Die CRM-Weisen haben gesprochen

29.10.2002
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Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.

Laut Martin muss CRM umfassend betrieben werden und erfordert ein diszipliniertes und handwerkliches Vorgehen, das mit der Entwicklung einer Strategie und der kundenbezogenen Prozessmodellierung beginnt. Ferner müssen Kunden systematisch kategorisiert und bewertet werden, es gilt Vertriebskanäle zu integrieren und Mitarbeiter für CRM zu motivieren. Auch entstehen neue funktionale Rollen im CRM: So müsste es beispielsweise die Position eines „Chief Customer Officers“ geben, der die Interessen der Kunden im Unternehmen vertritt und so die CRM-Strategie überwacht. Das gesamte CRM-Programm sollte durch ein „Program Management Office“ koordiniert und verwaltet werden. Anwender müssen laut Martin außerdem mehr als die bisherigen fünf Prozent ihres CRM-Budgets in ein Change-Management investieren, um Kundeninformationen abteilungsübergreifend zusammentragen zu können. Schließlich darf auch die Analyse von Kundendaten nicht

länger fehlen. Nur auf der Grundlage ihrer Resultate lässt sich die Interaktion mit dem Kunden individuell zuschneiden.

Manfred Krafft, Professor am Otto-Beisheim-Stiftungslehrstuhl für Marketing an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz, fügt hinzu, dass laut Untersuchungen die Misserfolgsquote von CRM-Projekten derzeit bei 70 Prozent liegt und CRM-Technik eindeutig einen Kosten- und Frustrationstreiber darstellt. Kein Unternehmen sollte sich daher blindlings in das Abenteuer CRM stürzen. Vielmehr gelte es vorab sogar grundsätzlich zu prüfen, ob die Adressaten überhaupt „Beziehungskunden“ sind (und nicht Kunden von Vertriebskanälen oder Discountern) und ob langjährige, treue Kunden es wirklich wünschen, in ein CRM-Konzept eingebunden zu werden.

Zudem wird die CRM-Orientierung laut Krafft auch künftig kein Allheilmittel sein. „In zehn oder 20 Jahren noch viele, sehr erfolgreiche Unternehmen existieren, die keine CRM-Strategie verfolgen.“ So gebe es heute kleine Unternehmen, die nicht zuletzt wegen ihrer intensiveren Kundenbetreuung Erfolg hätten, während manche große Firmen durch ein Zuviel an CRM-Technik scheiterten. Grundsätzlich erwartet aber auch Krafft, dass sich mit einer CRM-Strategie langfristig Neukunden gewinnen und bestehende Kunden halten lassen. Dabei stimmt er seinem Expertenkollegen Martin zu, dass die Kunden professionell analysiert und bewertet werden müssen. Ein Viertel der Unternehmen mit CRM-Lösungen tut dies bisher nicht.

Ein Trend der nächsten Zeit wird es sein, dass sich mittelständische Unternehmen mehr als bisher mit CRM auseinander setzen, prognostiziert Peter Winkelmann, Leiter des Studienschwerpunkts Marketing und Vertrieb im Fachbereich Betriebswirtschaft der Fachhochschule Landshut. Für ihn ist der Weg in die mit CRM verbundene Prozess- und Kanalintegration vorgezeichnet, „da gerade kleine und mittlere Unternehmen dem Kostendruck, der Internet-Revolution und auch den steigenden Qualitätsanforderungen von Großkunden und Großlieferanten nicht ausweichen können“.

CRM biete dem Mittelstand zugleich eine gute Chance, sich für den scharfen Wettbewerb vertrieblich auszurüsten, meint Winkelmann. Die Firmen könnten mit Hilfe der CRM-Werkzeuge ihre tägliche Arbeit schneller, gezielter und kostengünstiger als bisher erledigen. Und CRM fördere die Entwicklung hin zu einem denkenden, rechnenden, kurz: intelligenten Kunden-Management. Allerdings sind die heute erhältlichen CRM-Produkte für den Unternehmensberater und Marktkenner Wolfgang Schwetz noch verbesserungsfähig, zumal ihre geringe Akzeptanz bei den Anwendern zu den häufigsten Ursachen für ein Scheitern von Projekten zählt.