Change-Management erfordert psychologisches Geschick

15.10.2003

CW: Wie wichtig ist es, teure Berater zu engagieren? VAHS: Mit Blick auf die statistische Auswertung der Daten sind Berater kein Erfolgsgarant. Doch sie wirken in solchen Prozessen oft als Katalysatoren und Know-how-Träger. Das gilt vor allem für mittelständische Unternehmen, die sich keine Stabsabteilung mit einem eigenen Inhouse-Consulting leisten können. In der Analyse- und Planungsphase können Externe weiterhelfen. Ich halte allerdings nichts davon, wenn sich Berater nach der Planungs-phase zurückziehen und nur noch ihre Honorarnote schreiben. Unternehmen sollten genau prüfen, welche Leistung ein Berater erbringen kann.

CW: Sie betonen, dass ein exakter Zeitplan zum Erfolg beiträgt. Beziehen Sie sich dabei auf Prozessphasen beziehungsweise Meilensteine? VAHS: In der Praxis werden oft Veränderungsprozesse gestartet, in denen es einen Fahrplan für die Analyse und Planung gibt, aber für die Umsetzung fehlen die Vorgaben. Timing heißt, die einzelnen Projektschritte genau festzulegen, um ein "Versanden" zu vermeiden. Bei 58 Prozent der befragten Unternehmen gab es keinen offiziellen Projektabschluss, das Ganze ist einfach ausgelaufen. Das ist schade, denn hier vergeben Unternehmen Chancen. Die Mitarbeiter haben sich ja während des Prozesses angestrengt, haben Opfer gebracht. Die Amerikaner empfehlen im Rahmen von Change-Projekten, Erfolge ausgiebig zu feiern.

CW: Am Ende der Umstrukturierung sollte es also eine Party geben? VAHS: Ja, wieso nicht. Um den Lernerfolg zu verankern. Aus psychologischer Sicht ist es wichtig, auch während des Prozesses Verstärker einzubauen, das Erreichte in den Vordergrund zu stellen, und den Mitarbeitern zu sagen, dass das Unternehmen auf dem richtigen Weg ist. Firmen geben viel Geld für Beraterhonorare aus; sie sollten bei der Planung den Etat für die Party nicht vergessen.

Die Studie liefert Tipps für den erfolgreichen Wandel

An der Studie des Change-Management-Instituts der Fachhochschule Esslingen nahmen 178 Unternehmen aus dem Raum Stuttgart teil. Die befragten Firmen hatten einen einschneidenden Wandel hinter sich, über den sie in einem umfangreichen Fragebogen des Instituts berichteten.

 Außerdem führten die Forscher mit ausgewählten Betrieben vertiefende Interviews. "Weshalb haben Sie einen Change-Management-Prozess initiiert?", war eine der Fragen. Überraschenderweise nannten die Befragten als Gründe an erster Stelle den Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit sowie eine Steigerung der Rentabilität und der Umsätze. Erst an vierter Stelle kam die Senkung der Personalkosten.

Dietmar Vahs/Wolf Leiser: Change Management in schwierigen Zeiten. Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von Veränderungsprozessen. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2003. 136 Seiten, 29,90 Euro. ISBN 3-8244-0711-6.

So klappt der Wandel

1. Ziele klar und realistisch formulieren.

2. Systematische Planung des Veränderungsprozesses und methodisches Vorgehen; klar definierte Schritte festlegen.

3. Flexibilität auch während des Prozesses bewahren und Alternativen ermöglichen, falls äußere Umstände oder der Markt sich ändern.

4. Realistischer Zeitplan: Veränderungen oder Zwischenziele müssen innerhalb eines bestimmten Zeitraums erreicht werden.

5. Ausreichend Ressourcen bereitstellen.

6. Training der am Veränderungsprozess beteiligten Mitarbeiter in fachlicher, methodischer und psychologischer Hinsicht.