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Führung in mageren Zeiten

12.02.2003
Von Christian Hufnagl
Ihre Meriten haben sich die Lenker der deutschen IT-Beratungs- und Servicehäuser in den Jahren stürmischen Marktwachstums erworben - doch die sind vorbei. Nun gilt es, die Unternehmen durch magere Zeiten zu führen.

Vor zwei Jahren war die Welt noch in Ordnung. Damals war die Führungsriege der Deutschen Telekom AG von der Idee und den Möglichkeiten einer eigenen weltweiten IT-Servicesparte derart überzeugt, dass sie rund 5,5 Milliarden Euro für die Übernahme des Debis Systemhauses lockermachte. Die Zusammenführung der hauseigenen verteilten Service-Provider mit dem zugekauften Haus zu der neuen Einheit T-Systems übertrug der damalige Telekom-Chef Ron Sommer nach einigem Hickhack letztlich Christian Hufnagl.

Seitdem hat sich das Bild so stark gewandelt, dass zwischenzeitlich sogar der Verbleib von T-Systems im Konzern in Frage gestellt wurde. Der Hobbyfotograf und -filmer Hufnagl dürfte sich mittlerweile fragen, ob er Regisseur in einer Low-Budget- Produktion ist, deren Produzent aber mindestens einen Oskar möchte. Für den T-Systems-Chef gilt es nämlich, Kulturdifferenzen zu glätten, den Weggang wichtiger Debis-Manager zu Konkurrenten auszugleichen sowie die Consultants von Detecon und Diebold unter einem Dach zu vereinen. Letztlich lautet die Aufgabe, aus einem Gemenge überwiegend nationaler Geschäftseinheiten einen homogenen IT-Dienstleister von Weltgeltung zu formen. Nebenbei verpflichtete sich der Chef von mehr als 43 500 Mitarbeitern gegenüber seinem damaligen Vorgesetzten Sommer, 500 Millionen Euro einzusparen. Statt dem einst angepeilten Wachstum werden nun 3500 Stellen gestrichen, Geschäftsbereiche abgestoßen und Rechenzentrums- Ressourcen konsolidiert.

Fusionen und Entlassungen

Nach gut zwei Jahren im Amt ist die Frage an Hufnagl erlaubt: Ist die Integration geschafft? Die offizielle Antwort lautet „Ja“. Inoffiziell sind andere Stimmen zu vernehmen. Vor allem die Debis-Mitarbeiter murren offenbar, wechselten sie doch von einem weltweiten Automobilkonzern zu einem hoch verschuldeten, vorwiegend nationalen Carrier und müssen nun zu dessen Genesung beitragen. Doch der Mann an der Spitze, der seinen Führungsstil als kooperativ beschreibt, hat ein Ziel vor Augen, das es zu erreichen gilt. „Und da bin ich auch bestimmend“, sagt Hufnagl von sich. Klingt wie eine Drohung.

Fusionsprobleme hat auch Rudolf Bauer, verantwortlich für 16 000 Mitarbeiter bei IBM Global Services in Deutschland, Österreich und der Schweiz, zu bewältigen. Zwar muss der IBM-Veteran, der dem Unternehmen seit 1974 die Treue hält, nicht wie Hufnagl 20 000 fremde IT-Spezialisten integrieren. Doch nach der Übernahme von Pricewaterhouse-Coopers Consulting (PWCC) hat Bauer immerhin 2000 neue Namen auf der Gehaltsliste stehen. Damit erwartet ihn die wohl schwierigste Aufgabe seiner bisherigen Amtszeit, denn die Integration von PWCC wird nicht ohne Entlassungen abgehen.

Erst im Juli 2001 nahm der Klavierspieler Bauer den Platz von Ernst Koller ein. Sein größter Erfolg seither dürfte der vereinbarte Outsourcing- Deal mit der Deutschen Bank sein. Sicher sind die Frankfurter Banker treue IBM-Kunden, ein Startvorteil gegenüber der Konkurrenz war IBMs Serviceeinheit also gewiss, doch das möglicherweise richtungsweisende Outsourcing-Vorhaben für die hiesige Bankenlandschaft musste und muss gegen große Widerstände durchgeboxt werden. Auch eine herbe Niederlage setzte es für Bauer in seiner Zeit an der deutschen IBM-Servicespitze: Beim größten hiesigen Auslagerungsvorhaben zog IBM überraschend den Kürzeren. Allerdings behaupten böse Zungen, dass man es Bauer durchaus als Verdienst anrechnen darf, beim Bundeswehr-Outsourcing- Projekt „Herkules“ nicht zum Zuge gekommen zu sein.

Bei IBM lernte auch Reinhard Clemens sein Handwerk. Für Big Blue heimste er 1998 Auslagerungsverträge im Wert von 1,3 Milliarden Dollar ein. Heute macht Clemens Ähnliches als Deutschland- Chef von EDS, dem international wichtigsten Big- Blue-Widersacher im Serviceumfeld. Hierzulande steuert Clemens 6500 Servicemitarbeiter. In der Schweiz, Österreich,Ungarn, Tschechien und Polen gehören weitere 2500 Experten zu seiner Mannschaft.

Imagekorrekturen angestrebt

Das Gros seiner beruflichen Anstrengungen dürfte Clemens dem Vorhaben widmen, EDS in Deutschland zu einer ähnlichen Bedeutung zu verhelfen, wie sie der Konzern weltweit genießt - nämlich die Nummer eins oder zwei im Markt zu sein. Am Erfolg dieser Mission wird ihn das US-amerikanische Management messen. Das Ziel soll unter anderem mit der Integration von Systematics erreicht werden, als dessen Vorstandsmitglied Clemens zu EDS Deutschland kam. Das übernommene Systemhaus soll für EDS das Mittelstandsgeschäft beleben und zudem das Profil des Dienstleisters als E-Business- Systemintegrator schärfen. Bislang gilt die Ex-General- Motors-Tochter insbesondere in Deutschland ausschließlich als Outsourcing-Spezialist.

Thomas Köhler (50) geht den gleichen Weg, kommt aber aus einer anderen Richtung. Der deutsche Accenture-Chef, seit 1980 dem Unternehmen verbunden, will dem als Beratungs- und Integrationshaus etablierten Anbieter zu mehr Outsourcing-Verträgen verhelfen. Bei der Erschließung des Marktes verfolgt der passionierte Bergsteiger und Ausdauersportler offenbar eine Strategie Strategie der kleinen Schritte. Mit der Übernahme der IT-Aktivitäten der Nürnberger Schmidtbank ist der Einstieg zwar geschafft, doch dem ansonsten hohen Anspruch Accentures dürfte dieses Engagement nicht genügen.Allerdings ist das Umfeld zurzeit nicht besonders günstig. Deutschland gilt als schwieriger Outsourcing-Markt, und Accenture leidet unter dem darbenden IT-Beratungsgeschäft, kann also derzeit nicht aus einer Position der Stärke agieren.