Stephen Hawking warnt vor moderner Technologie

Ein Physiker misstraut dem Fortschritt

19.01.2016
Eindringlich warnt der, selbst von modernster Technik abhängige, Physiker Stephen Hawking vor den tödlichen Gefahren des Fortschritts - ob künstliche Intelligenz oder Gentechnik. Trotzdem nennt er sich einen Optimisten.

Was ist die größte Gefahr für die Menschheit? Starphysiker Stephen Hawking glaubt: Sie selbst. Eindringlich warnt der 74-jährige Brite seine Mitmenschen vor einem selbst verschuldeten Untergang. Ein Atomkrieg, die Erderwärmung, durch Gentechnik erzeugte Viren und Entwicklungen in Wissenschaft und Technologie gehörten zu den existenziellen Gefahren für die Menschheit, sagt Hawking in einer BBC-Vortragsreihe, deren erster Teil am 26. Januar ausgestrahlt wird. Es ist nicht das erste Mal, dass der Astrophysiker als Mahner auftritt - und zugleich einen Ausweg aufzeigt.

Physiker Stephen Hawking warnt eindringlich vor den Gefahren des technologischen Fortschritts.
Physiker Stephen Hawking warnt eindringlich vor den Gefahren des technologischen Fortschritts.
Foto: Danor Aharon - shutterstock.com

Hawking: Die Menschheit bedroht sich selbst

Das Risiko einer Katastrophe auf der Erde in einem bestimmten Jahr sei zwar gering, aber für die nächsten 1000 oder 10.000 Jahre "beinahe Gewissheit", so Hawking. Seine Botschaft: "Bis dahin sollten wir uns im All und auf anderen Sternen ausgebreitet haben, so dass ein Desaster auf der Erde nicht das Ende der Menschheit bedeuten würde." Da man in den kommenden 100 Jahren aber noch nicht so weit sein werde, müssten die Erdbewohner in dieser Zeit "sehr vorsichtig" sein. Neu erfunden hat Homo sapiens die Ausbeutung von Ressourcen oder die massive Umgestaltung der Umwelt bis zum Zusammenbruch ganzer Populationen nicht. "Da gibt es jede Menge Beispiele aus der Biologie", sagt Lutz Becks vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön. Das klassischste sei wohl das von Luchs und Hase: Die Räuber dezimieren ihre Beute so lange, bis sie selbst verhungern - und damit in einem ewigen Kreislauf den Hasen wieder Auftrieb verschaffen. "30 Prozent der Räuber-Beute-Konstellationen haben solche Zyklen."

Arten tendierten dazu, erst einmal auszutesten was die Umwelt so hergibt, erklärt Thomas Junker von der Universität Tübingen. "Maximale Vermehrung wird angestrebt." Dieser biologische Mechanismus sei auch im Menschen präsent - der den möglichen Untergang der eigenen Art ebenso wenig bedenke wie andere Organismen. "Wir sehen solche Probleme nicht - es ist verrückt, wie stark sie ignoriert werden." Biologen warnten schon lange, dass die Menschheit ihren eigenen Untergang herbeiführen könnte. Jeder denke vor allem an sich, vielleicht noch an die Zukunft der Kinder und allerhöchstens noch an die der Enkel. "Wir sind darauf programmiert unsere individuellen Interessen zu verfolgen - nicht darauf, an die Zukunft der Menschheit zu denken", erklärt Junker. "So etwas wie einen Arterhaltungstrieb gibt es nicht." Den Einfluss des Menschen auf seine Umwelt schätzen manche Forscher als so gewaltig ein, dass sie ein eigenes erdgeschichtliches Menschen-Zeitalter ausrufen wollen. Abgeleitet vom griechischen Wort ánthropos für Mensch prägte der Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen den Begriff Anthropozän. Offiziell ist die Bezeichnung allerdings - noch - nicht.

Künstliche Intelligenz: Das "Terminator"-Szenario

Auch vor den Gefahren künstlicher Intelligenz hat Stephen Hawking bereits mehrmals gewarnt. Vom Menschen geschaffene Maschinen könnten eines Tages klüger werden als ihre Schöpfer - und eine Gefahr für den Fortbestand der Menschheit darstellen. Die Ironie dabei: Mit seinen Forschungen auf dem Gebiet der Astrophysik - etwa zu Schwarzen Löchern - hat Hawking selbst einen gewaltigen Beitrag zum wissenschaftlichen Fortschritt geleistet. Zudem wäre er ohne modernste Medizin und Technologie wohl nicht mehr am Leben - jedenfalls aber nicht in der Lage, Vorträge zu halten. Die Nervenkrankheit ALS hat ihn fast komplett gelähmt und zwingt ihn, sich über einen Sprachcomputer den er mit den Augen steuert, zu verständigen. "Ich bin ein Optimist", versichert er seinen Zuhörern. Er glaube, dass die Menschheit die Gefahren erkenne und in den Griff kriegen könne. (dpa/fm)