Enterprise Content Management

Filenet-CEO kontert: "Die Leute haben nichts verstanden"

30.08.2006
Von 


Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.

CW: Was verstehen Sie unter Content-zentrischem BPM?

Roberts: IBMs BPM-Ansatz dient zur Prozesssteuerung zwischen Anwendungen, ist also transaktionsorientiert. Filenet automatisiert mit seiner Plattform dokumentenzentrierte Abläufe zwischen Mitarbeitern (Workflows), beispielsweise im Case-Management bei Versicherern oder in der Verwaltung.

CW: Trotzdem lassen sich nur wenige Features der Produktlinien sinnvoll kombinieren. Vieles ist nun doppelt vorhanden.

Roberts: Die Produktlinien werden parallel weiterexistieren, lassen sich technisch aber schon heute miteinander integrieren. Wenn Sie von Überlappungen reden, dann sollten Sie sich mal das Angebot von Open Text anschauen. Die haben bisher noch keine Übernahme erfolgreich umgesetzt und sind auch nicht organisch gewachsen.

CW: Es wäre also verkehrt zu behaupten, IBM wollte nur einen Wettbewerber wegkaufen beziehungsweise Konkurrenten davon abhalten, dies zu tun?

Roberts: Ich glaube nicht, dass IBM sich von solchen Überlegungen leiten lässt. Es geht bei dem Deal nicht um Konsolidierung, sondern um Wachstum.

CW: IBM hat jahrelang behauptet, die Infrastruktur für ECM stellen zu können. Dennoch schien das Angebot eher einem Bauchladen zu gleichen. Wird Filenet mit P8 nun dieses Versprechen erfüllen?

Roberts: P8 war der entscheidende Grund für die Übernahme. Wir haben die einzige Plattform für unternehmensweite ECM-Lösungen.

CW: IBM setzt bei der Infrastruktur vor allem auf seine Datenbank "DB2" und den Applikations-Server "Websphere". Ist die Perspektive von P8 künftig auf die Welt der IBM-Produkte beschränkt?

Roberts: Unsere zentrale Forderung in den Verhandlungen mit IBM war, P8 als strategische ECM-Plattform zu erhalten. Ich glaube nicht, dass IBM an einer monolithischen Produktarchitektur interessiert ist. Sie wol- len doch auch Kunden gewinnen, die Software von Oracle oder Microsoft einsetzen. Über 50 Prozent aller Filenet-Lösungen verwenden die Oracle-Datenbank als Repository. Bei den Applikations-Servern nutzt die eine Hälfte Websphere, die andere "Weblogic" von Bea Systems. Das wird auch so bleiben.

CW: IBM zerlegt seine Software immer mehr in Komponenten und macht sie als Web-Service verfügbar, die sich wiederum zu neuen Angeboten kombinieren lassen sollen. Könnte nicht Filenet das gleiche Schicksal ereilen und aus der Plattform eine Toolbox werden?

Roberts: P8 wird eine Plattform bleiben. Zudem ist sie die Basis für die Entwicklung von ECM-Anwendungen. Schon heute gibt es mehr als 1000 verschiedene Lösungen bei Kunden und von ISVs. IBM möchte diesen Trend weiterführen und für Kunden aus dem Branchen Pharma, Fertigung, Utilities und im Gesundheitswesen mehr Angebote schaffen. Darüber hinaus fragen immer mehr Kunden ein Content-zentrisches BPM nach.