IBM-PCs im Media-Markt Ausbau der Server und Notebooks geht einher mit dem Vertriebsmix

17.09.1993

MUENCHEN (kk) - Die IBM PC Company meldete sich am vergangenen Mittwoch in Muenchen mit umfangreichen Neuankuendigungen aus dem Urlaub zurueck. Die Anwesenheit von Bill McCracken, als President der PC Company zustaendig fuer Europa, Afrika und den mittleren Osten (EMAE/AP), deutete an, dass nicht nur neue Produkte vorgestellt werden wuerden.

Vor einem Jahr konstituierte Big Blue die IBM PC Company als eigenstaendige Abteilung fuer das PC-Geschaeft. Nach den ersten zwoelf Monaten zog McCracken Bilanz und bezeichnete die damalige Entscheidung, alle fuer Herstellung und Vertrieb von PCs wichtigen Komponenten unter einem Dach zusammenzufassen, als die richtige Strategie, wie die Verkaufszahlen beweisen wuerden. So konnten im ersten Jahr weltweit rund eine Million Rechner abgesetzt werden, was ein Wachstum von 45 bis 50 Prozent bedeutete. Im Durchschnitt wuchs der Weltmarkt nur um 10 bis 14 Prozent, so McCracken. Hier konnte die IBM also Boden gutmachen und Marktanteile gewinnen.

Erwin Staudt, in Deutschland verantwortlich fuer das PC-Geschaeft der IBM, musste hinter den weltweiten Erfolgszahlen nicht zurueckstehen. In der BRD erzielte Big Blue mit dem PC-Verkauf ein Stueckzahlen-Wachstum von 30 Prozent bei positiver Umsatzentwicklung. Konkrete Zahlen wurden nicht genannt; die IBM laesst sich ueber Erfolg oder Misserfolg ihrer Teilbereiche nicht in die Karten schauen.

Zu erfahren war allerdings, dass sich IBM im PC-Geschaeft weltweit einen Marktanteil von rund zehn Prozent erarbeitet habe (in Deutschland rund 8,5 Prozent), und dass man bei den Umsaetzen zirka vier bis acht Prozent wachse. Was den Gewinn angeht, so muesse die Aussage genuegen, dass Profite erzielt wurden. McCracken wies darauf hin, dass 1992 in Europa die Kosten um 23 Prozent reduziert wurden, in etwa die gleiche Prozentzahl wie im Jahr zuvor.

Dies sei nicht zuletzt durch die Reduzierung der Belegschaft erreicht worden. Die Gesamt-IBM plant, die Anzahl ihrer Mitarbeiter bis 1994 um weitere 85000 auf dann 225000 Arbeitnehmer zu verringern.

Die ein Jahr alte Ankuendigung von Bob Corrigan, CEO der IBM PC Company, dass Big Blue auf Preisreduzierungen der Konkurrenz innerhalb von 48 Stunden reagieren werde, wurde, wie PC- verantwortlicher Staudt bemerkte, in den vergangenen zwoelf Monaten zweimal in die Tat umgesetzt. Er zeigte sich dankbar darueber, dass er die PC-Preise denen der Konkurrenz anpassen durfte.

Und nun orientieren sich die PC-Verkaeufer in Blau wiederum an der Konkurrenz, diesmal allerdings, was die Vertriebskanaele angeht. Nachdem Erzrivale Compaq einen Vertriebspakt mit Vobis geschlossen hat, geht IBM nun mit der Solventa eine Absatzvereinbarung ein.

Hinter dieser Holding-Gesellschaft verbergen sich unter anderem die Handelsketten Media Markt und Saturn Hansa. Neben den Privatleuten Kellerhans, Stiefel und Gunz haelt der Kaufhof mit 68,2 Prozent die Mehrheit an Solventa. Zur Kaufhof-Gruppe gehoert unter anderem auch die Vobis Microcomputer AG.

Wie Klaus-Peter Voigt, Chefeinkaeufer von Media Markt, erklaerte, haetten fuer seine Firma auch die Highscreen-PCs von Vobis zur Auswahl gestanden. Dass sich der Elektrofachmarkt fuer IBM als Lieferant entschied, koennte - das ist allerdings Spekulation - auch daran liegen, dass mit Erwin Conradi ein Ex-IBMer an der Spitze der Kaufhof AG steht.

Compaq und IBM vereint zumindest eines: der gemeinsame Vertriebskanal Metro, wo Firmengruender Otto Beisheim das Zepter fuehrt und Conradi als Geschaeftsfuehrer der deutschen Metro GmbH in Duesseldorf agiert. Die Metro-Gruppe erzielte mit ihren vielen Untergesellschaften wie Kaufhof und Asko 1992 einen Umsatz von 70 Milliarden Markt - in etwa der Betrag, den die Bundesregierung jaehrlich fuer den Schuldendienst aufwenden muss.

Die IBM will in den Laeden von Media Markt die Heimanwender als Kunden gewinnen. Offen-sichtlich waren die Fachmaerkte schon 1992 erfolgreich, denn sie erhielten von Big Blue die Auszeichnung "Reseller des Jahres 1992".

