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Führung in mageren Zeiten

12.02.2003
Von Christian Hufnagl



Nicht ausgelastete Berater

Doch Köhler hat auch in der Vergangenheit bewiesen, unkonventionelle Wege finden zu können: Die durch die Beraterkrise hervorgerufene schwache Auslastung unter den Mitarbeitern fingen der hiesige Accenture- Chef und seine Mannschaft mit einem Programm zur freiwilligen Arbeitszeitverkürzung ab. Die in den Boom-Jahren gestressten Berater dürfen eine mehrmonatige Auszeit nehmen und erhalten rund 30 Prozent ihrer fixen Bezüge. Der Arbeitsplatz der jeweiligen Consultants bleibt erhalten.

Rund 300 Angestellte mussten hingegen bei Cap Gemini Ernst & Young in Deutschland gehen. „Die Erfahrung,Mitarbeiter im großen Stil zu entlassen, möchte ich nicht noch einmal machen“, wünscht sich Antonio Schnieder, Geschäftsführer und CEO für Zentraleuropa des IT-Dienstleisters. Dieses Verlangen wird er nicht zuletzt an die Pariser Zentrale von Cap Gemini gerichtet haben, wo über das Schicksal der internationalen Niederlassungen entschieden wird. Zurzeit erreichen Schnieder wenig gute Nachrichten aus dem Westen, denn auch Cap Gemini kann sich dem Abwärtstrend der IT-Dienstleistungsbranche nicht entziehen. Ob sich der Freund klassischer Musik deshalb in seiner Freizeit lieber der entgegengesetzten Himmelsrichtung zuwendet, ist nicht bekannt: Privat engagiert Schnieder sich auf jeden Fall für den interkulturellen Austausch mit Osteuropa.

Der diplomierte Kaufmann und Wirtschaftsingenieur leitet seit dem Jahr 2000 die Geschicke der hiesigen Niederlassung und kam als Chef der deutschen Ernst & Young-Filiale zu Cap Gemini. Er hat die Fusion der Häuser in Deutschland und den Ortswechsel vorangetrieben. Seit einigen Monaten residiert das verschmolzene Beratungshaus in der Nähe des politischen Machtzentrums in einem Berliner Glaspalast. Eine unerledigte Hausaufgabe ist, ein klares Profil im Outsourcing-Markt zu finden. Schnieders größter Erfolg dürfte sein, dass Cap Gemini unter deutschen Anwendern ein im Vergleich zu anderen großen und lupenreinen Beratungshäusern gutes Image genießt. Bislang haben diesem Bild auch die von Schnieder ausgesprochenen 300 Entlassungen noch keinen Riss zufügen können.