Indien erwächst Offshore-Konkurrenz

27.05.2003
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

„Im Bereich Softwareentwicklung haben wir im letzten Jahr noch eine Vielzahl von Dienstleistern beschäftigt. Im Zuge der Konsolidierung werden wir künftig nur noch die Dienste von zwei Firmen nutzen. Das indische Softwarehaus Tata Consultancy Services arbeitet bereits seit Ende letzten Jahres für uns. Mit einem zweiten Unternehmen, das die Leistungen zum Teil auch in Offshore-Ländern erbringen wird, verhandeln wir derzeit.“

Andererseits sacken die Tagessätze indischer Häuser, weil die Kunden unter Hinweis auf noch günstigere Konkurrenz aus aufstrebenden Offshore-Ländern wie Vietnam, Russland und vor allem China von ihren indischen Providern Nachlass fordern. Nasscom räumte ein, dass in der Zeit zwischen März 2002 und 2003 die Tagessätze um zehn Prozent gefallen sind.

IT-Jobs gefährdet In den nächsten 15 Jahren wird die US-amerikanische Servicebranche 3,3 Millionen Arbeitsplätze (knapp 500.000 davon sind IT-Jobs) an Offshore- beziehungsweise Nearshore-Länder wie Indien, Russland, China und die Philippinen verlieren. Das prognostieren die Marktforscher von Forrester Research. Große Softwareanbieter wie Microsoft, Oracle, Peoplesoft und i2 Technologies lassen bereits Teile ihrer Programme in Indien entwickeln, Fluglinien und Banken wickeln die Kundenbetreuung über Fernost ab. Für Deutschland gibt es keine genauen Zahlen über die durch Offshore bedrohten Arbeitsplätze. Das Beratungshaus Deloitte Consulting erwartet jedoch, dass allein die europäischen Finanzdienstleister in den

nächsten fünf Jahren mehr als 700.000 oder 15 Prozent der IT-Arbeitsplätze nach Indien verlagern werden. Zum Großteil handelt es sich um IT-Jobs.

Das bedeutet keineswegs, dass deutsche IT-Experten ausgedient haben. Probleme werden aber diejenigen Beschäftigten bekommen, die Commodity-Services wie Applikationsbetreuung und Helpdesk-Dienste erbringen. „Es ist nicht zeitgemäß, wenn der reine Rechenzentrumsbetrieb komplett in der Nähe von München stattfindet - das ist zu teuer. Ich möchte von den Dienstleistern Vorschläge hören, welche Aufgaben sich sinnvoll in andere Länder wie beispielsweise Ungarn auslagern lassen. Dann kann ich entscheiden, ob sich das mit der Geschäftsstrategie von O2 vereinbaren lässt“, erläutert Alexander Röder, CIO bei mmO2.

Die Umfrage von Forrester Research ergab, dass CIOs großer Anwenderunternehmen IT-Experten suchen, die betriebswirtschaftliches Verständnis mit technischem Scharfsinn kombinieren. Gute Entwickler und Systemintegratoren sind weiterhin gefragt, denn um Offshore-Dienste nutzen zu können, gilt es, Projekte in einzelne Arbeitsschritte zu zerlegen, die Entwicklung auszulagern und die Ergebnisse wieder zusammenzuführen