CRM-Markt: Angeschlagen, aber nicht K.o.

17.11.2003
Von Wolfgang Schwetz

Auch die Update Software AG, Wiener CRM-Anbieter der ersten Stunde, schrieb nach dem Börsengang im April 2000 eine Leidensgeschichte, die mit dem ersten Quartalsbericht und dem Absturz des Aktienkurses Ende Juni 2000 ihren Anfang nahm. Jetzt beginnen die Restrukturierungsmaßnahmen des Sanierungs-Managements zu greifen, und der im November 2002 neu ernannte Vorstand kann trotz der konjunkturellen Flaute wieder Neukundenabschlüsse und positive Quartalsergebnisse melden.

Trotz des Erfolgs von SAP und anderen großen ERP-Herstellern, sich als Nachzügler auf dem CRM-Markt zu etablieren, bleibt für spezialisierte Nischenanbieter ein ausreichend großes Stück von Kuchen. Der bevorstehende Markteintritt von Microsoft dürfte jedoch umsatzschwache Kleinanbieter ohne Branchenausrichtung in Bedrängnis bringen.

Der Kampf um Marktanteile wird an verschiedenen Fronten geführt. Auf der einen Seite haben ERP-Anbieter in der Vergangenheit versucht, sich durch Übernahmen CRM-Kompetenz zu sichern (JDE mit Youcentric, Sage mit Saleslogix, S1 mit Point im Bankensektor, SSA mit Baan in der mittelständischen Fertigungsindustrie, Mapics mit Frontstep). Andere ERP-Hersteller schlossen Partnerschaften wie Command AG mit Team 4 und SAP oder Soft M mit Globalware. Eigene CRM-Module haben die ERP-Anbieter Industrial Application Software (IAS), Infor Business Solutions AG, Intentia und Bison Schweiz AG entwickelt, um nur einige zu nennen.

Für die kleinen bis mittelständischen Anbietern stellt sich die Frage nach ihren Überlebenschancen gegenüber den mächtigen Softwarekonzernen. Hier zeigt sich immer wieder, dass eine konsequente Nischen- und Branchenspezialisierung zu einem fast unaufholbaren Know-how-Vorsprung führt. Dieser drückt sich einerseits dadurch aus, dass die Mitarbeiter solcher Firmen die Sprache der jeweiligen Branche sprechen und damit zu wertvollen Beratern ihrer Kunden werden. Andererseits führt die Spezialisierung auf Best-of-Breed-Lösungen zu einer wesentlich höheren Abdeckung der jeweiligen Branchenanforderungen bereits in der Standardlösung. Dadurch können aufwändige und teure Anpassungen weitgehend entfallen. Beispiele derart erfolgreicher Spezialisten sind die CAS GmbH, die zum Marktführer in der Konsumgüterbranche wurde. Auf dem Energiesektor hat die Cursor Software AG seit der Konzentration auf diese Branche zu einer ähnlich dominierenden Marktposition und kontinuierlichen Umsatzzuwächsen gefunden.

Microsoft ante portas

S1 besetzt seit der Übernahme der Point GmbH eine führende Position im Bankensektor, ebenso wie die auf den Versicherungsmarkt spezialisierte FJH AG. Im Pharmamarkt behaupten sich mit Easycom, Regware, Dendrite und Cegedim gleich mehrere Anbieter. Ihnen allen ist gemein, dass man sie außerhalb ihrer Branche kaum wahrnimmt. Sie treten meist nur auf Branchenevents auf und haben bei Ausschreibungen gegenüber den branchenneutralen "Alleskönnern" oftmals die besseren Chancen.

Diese Branchenspezialisten und Nischenanbieter werden auch gegen Microsoft gute Karten haben, wenn die Gates-Company etwa Ende des Jahres mit ihrer eigenen CRM-Suite auf den deutschen Markt drängen wird. Der in den USA entwickelten CRM-Lösung für den Mittelstand fehlt die Branchenausrichtung, die den Anwendern die notwendige Sicherheit gibt und kurze Einführungszeiten erwarten lässt. Hier ist Microsoft auf die Kundennähe und die Branchenkenntnisse von Partnern angewiesen, was auch dazu führen kann, dass künftig so mancher Anbieter auf die Basistechnik von Microsoft setzt und branchenspezifische Zusatzmodule entwickelt.

Für Anwender wird die Auswahl des richtigen Anbieters und seiner CRM-Lösung durch die anhaltende Dynamik dieses Marktes und die zunehmende Vielfalt des Lösungsangebots nicht einfacher. Viel entscheidender als eine hohe Funktionserfüllung der Software wird in Zukunft die Frage sein, ob es den auserwählten Anbieter in fünf Jahren noch geben wird. Indikatoren dafür sind neben der Technik eine kontinuierliche Entwicklung der Umsätze, zufriedene Stammkunden, qualifizierte Mitarbeiter und ein kreatives Management. Wem es in diesem turbulenten Markt in der Vergangenheit gelungen ist, ausschließlich als CRM-Anbieter erfolgreich zu sein, der wird mit einiger Wahrscheinlichkeit auch künftig zu den Gewinnern dieser Branche zählen.