Neuausrichtung und harter Sparkurs zahlen sich aus

Compaq-Chef Pfeiffer bringt den PC-Cloner wieder auf Erfolgskurs

19.02.1993

"Compaq ist als Leader wiederauferstanden - und staerker denn je zuvor." Eckhard Pfeiffer konnte sich vor der Muenchner Fachpresse vollmundige Sprueche erlauben, denn die Bilanz fuer das Geschaeftsjahr 1992 laesst sich sehen: Der Gesamtumsatz stieg gegenueber 1991 um 24,2 Prozent von 3,3 auf 4,1 Milliarden Dollar, was eine neue Rekordmarke in Compaqs elfjaehriger Firmengeschichte darstellt. Beim Gewinn schafften die Texaner zwar keine neue Bestmarke, dies war aber nach dem boesen Einbruch 1991, als der Profit von 455 auf 131 Millionen Dollar zusammenschmolz, auch nicht zu erwarten gewesen. 1992 verdiente die PC-Schmiede 213 Millionen Dollar und steigerte sich damit gegenueber dem Vorjahr um 63 Prozent.

Dass Compaq derart schnell wieder an glanzvolle Zeiten anknuepfte, ist sicherlich der konsequenten Neuausrichtung, aber auch den harten Kostensenkungsprogrammen zuzuschreiben, die Eckhard Pfeiffer mit der Amtsuebernahme im Oktober 1991 einleitete. Mit den "Prolinea"- und "Contura"-Rechnerlinien stiegen die Texaner Mitte des Jahres in das Low-end-Geschaeft ein, drehten fortan die Preisspirale drastisch nach unten und lehrten nicht weniger Kontrahenten das Fuerchten. Darueber hinaus gestattete die neue Produkt- und Preispolitik auch, neue Vertriebswege zu erschliessen. War man zuvor ausschliesslich ueber Fachhaendler aktiv, so wurde laut Pfeiffer mittlerweile "die gesamte Palette der Distributionskanaele einschliesslich Einzelhandel erschlossen".

Mit dem Erfolg der noch vor einem Jahr nicht unumstrittenen Strategie der Billig-PCs scheint auch das Selbstbewusstmsein der Compaq-Mannen in Texas wiedererstarkt zu sein. So liess sich Pfeiffer beim Blick auf den derzeitigen freien Fall der IBM zu der Bemerkung hinreissen: "Die Reorganisation der IBM wird lange dauern. Dies ist unsere Chance, im PC-Geschaeft die Marktfuehrerschaft zu uebernehmen." Angesichts der von Dataquest ermittelten Marktverteilung fuer 1992, die IBM mit 12,4 Prozent Anteil noch immer an der Spitze und Compaq mit 6,6 Prozent an der dritten Stelle sieht, duerfte den Texanern hier allerdings noch ein hartes Stueck Arbeit bevorstehen.

Wie schon im Vorjahr steuerte das Europa-Geschaeft 1992 den Loewenanteil zum Jahresumsatz bei. Andreas Barth, Senior Vice- President Europe, erklaerte sichtlich zufrieden: "Mit einem Umsatz von 1,9 Milliarden Dollar und einem Anteil von 56 Prozent am Gesamtgeschaeft waren wir fuer Compaq 1992 wieder die groesste Region in der Welt." Im Vorjahr hatte die Europa-Division mit rund 1,7 Milliarden Dollar an die 53 Prozent zu den Gesamteinnahmen beigetragen. Dass sich die starke Position der Europaeer im Compaq- Verbund auch 1993 halten laesst, scheint zweifelhaft. Wirtschaftsexperten sagen Europa fuer das laufende Kalenderjahr gerade noch 1,2 Prozent Wachstum voraus. Dabei, so Pfeiffer, sehe er 1993 speziell fuer Deutschland als schweres Jahr an.

Die deutsche GmbH konnte schon 1992 in Sachen Umsatz nicht mit dem Vorjahresniveau Schritt halten. Zwar kam die Muenchner Tochter mit den Lieferungen in Laender ohne eigene Niederlassungen insgesamt auf einen Umsatz von 696 Millionen Mark, was gegenueber den 631 Millionen Mark im Vorjahr einer Steigerung von 10,3 Prozent entspricht. Das reine Inlandsgeschaeft aber duerfte Geschaeftsfuehrer Kurt Dobitsch nicht erfreut haben: Die Einnahmen gingen von 523 auf 517 Millionen Mark zurueck. Dobitsch begruendete die flache Umsatzentwicklung mit massiven Preissenkungen im zweiten Halbjahr.

Trotz der anhaltenden Rezession in einzelnen Laendern Europas und dem erwarteten Konjunkturloch in Deutschland blickt Compaqs Topmanagement optimistisch auf das laufende Geschaeftsjahr. Laut Pfeiffer soll 1993 von den Neueinfuehrungen des Pentium-Chips sowie von Windows-NT gepraegt werden, darueber hinaus befinde sich die Standardisierung der 486-PCs in vollem Gange. Zur Preissituation im PC-Markt konstatierte der Compaq-Chef, noch sei keine Ende des Preiskampfes in Sicht. Er werde 1993 jedoch nicht so aggressiv gefuehrt werden wie 1992. Pfeiffer fuegte allerdings sofort hinzu, dass Compaq in jedem Falle konkurrenzfaehig bleiben werde, ganz gleich, wie sich die diesjaehrige Preisentwicklung gestalte. Dazu arbeite man nicht nur verstaerkt an der Produktkostenoptimierung, sondern auch an der Reduktion der Gemeinkosten. Pfeiffer: "Diese haben wir 1992 halbiert. Gleiches gedenken wir auch 1993 zu tun."

Dass der deutsche Vorzeige-Manager Compaq auch weiterhin auf Durchschlagskraft im PC-Markt trimmen wird, ist nach dem Verlauf des letzten Geschaeftsjahres unstrittig. Wie lange er allerdings noch an der Spitze der texanischen PC-Schmiede steht, scheint fraglich. Amerikanische Marktauguren sehen ihn nach seinen schnellen Sanierungserfolgen bei Compaq bereits als Nachfolger von John Akers das Zepter beim wankenden Computerriesen IBM schwingen. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt scheint Pfeiffer von einer solchen Aufgabe noch nichts wissen zu wollen. Zur Akers-Nachfolge befragt, sagte er kurz und buendig: "Ich stehe dafuer nicht zur Verfuegung."