Videokonferenzen helfen - mehr nicht
Natürlich geht es nicht ohne Videokonferenzen. Sie können einen positiven Effekt auf die gesamte Mannschaft haben: "Man spricht dann auch über Themen, die nichts mit dem Projekt zu tun haben", sagt der ehemalige Danone-Manager Kollig. Das ersetze zwar keinen persönlichen Kontakt. "Aber es ist gut, wenn man auch über private Dinge plaudert. Zwischen den Zeilen wird da sehr viel mehr mitgegeben", sagt Höhne. Daher seien Videokonferenzen in virtuellen Teams sinnvoller, als nur per E-Mail zu kommunizieren. Nur muss sich der Chef darüber im Klaren sein, dass Videokonferenzen nur Hilfsmittel sind. "Die weitaus größere Herausforderung ist es, Arbeitsweisen und Kommunikationsverhalten der Virtualität anzupassen", sagt Kollig. Virtuelle Teams erfordern auch von den Chefs ganz neue Fähigkeiten.
Der Chef muss delegieren
Teamleiter sollten sich bewusst sein, dass klassische Hierarchien in virtuellen Teams nicht mehr funktionieren. "Der Chef ist eher Moderator und sollte partizipativ führen", sagt App. Kann er nicht delegieren, wird das Projekt schnell zur Katastrophe. "Delegation bedeutet in dem Kontext Aufgabenstellung, Herangehensweise und Arbeitseinteilung primär dem Mitarbeiter zu überlassen", sagt Kollig. Dafür muss ein CIO auch bereit sein. Er muss sich, so Kollig, die Frage stellen: "Bin ich als Führungskraft willens und in der Lage, Aufgaben weitestgehend zu delegieren und Erfolg fast ausschließlich am Ergebnis zu messen?"
In virtuellen Teams brauchen Mitarbeiter Freiräume. "Die Führungskraft muss eine Art Coach sein", sagt auch Berater Döring. Er muss immer Ansprechpartner sein und die einzelnen Teilnehmer in die richtige Richtung schubsen. "Von einer Führungskraft werden in einem virtuellen Team andere Fähigkeiten verlangt als in Präsenzteams", sagt App. Zum Beispiel muss der Chef als Social Media Manager darum kümmern, dass die Activity Streams oder die Dokumentation richtig läuft.
Sind die Teams oder der Chef unerfahren, kann man sich auch jederzeit Hilfe von außen holen. "Ein Coach, der das virtuelle Projekt begleitet, kann dem Team zur Seite stehen", sagt App. Ein Coach kann etwa alle zwei Wochen bei Videokonferenzen dabei sein und früh daraufhin weisen, wenn sich ein Mitarbeiter nicht genug einbringt. Wem das zu teuer erscheint: Die Kosten für ein gescheitertes Projekt sind oft viel höher als die Kosten für einen Coach. Zudem fällt ein externer Trainer nur einmal an - lernt der Chef nicht aus seinen Fehlern, passieren die gleichen Fehler immer und immer wieder.
