Hardware-Häuser nehmen Klage von Apple in Kauf:

Experten erwarten Macintosh-Clone

25.03.1988

MENLO PARK (IDG) - Mehrere Unternehmen werden nach Einschätzung von Marktkennern in der nächsten Zeit versuchen, Macintosh-Clones auf den Markt zu bringen. Der erste Nachbau wird bereits als Ausstellungsstück auf der CeBIT erwartet. Gerüchten aus der Branche zufolge spielen zwei asiatische Unternehmen mit dem Gedanken, ihre Pseudo-Macs in den USA anzubieten, und man munkelt, sogar die Marktriesen IBM und Microsoft reize es inzwischen, einen Rechtsstreit mit Apple vom Zaun zu brechen.

Solchen Querelen ist Microsoft bisher durch ein Lizenzabkommen mit Apple für die Benutzeroberfläche Windows aus dem Weg gegangen. Diese Vereinbarung erstreckt sich auf alle Windows-Versionen bis hin zum Presentation Manager von Big Blue, eine Windows-Variante, die IBM und Microsoft gemeinsam entwickeln.

Nach Aussage von Andy Hertzfeld - er hat den Macintosh entwickelt - sind jedoch Software-Lösungen, die es dem Benutzer ermöglichen, Apple-Programme auf anderen Computern laufen zu lassen, viel wahrscheinlicher als ein Hardware-Clone. Er rechnet mit Applikationen für Systeme, die auf dem Prozessor 68000 basieren und fügte gleich hinzu, daß er sich an solchen Vorhaben niemals beteiligen würde. Zudem würde es ein schwieriges Unterfangen sein, mit der rasanten Software-Entwicklung aus dem Hause Apple Schritt zu halten.

Bisher hat das Unternehmen auch noch jeden Versuch, den Macintosh oder dessen Betriebssoftware nachzubauen, mit erfolgreichen Klagen abgewehrt. Sowohl die Digital Research, die mit GEM eine Mac-ähnliche Benutzeroberfläche verkaufen wollte, als auch das US-Unternehmen Franklin Computer Corp. mit seinem Mac-II-Clone bekamen den Zorn

Apple's am eigenen Leibe zu spüren.

Der zur Zeit einzige Hersteller, der offiziell einen Macintosh-Clone angekündigt hat, ist das brasilianische Unternehmen Unitron mit einem Nachbau des Mac 512, der allerdings ausschließlich für den einheimischen Markt bestimmt ist. Das Unternehmen hat jedoch Schwierigkeiten mit der zuständigen Behörde, die das Produkt zwar technisch in Ordnung fand, aber aus urheberrechtlichen Gründen einige Änderungen verfügte. Ansonsten genießt das Unternehmen einen geschützten Binnenmarkt. Um der heimischen HighTech-Entwicklung auf die Beine zu helfen, ist die Einfuhr ausländischer Rechensysteme nach Brasilien verboten.