Microsoft Office Graph und Delve

Das persönliche Schwarze Brett

29.09.2014
Von 
Axel Oppermann beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Social Enterprise, Cloud Computing und Microsoft hineinfällt. Axel schreibt auf Computerwoche als Experte zu den Themen Enterprise Cloud, Digital Enterprise und dem IT-Lieferanten Microsoft. Als IT-Analyst berät er Anwender bei der Planung und Umsetzung ihrer IT-Strategien. Axel ist Geschäftsführer des Beratungs- und Analystenhaus Avispador aus Kassel. Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE

Was ist Delve?

In einem Satz erklärt, ist Delve ein natives Tool, welches Informationen aus dem Office Graph herauszieht und darstellt. Dabei werden ausschließlich Inhalte berücksichtigt, auf die der einzelne Endanwender Zugriffsrechte besitzt.

Mit der Applikation Delve bringt Microsoft den persönlichen Assistenten zu jedem Wissensarbeiter. Delve stellt alle als relevant erachteten Informationen und Beziehungen aus Office 365 zum ermittelten richtigen Zeitpunkt oder auf Knopfdruck übersichtlich dar. Es handelt sich dabei also um eine Oberfläche, auf der die relevanten Dokumente und Kontakte individuell angezeigt und angeboten werden. Grundlage von Delve ist Office Graph als selbstlernender Algorithmus, der die wichtigsten Informationen zusammenstellt.

Wie können Unternehmen hiervon profitieren?

Zurzeit sind Office Graph und Delve nur für Office 365 verfügbar. Microsoft stellt die Lösung und Applikation zunächst in den Office-365-Enterprise-Plänen E1 bis E4 und den vergleichbaren Serviceplänen für "Government" und "Academics" bereit. Für die Business-Pläne erfolgt die Bereitstellung im kommenden Jahr.

Auch bedingt durch die Komplexität der Lösung handelt es sich bei Office Graph um eine Cloud-Lösung. Die Anbindung an On-Premises-Installationen - beziehungsweise für die Nutzbarmachung in hybriden Strukturen - ist nur eine Frage der Zeit. Für den Erfolg ist eine hybride Datenbelieferung aus der Office-Welt und die Integration von anderen Quellen entscheidend. Um eine solche Einbindung aus anderen Systemen zu ermöglichen, wird an der Bereitstellung entsprechender APIs gearbeitet. Auch Entwickler bekommen die Möglichkeiten, auf Basis des Office Graph eigene Anwendungen zu entwickeln.

Die ersten Versionen von Delve sind als Windows-8.x-App und als browser-basierte Version verfügbar. Da Office für Microsoft mittlerweile eine originäre Cross-Plattform-Lösung ist, werden auch für andere - mobile - Plattformen entsprechende Apps erwartet.

Das Charmante an Delve und Office Graph ist, dass es sich zwar einerseits um eine fundamentale Umwälzung der Informationsorganisation in Unternehmen und durch Mitarbeiter handelt; andererseits hierfür keine großen Installations- oder Migrationsprojekte notwendig sind. Die neuen Anwendungen können parallel zu der bisherigen Umgebung genutzt werden. Somit kann der Anwender selbst bestimmen, wie schnell und in welchem Umfang er die neuen Lösungen nutzen will. Auch die Unternehmen können selbst bestimmen, in welchem Tempo sie den einzelnen Mitarbeitern die Services anbieten möchten. In anderen Worten: Die Organisationsagilität ist nicht mehr länger von der Leistungsfähigkeit - bzw. der IT-Agilität - abhängig.

Dennoch spielt die Unternehmens-IT weiterhin eine enorm wichtige Rolle. Sie zeichnet unter anderem für die Grundlagen des Rechtemanagements und die Integration weiterer Datenquellen und Anwendungen verantwortlich.

Quintessenz

Microsoft ist heute der einzige Anbieter, der es ermöglicht, nahtlose Office-Systeme über Server, Client oder Services bereitzustellen. Auch wenn insbesondere in Deutschland nicht immer alle Änderungen sofort auf Wohlwollen und offene Ohren gestoßen sind, boten die Neuerungen teilweise bereits Jahre im Voraus Antworten auf Fragen, die sich viele Verantwortliche in Unternehmen noch gar nicht gestellt hatten. Die technischen Antworten auf die organisatorischen oder gesellschaftlichen Fragen waren im Unternehmen daher nicht immer sofort technisch und organisatorisch umsetzbar. So ist ein Office-365-Tenant zwar schnell aufgesetzt, die Migration von Daten, die Anpassung der Prozesse und die Akzeptanz bei Anwendern dauert allerdings.

Bei Office Graph und Delve gibt es jedoch an entscheidenden Punkten Unterschiede: Einerseits ist Microsoft bei seinen Office-Erweiterungen auf der Höhe realer Probleme; die ökonomischen Realitäten und die Anforderungen der Anwender zwingen Unternehmen nämlich, die Wissensarbeit zu erleichtern, zu verbessern und zu modernisieren. Hierbei geht es zunächst nicht darum, dass Maschinen oder Algorithmen mit Menschen konkurrieren; vielmehr kommt es darauf an, Rückkopplungssysteme einzubinden, die die Rolle eines Assistenten übernehmen.

Andererseits bietet der hohe Grad der Integration in die Office-365-Welt und die damit verbundenen geringen technischen Aufwände für die Einführung den Unternehmen Vorteile. Eine schnelle, bedarfsgerechte Bereitstellung kann somit erfolgen. Hohes Augenmerk sollte auf jegliche Art von Rechteeinstellungen gelegt werden.

Eine abschließende Empfehlung

Entscheider in Unternehmen, seien es IT-Leiter, Fachabteilungsleiter oder Verantwortliche für die Organisationsentwicklung, sollten sich mit Lösungen wie Office Graph und Delve beschäftigen. Sie sollten beide aktiv testen und auf Basis der Erfahrungen eigene Produktivitätsanwendungen einführen. Dabei ist es wichtig, die Lösungen und Apps als Option, als zusätzlichen Analyse- und Präsentationslayer zu sehen und nicht als eine Entweder-oder-Entscheidung. (bw)