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Die neue Gesellschaft entsteht im Netz

13.04.2011
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Privat und öffentlich - beides muss

Mozilla-Chairman Mitchell Baker warb dafür, dass der einzelne Anwender im Mittelpunkt allen technischen Fortschritts im Netz stehen sollte.
Mozilla-Chairman Mitchell Baker warb dafür, dass der einzelne Anwender im Mittelpunkt allen technischen Fortschritts im Netz stehen sollte.
Foto: (cc) Jonas Fischer/re:publica

In diese Kerbe schlug auch Mitchell Baker, Vorsitzende der Mozilla Foundation, die über Privatsphäre im Internet referierte. Einerseits sollten moderne Web-Services individuelle Bedürfnisse der Anwender befriedigen, anderseits beherrsche oftmals noch eine "völlig defensive Betrachtungsweise des Datenschutzes" den öffentlichen Diskurs. Mozilla halte es daher wie die wachsende Gruppe jener Nutzer, die für sich eine Mischung aus der völligen Kontrolle über die eigenen Daten und der Bereitschaft, einige Daten preiszugeben, gefunden hätten. Die Foundation setze mit ihrem Vorreiterprojekt Firefox auf eine geringe Menge anfallender Daten, gebe dem Anwender größtmögliche Einstellungsfreiheiten und wolle von Anfang an jede (böse) Überraschung vermeiden. Der einzelne Nutzer stelle bei allen Bemühungen den wichtigsten Teil der technischen Entwicklung dar und müsse mit all seinen Bedürfnissen einbezogen werden.

Mitmachen ist gefragt

Wie entscheidend die Innovationskraft des Einzelnen und damit der gesamten Netzgemeinde ist, blegte auch Philipp Schäfer von der Designberatung ideo. Das in Palo Alto ansässige Unternehmen fokussiere sich verstärkt auf offene Innovationsplattformen im Web und beschäftige sich dort mit den möglichen Veränderungen menschlicher Lebensgewohnheiten durch innovative Designkonzepte. "Ich bin begeistert davon, dass es mittels Crowdsourcing und Crowdfunding gelingt, solche Plattformen zu bauen", so Schäfer, der noch zögerlichen Unternehmen dringend rät, sich der Netzgemeinde nicht länger zu verschließen.

Auch für Christian Friege von Energieversorger LichtBlick aus Hamburg, der die re:publica erstmals sponsorte, basiert wirtschaftlicher Erfolg heute ausschließlich auf Glaubwürdigkeit, die sich nur noch durch eine aktive Beteiligung am Web 2.0 bewerkstelligen lasse. "Klassische Werbung war gestern", so Friege. Gerade das derzeit heiß diskutierte Thema alternative Energien sei prädestiniert für einen offenen und ehrlichen Diskurs. Mit der zunehmenden Demokratisierung des Marktes - nach dem Umstieg auf Ökostrom produzierten auch viele Verbraucher direkt selbst - bestünde heute die Chance, das Internet zum Enabler für einen nachhaltigen Lebensstil zu machen.

Jetzt sind Sie dran!

Um der digitalen Mitmach-Gesellschaft endlich auch ein repräsentatives Gesicht zu geben, launcht während der re:publica das Projekt digitalegesellschaft.de. Hier sollen vor allem politische Fragen des digitalen Lebens diskutiert werden und neue Lebensentwürfe entstehen. Eine der ersten debattierten Fragen lautet: "Warum gibt die GEZ nicht ein Prozent der Gebühren für das Internet?" Und, augenscheinlich viel simpler, dafür aber umso aussagekräftiger: "Warum gibt es nicht überall Netz?" (sh)