IBMs Ergebnis sagt wenig über den IT-Markt

23.04.2002
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Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

Beobachter werteten dieses Vorgehen des IBM-Chefs als geschickte Taktik, der mit der Gewinnwarnung bereits im Vorfeld der Bekanntgabe der Quartalsergebnisse reinen Tisch gemacht hatte. Um so mehr lohnt sich noch ein etwas genauerer Blick auf das Zahlenwerk. Denn der für IBM-Verhältnisse in der Tat außergewöhnliche Gewinnrückgang um mehr als 30 Prozent liest sich in Details noch dramatischer: Ein im Vorjahresvergleich 25-prozentiger Umsatzeinbruch im Hardwaregeschäft von 8,55 auf 6,41 Milliarden Dollar spricht Bände - auch die weitgehend gleichmäßige Verteilung des Rückgangs auf so gut wie alle Produktlinien, angefangen von den „Z-Series“-Mainframes über die Midrange-Server „P-Series“ und „I-Series“ bis hin zum Speicher- und PC-Geschäft. Einmal mehr so scheint es, hat die „Hardware-Company“ IBM die Vergangenheit eingeholt, schließlich steht diese Business Unit immer noch für ein Drittel

des Gesamtumsatzes.

Global Services - neue Baustelle?

Gerstner-Nachfolger Palmisano dürfte also in den kommenden Monaten einigen Handlungsbedarf haben - nicht zuletzt deshalb, weil das bis vor kurzem noch als Hoffnungsträger gehandelte Dienstleistungs- und Beratungsgeschäft in der jüngsten Berichtsperiode einen neuerlichen Dämpfer erhielt. Nachdem bei den Global Services schon im vierten Quartal ein rund einprozentiger Umsatzrückgang zu verzeichnen war, gingen dort nun die Einnahmen im Vorjahresvergleich um weitere 2,9 Prozent von 8,47 auf 8,23 Milliarden Dollar zurück. Außer Outsourcing-Projekten laufe derzeit nicht viel, so Insider. Vor allem bei der Vergabe von Beratungsaufträgen winken die Kunden derzeit dankend ab. Palmisano gab zwar bekannt, dass im ersten Quartal neue Serviceverträge mit einem Auftragsvolumen von über 15 Milliarden Dollar abgeschlossen wurden, doch handelt es sich hier vor allem um Outsourcing-Abkommen von langfristiger Dauer.

Vor größeren Umbauarbeiten steht derweil IBMs Hardwaresparte. Die kürzlich beschlossene Auslagerung der PC-Produktion an den Auftrags-Hersteller Sanmina-SCI und das nun bekanntgegebene Joint Venture im defizitären Festplattengeschäft mit Hitachi dürften nur erste Schritte gewesen sein; weitere Maßnahmen, etwa die Auslagerung der Notebook-Produktion, werden möglicherweise folgen.

Vor diesem Hintergrund ist der optimistische Ausblick Palmisanos auf das laufende Jahr in seiner Bedeutung als Konjunkturbarometer fragwürdig. Denn die breite Aufstellung der Armonker, die bislang gemeinhin als strategische Stärke galt, könnte sich nun als Nachteil erweisen. Während spezialisierte Unternehmen etwa im Software- und Halbleitergeschäft allmählich wieder Fahrt aufnehmen, schleppt Big Blue den Ballast sanierungsbedürftiger Geschäftsbereiche mit sich herum, heißt es.