PC-Chef Staudt erlaeuterte aus seiner Sicht die Vorzuege der Handelskette: "Media Markt ist mit 47 Ladengeschaeften deutschlandweit vertreten, produziert keine eigenen PCs, tritt aggressiv auf mit dem Ziel, selbst die Nummer eins zu werden, verfuegt ueber eine eigene Servicestruktur und zielt auf den Heimmarkt."

Hier sei nur eine Marktsaettigung von 15 Prozent erreicht, und die Prognosen der Marktforscher gingen von einem Wachstum von jaehrlich ebenfalls 15 Prozent aus. Der Media Markt stieg, so Geschaeftsfuehrer Voigt, vor zwei Jahren aus dem Verkauf von No- Name-Produkten aus und bietet nur noch Markengeraete an. Fuer den Deal mit IBM haben sich die Ingolstaedter mit dem Hersteller an einen Tisch gesetzt und einen PC nach den erwarteten Beduerf-nissen der Heimkunden entworfen.

Im Gegensatz zum Konkurrenten Compaq Computer, der bei Vobis mit der "Presario-Linie" einen PC mit kompakten Abmessungen absetzen will, entschieden sich die neuen Ge-schaeftspartner fuer ein Minito- wer-Gehaeuse, das fuer zukuenftige Anforderungen reichlich Erwei- terungsmoeglichkeiten bietet.

Der eigens fuer Media Markt gefertigte Rechner "PS/1000" soll in drei Varianten angeboten werden, jeweils mit 486er Prozessor und sechs freien Steckplaetzen. Das kleinste Modell mit 25 Megahertz Taktfrequenz, 4 MB Hauptspeicher, 170 MB Festplat-te, vorinstalliertem DOS 6.0 und Windows 3.1 soll einschliesslich 14- Zoll-Monitor, Tastatur und Maus ab Oktober fuer 2298 Mark in den Regalen stehen.

Wer ist fuer den Service zustaendig?

Ein Problem scheint bei der Vereinbarung noch nicht zu Ende gedacht worden zu sein, die Frage naemlich, wer den Service uebernimmt. Voigt verwies darauf, dass jedem Media Markt ein Meisterbetrieb als Werkstaette zugeordnet sei, allerdings fehlt diesen Stationen das Computer-Know-how.

So will der Off-the-shelf-An-bieter diverse Servicepakete zur Kundenunterstuetzung anbieten, etwa mit dem Help-Club, einem 24- Stunden-Telefondienst.

Ausserdem, so Voigt, stuende die Hotline der IBM zur Verfuegung, und als letztes koenne der Kunde wohl auf die IBM-Fachhaendler zurueckgreifen. Das scheint jedoch eine utopische Vorstellung: Welcher Haendler repariert Gerae-te, die er selbst nicht fuehrt und die bei der Konkurrenz gekauft wurden? Ein IBM-Mitarbeiter begruendete die Massnahme damit, dass sich der Fachhandel hier durch Integrationsleistungen, etwa die Vernetzung von mehreren PS/1000- Rechnern, ein Zubrot verdienen koenne.

Was die IBM selbst angeht, so werden in Zukunft neue PS/2-Server auf den Markt kommen, die neben 486DX2- oder Penti-um-Prozessoren einen speziellen Chip enthalten, der die Leistung der Datenleitungen zwischen CPU, Hauptspeicher und Micro Channel optimiert. Zwei der neuen "Server 95" sind mit einem integrierten Festplatten-Array ausgeruestet und damit nahezu fehlertolerant.

Die Preise fuer diese Geraete beginnen bei rund 20 000 Mark, ohne Array kosten sie zirka 16 700 Mark.

Im mobilen Bereich gibt es mit der "TP 750-Serie" neue Vertreter der Thinkpad-Reihe, die alle mit Intels 486SL-CPU arbeiten und ueber ein integriertes Audiosystem verfuegen. Fest installiert sind der IBM-eigene Trackpoint, zwei PCMCIA-Steckplaetze sowie An- schluesse fuer Mikrofon, Kopfhoerer und Docking-Station. Das Modell 750P laesst sich zudem in einen portablen Pen-Computer umwandeln.

Als Betriebssysteme stehen OS/2 oder DOS mit Windows zur Auswahl, Fest-platten und Hauptspeichergroesse koennen ebenfalls veraendert werden. Die Preise fuer den Thinkpad 750 beginnen bei 7286 Mark und reichen bis 10 799 Mark fuer die bestausgeruestete Farbversion.

An Vertriebswegen fuer die neuen Produkte bietet IBM momentan alles Denkbare an. Telesales, Haendler und Distributoren sowie der Megastore in Aachen stehen dem Kunden zur Auswahl. Laut President McCracken befindet sich die PC Company, was die optimale Vetriebsstruktur fuer die jeweiligen Laender angeht, noch immer in der Testphase.

Den Versuch, mit der Ambra-Rechnerlinie No-Name-Produkte im Markt zu plazieren, be- zeichnet er als gelungen. Diese Rechner gingen seiner Meinung nach in einen anderen Markt als die Produkte der PC Com- pany; Ueberschneidungen gaebe es kaum.