab noch nichts getrunken. Also werde ich meine Meinung wohl kaum ändern."

"Leider versuchte er mir am Ende doch nur wieder den 16 Millionen Dollar-Deal anzudrehen. Eine Schande. Ich hab den Chat mit ihm wirklich genossen. Als er mir etwas über sein Leben erzählte, tat er mir sogar leid. Aber er war sehr gut in seinem Job und hatte einen ausgesprochenen Sinn für Humor", meint Nash.

So geht die Nigeria Connection vor

Die zur Nigeria Connection gehörenden Betrüger agieren von Afrika (normalerweise von Nigeria) aus. Sie versenden Mails in englischer Sprache oder in gebrochenem Deutsch. Im Prinzip ist die Geschichte immer die gleiche: Irgendwie haben sich irgendwo auf einem afrikanischen Konto ein paar Millionen angesammelt, die nun heimlich außer Landes geschafft werden sollen. Stellt der Empfänger der betrügerischen Nachricht dafür sein eigenes Konto zur Verfügung, soll er dafür bis zu 25 Prozent der Summe abbekommen. Wer anbeißt und auf leicht verdiente Dollar-Millionen hofft, erlebt sein blaues Wunder. Antwortet man auf die erste Mail, fordern die Betrüger in einer der folgenden Botschaften einen Vorschuss. Man benötige 2000 oder 3000 Dollar, um die Transaktion vorzubereiten oder Beamte zu bestechen, lautet meist die Begründung. Schickt der Gutgläubige den Betrag, endet die Geschichte in allen Fällen gleich: Geld und Empfänger sind weg.