WLAN als Festnetz-Ersatz

Dem Telefon geht's ans Kabel

30.05.2012
Von Michael Tennefoss

Alternative zu Port-basierenden Lösungen

Port-basierende Netzarchitekturen legen Anwendungen auf spezifische drahtlose SSIDs (Service Set Identifier) und VLANs (Virtuelle LANs) mit der gewünschten Qualität. Doch arbeitet das jeweilige VLAN nur mit der Anwendung optimal, für die es konfiguriert wurde. Zudem erzeugt jeder SSID bandbreiteintensiven Datenverkehr. Ein einziges Prioritätsprofil pro VLAN erschwert es, Echtzeitverkehr zu isolieren und bevorzugt zu behandeln. Bei Geräten am VLAN, die Quelle und Ablauf mehrerer Datenströme sind, ist unklar, wo der Datenverkehr die VLAN-Grenzen überschreiten darf. Das beeinträchtigt die Sicherheitsfunktionen des Netzwerks.

Intelligentere Wireless-Architekturen erkennen individuelle Anwender, Geräte und Applikationen und ordnen sie Rollen mit spezifischen Regeln zu - Gäste bekommen zum Beispiel weniger Bandbreite als Angestellte. Sie unterscheiden zwischen unterschiedlichen Gerätetypen und wenden Regeln an, die zu ihnen passen.

Schließlich analysieren sie auch den Inhaltsteil der Datenpakete (DPI - Deep Packet Inspection), um Echtzeit-Datenverkehr zu identifizieren, zu isolieren und zu priorisieren. Sie unterscheiden dabei mehrere Datenströme, auch wenn diese von demselben Gerät ausgehen. Netze, die jeden Anwender erkennen, können so mit nur einer SSID die gewünschte Servicequalität für jede Anwendung auf jedem Gerät garantieren. Ihre Heuristik erkennt sogar verschlüsselte Sprach- und Videopakete und behandelt sie adäquat. In Netzen mit verkabelten und drahtlosen Segmenten verarbeiten anwendungssensitive Netzwerke für konstante Performance DiffServ-Codepunkte (DSCP) im verkabelten Bereich und WLAN-Multimedia-Tags (WMM) gemeinsam.

Besondere WLAN-Features in Lync

Vier Eigenschaften sind für Smartphone-UC-Anwendungen auf Microsoft-Lync-Servern besonders wichtig:

Applikations-Fingerprinting: Lync arbeitet bei der sicheren Kommunikation zwischen Anwendern mit verschlüsseltem SIP und gesicherter Transportschicht (SIP-TLS). Verschlüsselte Daten lassen sich mit traditionellen Methoden kaum identifizieren und priorisieren. Weil anwendungssensitive Netze, statt den Signalaustausch auszuwerten, Fingerprinting für die Echtzeitanalyse des Datenverkehrs nutzen, können sie trotz Verschlüsselung den Datenfluss im Netz steuern.

Call Admission Control (CAC): Der Lastausgleich zwischen Access Points berücksichtigt nicht die Anforderungen aktiver Sprach- und Videosessions. Das Netz erkennt die Anwendungen der einzelnen Calls und sorgt dafür, dass nie zu viele Anrufe eines Typs zugelassen werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen CAC-Lösungen mit Schwellenwerten für die Zahl sprachfähiger Clients legen anwendungssensitive Netze tatsächlich genau fest, wie viele aktive Sprach- und Videosessions gleichzeitig erlaubt sind. Erreicht die aggregierte Call-Bandbreite auf einem AP die vordefinierte Schwelle, verteilt das Funknetz überzählige Lync-Clients automatisch an benachbarte APs. So bleibt die Anrufqualität aller Anwender auch in überfüllten WLAN-Umgebungen erhalten.

RF-Spektralmanagement: Echtzeitanwendungen leiden unter schlechten Funkbedingungen. Deshalb optimieren anwendungssensitive Netze automatisch die WLAN-Clients und sorgen dafür, dass APs keine Interferenzen erzeugen. Ohne Clients abzuhängen oder Anwendungen zu unterbrechen, passen sie Kanal- und Energieverbrauchsdefinitionen automatisch an das Netz an. Dadurch bekommen Lync-Clients automatisch optimale Kanäle, Frequenzen und APs. "Airtime Fairness" verteilt die Bandbreite gleichmäßig an die Clients.

Funkbandwechsel: Kann ein WLAN-Client sowohl im 2,4- als auch im 5-GHz-Funkband arbeiten, steuert das Netz das Gerät ins 5-GHz-Band, um mehr Bandbreite auf dem 2,4-GHz-Band freizulegen und so jeden Lync-Client optimal zu versorgen.