"Enronitis“: IT-Firmen stehen am Pranger

20.02.2002
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Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nach der skandalträchtigen Pleite der Mischkonzerns Enron ist die US-Börsenaufsicht SEC alarmiert. Die Behörde, aber auch viele Analysten und Journalisten stellen immer mehr Firmen bohrende Fragen zu ihren testierten Abschlüssen. Das Wort von der „Enronitis“ macht die Runde. Betroffen sind vor allem auch IT-Unternehmen.

Nur von Verdachtsmomenten oder gar Spekulationen interessierter Analysten- und Journalistenkreise kann zumindest in der US-amerikanischen Telco-Industrie keine Rede mehr sein. Denn die Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) dürfte nicht ohne Grund ihre Untersuchungen gegen die Buchungspraktiken heimischer TK-Anbieter ausgeweitet haben. Nach dem unter Gläubigerschutz stehenden Glasfasernetzbetreiber Global Crossing, der im Verdacht von Scheingeschäften und damit Bilanzfälschung steht, hat nun auch Qwest „Post“ von der SEC bekommen. Die Gesellschaft soll Dokumente über einzelne Transaktionen mit Global Crossing offen legen. Der Vorwurf, der zumindest inoffiziell im Raum steht, bezieht sich ebenfalls auf die gegenseitige Vermietung von Leitungskapazitäten, deren vorgeblicher Erlös jeweils als Umsatz verbucht wurde,

obwohl kein Geld geflossen sei. Gleichzeitig soll Qwest dem Internet-Service-Provider KMC für insgesamt 450 Millionen Dollar Equipment verkauft haben – mit der Zusage, als Gegengeschäft Dienstleistungen in gleichem Umfang zu beziehen.

Nach dem dramatischen Geschäftseinbruch im vergangenen Jahr droht nun jedenfalls der Branche weiteres Ungemach. Die – im Falle von Global Crossing – bereits offiziell von der SEC und dem FBI aufgenommenen Ermittlungen lassen jedenfalls unter Anlegern weltweit die Befürchtung aufkommen, dass der eine oder andere Börsenliebling von gestern mit Hilfe „kreativer Buchführung“ einen Schleier über seine letztlich doch nicht ganz so erfolgreichen Geschäfte gelegt hat.

Alles andere als ein geschicktes Timing war in diesem Zusammenhang natürlich auch die Meldung, mit der der angeschlagene Telco-Ausrüster Nortel Networks vergangene Woche aufwarten musste. Dort trennte man sich Knall auf Fall von dem erst Ende vergangenen Jahres ernannten Finanzchef Terry Hungle, dem Insidergeschäfte vorgeworfen werden. Prompt war man bei Nortel auch bemüht, dem Eindruck entgegenzuwirken, man sei das kanadische Pendant zu Enron. „Es gibt keine Diskussionen mit den Aufsichtsbehörden über das Unternehmen Nortel, seine Geschäftstätigkeit oder seine Finanzberichterstattung“, teilte die auch an der New York Stock Exchange (Nyse) gelistete Company mit.

Auch Microsoft und IBM im Visier