Die Fallstricke im BPO-Geschäft

18.03.2004
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Doch gleichgültig, wohin ausgelagert wird, Unstimmigkeiten und Unzufriedenheit treten immer dort auf, wo Absprachen im Vorfeld der Outsourcing-Entscheidung nicht präszise genug getroffen wurden. "In den Verträgen, die ich bislang bei unseren Klienten gesehen habe, war der Großteil der Leistungen überhaupt nicht dokumentiert", wundert sich Avinci-Vorstand Schulz. "Dann entstehen Probleme zwangsläufig, denn der Outsourcer und der Kunde sind beide frustriert." Schulz mahnt daher nicht allein eine klare Servicedefinition an, sondern auch eine eindeutige Outsourcing-Strategie der Kunden, denn wo der vertikale BPO-Betrieb auf das horizontal ausgelegte IT-Outsourcing trifft, leidet die Effizienz der jeweiligen Abläufe und droht ein Zwist zwischen allen Beteiligten.

Exklusivität meiden

Kollisionen drohen etwa dann, wenn zunächst die IT- und im zweiten Schritt die HR-Abteilung ausgelagert werden. Die vom HR-Dienstleister übernommenen Mitarbeiter arbeiten dann mit PCs und in Systemen, die dem Auftraggeber nicht gehören, weil sie bereits an den IT-Outsourcer übergeben wurden. Lösungen sind in solchen Fällen über Change-Requests möglich, in der Regel aber sehr teuer. "Möglicherweise ist der Königsweg, mit dem Business Process Outsourcing zu beginnen, denn dort ergeben sich im Verbindung mit dem Offshoring die größeren Skaleneffekte als im IT-Outsourcing", vermutet Schulz. "Bislang haben wir aber noch keine verlässlichen Daten über die verschiedenen Szenarien, um unsere Klienten sauber beraten zu können."

Die vermeintliche Lösung des Single-Sourcings halten Schulz wie auch sein Avinci-Kollege Krameyer für den denkbar schlechtesten Weg. "Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die Servicequalität unter fehlendem Wettbewerb leidet. Der Dienstleister wird träge", warnt Krameyer. "Mit einem gut aufgestellten internen Sourcing-Management lassen sich auch mehrere externe Dienstleister gut steuern." Auch ließe sich die Automobilindustrie mit ihrer langjährigen Erfahrung zu Rate ziehen. Das gilt insbesondere für das Ford-Werk in Köln-Niehl, bei dem im Frühjahr 1998 drei Tage lang die Produktionsbänder für die Modelle Fiesta, Puma und Scorpio still standen, weil der exklusive Türschlosslieferant Kiekert aus dem nahe gelegenen Heiligenhaus nicht liefern konnte. Der Schaden für Ford belief sich auf mehr als 100 Millionen Mark. Offiziell machte Kiekert Softwareprobleme für den Lieferstopp geltend, doch gilt es als offenes Geheimnis in der Branche,

dass das Kiekert-Management Druck auf die laufenden Verhandlungen mit Ford ausüben wollte. Das Ergebnis der Gespräche ist nicht bekannt, wohl aber die neue Ford-Strategie: Neben Kiekert gibt es nun einen zweiten Lieferanten für Türschlösser.