Der Linux-Kurs des blauen Supertankers

01.06.2001

JOLLANS: Erstens ist IBMs Strategie E-Business. Das Internet basiert seit jeher auf offenen Standards wie TCP/IP und HTML, und das wird weiterhin so sein. Linux bietet offene Standards für Applikationen und Middleware, die unmittelbar auf das Betriebssystem aufsetzen. Also nehmen wir an, dass Linux das E-Business vorantreiben wird und sich folglich die Marktchancen für IBM verbessern.

Zweitens ist Linux das erste Betriebssystem der Geschichte, das sich von der Armbanduhr bis zum Supercomputer skalieren lässt. Es läuft auf der gesamten IBM-Hardware von der Intel-basierenden X-Serie zu den Mainframes der Z-Serie. Das macht es möglich, Applikationen schneller über ein ganzes Maschinenspektrum anzupassen - sowohl unsere eigenen Programme als auch die von unabhängigen Softwarehäusern.

Drittens bewegt sich die Welt von der Phase proprietärer Systeme auf eine Ära offener Systeme zu, und Linux ist ein bedeutender Teil dieser Entwicklung. In dieser Welt stehen die IT-Anbieter über die Qualität ihrer Implementierungen im Wettbewerb: Wie schnell ist ihre Hardware, wie zuverlässig ihre Software? Wir glauben, IBM hat die beste Hardware und Software der Welt. Also ist eine offene Welt gut für uns.

CW: Ist Linux für IBM nur ein Mittel, um mit geringerem finanziellen Aufwand als bei der Weiterentwicklung und Pflege vieler eigener Betriebssysteme zu arbeiten?

JOLLANS: Linux ist für die gesamte IT-Welt ein Weg, ihre Ressourcen auf ein einziges, gemeinsames Betriebssystem zu konzentrieren, statt proprietäre Betriebssysteme zu entwickeln. Bisher werden eigentlich nicht so neue Techniken - virtuelle Speicher, symmetrisches Multiprocessing, Journaled File-Systeme oder Debugging-Tools - für neue Hardware immer wieder programmiert. Das Neue an Linux ist, dass es offen und sehr portabel ist.

CW: Könnte für IBM die Open-Source-Business-Maxime Dienstleistungen statt Lizenzen attraktiv sein?