CRM-Markt: Angeschlagen, aber nicht K.o.

17.11.2003
Von Wolfgang Schwetz
Der CRM-Markt hat in den vergangenen Jahren turbulente Zeiten durchlebt und war von zahlreichen Insolvenzen und Übernahmen geprägt. Eine Beruhigung ist kaum zu erwarten, zumal der Markteintritt von Microsoft bevorsteht.

Software für das Kundenbeziehungs-Management gibt es inzwischen seit sechs Jahren. US-amerikanische Analysten prognostizierten 1997 ein jährliches Wachstum von 40 Prozent für den entstehenden Markt. Hätten sie Recht behalten, würden heute rund 60 Prozent aller deutschen Unternehmen professionelle Customer-Relationship-Management-(CRM-)Systeme einsetzen. Die Realität liegt bei etwa einem Drittel.

Bild: Photodisc
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Legt man zusätzlich eine weitere Aussage von US-Analysten zugrunde, wonach rund 60 Prozent aller CRM-Projekte scheitern, würden 10.000 deutsche Unternehmen ihre Kunden erfolgreich mit CRM-Systemen betreuen. Bei mehr als 100 Anbietern im deutschsprachigen Raum ergäbe dies im Durchschnitt 20 Neukunden pro Hersteller und Jahr. Auch wenn man den Zahlenspielen der US-Analysten hierzulande nicht so recht glauben mag, ist dies in Zeiten wie diesen eine durchaus respektable Größenordnung, mit der sich viele Hersteller anfreunden können.

Von den hiesigen Anbietern beschäftigen 62 Prozent zwischen einem und 20 Mitarbeiter. Etwa ein Viertel der Anbieter führt zwischen 21 und 50 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste. Knapp 15 Prozent verfügen über eine Personalstärke von über 50. Die 15 größten Softwarehersteller dürften nach eigenen Schätzungen rund die Hälfte des Jahresumsatzes von einer halben Milliarde Euro auf sich vereinigen. Das heißt umgekehrt, um die andere Hälfte kämpfen rund 90 Anbieter. Daraus ergibt sich ein Durchschnittsjahresumsatz von knapp drei Millionen Euro. Ob das angesichts des bevorstehenden Markteintritts von Microsoft zum Überleben reichen wird, muss bezweifelt werden. Immerhin kann das ungebrochene Engagement des Betriebssystem-Monopolisten im CRM-Markt als Indiz für dessen künftige Attraktivität gewertet werden. Der Anteil ausländischer Anbieter hat seit 2001 ständig zugenommen, von 26 Prozent auf heute 36 Prozent, wobei der Anteil an Anbietern aus den USA bei 45 Prozent stagnierte.

Unrealistische Prognosen

Zweifellos blieb die Nachfrage nach CRM-Software nach dem kurzen, durch die Deregulierung im Telecom- und Energiemarkt ausgelösten B-to-C-Boom vor allem im B-to-B-Sektor hinter den teilweise unrealistischen, meist von jenseits des Atlantiks geprägten Erwartungen vieler Anbieter deutlich zurück. Wenn man hingegen diese beiden Marktsegmente differenziert betrachtet, zeigt sich, dass aus dem B-to-B-Markt seit Jahren eine kontinuierliche Nachfrage nach Systemen für das Kundenbeziehungs-Management kommt. Diese liegt zwar deutlich niedriger als Analysten für den Gesamtmarkt pauschal prognostizierten; dafür lastet sie aber die überwiegend mittelständischen Anbieter kontinuierlich aus. Bodenständige CRM-Anbieter im deutschsprachigen Markt ließen sich auch kaum zu waghalsigen Venture-Capital-Manövern verleiten und blicken heute zufrieden auf die moderate Aufwärtsentwicklung ihrer Geschäftszahlen. Positive Beispiele liefern unter anderem die Adito GmbH, CAS Software AG, CAS GmbH, Cursor Software AG, Frontrange, Selligent und Superoffice. Dass sich der Lizenzumsatz tendenziell seit 2000 rückläufig entwickelte und das Wartungs- und Servicegeschäft mit Bestandskunden dominiert, musste nicht nur Weltmarktführer Siebel erfahren, der in der Folge umfangreiche Restrukturierungsprogramme startete. Auch den Mitbewerbern im oberen Marktsegment, Oracle, Peoplesoft und SAP, erging es ebenso wie dem Rest der Szene.

Die CRM-Softwarebranche befindet sich seit Jahren auf Konsolidierungskurs. Von den 114 Anbietern der Vorjahresausgabe des CRM-Marktspiegels (www.schwetz.de) schieden knapp ein Viertel aus. So mussten Gedys AG, Officekomfort und SEV Insolvenz anmelden. Auch die Bäurer-Tochter TPS Labs, ein im kurzen Venture-Capital-Zeitalter respektabler Anbieter, stellte im Mai dieses Jahres nach zwei Insolvenzanträgen den Betrieb ein. Andere Anbieter fielen Übernahmen zum Opfer. Dazu zählen die Aufkäufe von Baan durch SSA, von J.D. Edwards durch Peoplesoft und Brainware durch ABI Informatic.

Konsolidierung hält an

Dass derartige Akquisitionen mit positiven Synergieeffekten verbunden sein können, zeigt das Beispiel der konsequent auf den Bankensektor spezialisierten S1 und seiner Übernahme der Münchner Point im April 2002. Außerdem kamen 20 neue Anbieter hinzu, unter anderem die Bison AG, Connectivity, Consolidate, Intentia, Lampeitl, der Lotus-Notes-Anbieter YouAtNotes und der Web-Spezialist Salesforce.com.