- Die 10 größten Probleme im Projekt-Management
Zu viele IT-Projekte sind nicht erfolgreich. Woran liegt es, dass die meisten Vorhaben anders laufen als gedacht? Und was ist dagegen zu tun? - Projektziele unklar
Verfassen Sie einen Projektauftrag, in dem die Ziele des Projekts schriftlich fixiert sind. Sprechen Sie diesen mit Ihrem Auftraggeber durch, und lassen Sie ihn unterschreiben. Unklarheiten sollten sofort beseitigt werden. - Zeitvorgaben unrealistisch
Oft macht das Management großen Druck, das Projekt in einem viel zu eng bemessenen Zeitraum durchzupeitschen. Zeigen Sie Alternativen auf, mit denen sich wirklich Zeit einsparen lässt, zum Beispiel durch Verzicht auf weniger wichtige Features. Machen Sie keine Zusagen, wenn der vorgegebene Termin absehbar nicht zu halten ist. - Mangelnde Abstimmung
Wer ist interessiert, betroffen und beteiligt? Wenn Sie diese Frage im Hinterkopf behalten, haben Sie schon alle Personen versammelt, die Sie im Rahmen Ihres Stakeholder-Managements berücksichtigen müssen. Stimmen Sie sich frühzeitig ab, informieren Sie offensiv über Ihr Vorhaben. - Fehlerhafte Kommunikation
Kommunizieren Sie zielgruppengerecht. Nicht jeder muss alles immer sofort wissen. Berücksichtigen Sie die verschiedenen Medien, und prüfen Sie, wie Sie die andere Person am wirkungsvollsten erreichen - per E-Mail, Telefon oder am besten immer noch in einem persönlichen Gespräch. - Überlasteter Projektleiter
Delegieren Sie als Projektleiter Ihre Aufgaben. Geben Sie Verantwortung an andere Teammitglieder ab und konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen Führungsaufgaben. Das schafft Freiräume und stärkt die Motivation Ihrer Kollegen. Wenn es das Projektbudget zulässt, führen Sie ein Projekt-Management-Office ein - Unrealistisscher Budgetrahmen
Ähnlich wie die Zeit ist auch das Geld häufig ein knappes Gut. Entwickeln Sie frühzeitig Szenarien, mit denen der Budgetrahmen gehalten werden kann, und vermeiden Sie es, Ihren Auftraggeber mit monatlich wiederkehrenden Forderungen nach Budgeterhöhungen zu frustrieren. - Schlampige Feinplanung
Phasen- und Meilensteinplanung sind ein guter Start, aber eine effiziente Planung hört damit noch nicht auf. Beschreiben Sie einzelne Arbeitspakete, und ordnen Sie ihnen Verantwortliche zu. Formulieren Sie alle Tätigkeiten aus, die innerhalb der Arbeitspakete zu erledigen sind. - Holpriges Berichtswesen
Halten Sie den Aufwand für das Reporting gering, um Ihre Mitarbeiter nicht mit dem Schreiben von Statusberichten zu nerven. Fragen Sie nur die wirklich wichtigen Daten ab, und entnehmen Sie so viele Steuerungsinformationen wie möglich aus bestehenden IT-Systemen wie SAP oder Projektplänen. - Fehlende PM-Methodik
Sorgen Sie für eine sauber aufgesetzte Methodik, wie Sie Ihr Projekt planen und steuern. Damit haben Sie schon viel gewonnen. Das Wissen können Sie in Kursen, beispielsweise bei der GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement), erwerben - oder mit einem externen Dienstleister einkaufen.
CIOs empfehlen Zweiergespräche
Um alle Mitglieder motiviert und informiert zu halten, sind Zweiergespräche sinnvoll: Auch SMA-CIO Gerald Höhne führt in virtuellen Teams immer wieder Zweiergespräche, um Problemen vorzubeugen und seine Teammitglieder besser kennen zu lernen. Der Chef sollte daher möglichst sensibel sein: "Eine Führungskraft muss kleinste Dinge sofort erkennen und ansprechen", sagt Berater Döring. Hier können kleinere Verhaltensweise schnell in einer Katastrophe münden. "Es ist wichtig, dass der Teamchef die Erwartungen so klar wie möglich kommuniziert. Wenn alle über das Gleiche reden, aber jeder etwas anderes meint, dann kann es nur schiefgehen", rät Höhne anderen Führungskräften. Eines müssen sich Leiter von virtuellen Teams bewusst sein: "Der Transformationsprozess passiert nicht automatisch", sagt Ex-Danone-CIO Michael Kollig. Einfach ein Präsenzteam in ein virtuelles Team umformen: Das kann nicht klappen.
Dieser Artikel stammt von unserer Schwesterpublikation CIO.de.