30 Jahre Brotkasten

C64 wieder aufgebaut und ausprobiert

11.06.2013
Von Benj Edwards

Tag 2: Der C64 geht online

Jetzt werden sich viele wohl fragen: Wie soll man mit einer 30 Jahre alten Maschine ernsthaft twittern können? Nun, es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder man macht's auf die "altmodische" Art, die wir in Kürze erläutern werden; oder man kauft sich einen modernen C64-Ethernet-Adapter und startet die "Breadbox 64" - einen nativen Twitter-Client, der im Jahr 2009 von Johan Van den Brande speziell für den Commodore 64 entwickelt wurde. Da wir uns aber vorrangig an den altmodischen Weg halten wollen, benutzen wir einen "simulierten Internet-Provider". Wer zur damaligen Zeit also Informationsdienste nutzen wollte, besorgte sich eine größere, leistungsstarke Maschine mit einem Modem und koppelte diese mittels seriellem Anschluss an den Commodore 64.

Etwas ähnliches versuchen wir, indem wir den C64 über einen seriellen Anschluss mit einem halbwegs modernen PC auf Linux-Basis verbinden. Auf dem Commodore lassen wir gleichzeitig einen Emulator für ein ASCII-Terminal laufen. Die beiden Maschinen miteinander zu verbinden entpuppt sich aber als komplizierter als gedacht. Auf dem C64 müssen wir auf ein Omnitrox Deluxe RS-232 Interface zurückgreifen. Dieses Interface verbindet sich mit dem I/O-Port des Commodore und wandelt die Signale so um, dass sie die Benutzung von Standard RS-232-Geräten erlauben. Mit einem Null-Modemkabel verbinden wir dieses Interface mit dem seriellen Anschluss des Linux-PCs. Einmal verbunden können wir auf das komplette Linux-System zugreifen.

Von da aus kann man E-Mails abrufen, durchs Web surfen und eben auch twittern. Zwar könnten einige nun denken, mit dem Commodore 64 über ein Linux-System zu arbeiten, sei quasi Betrug. So ist es aber mitnichten. Denn auch in den 80ern war es üblich, den C64 mit einem leistungsstärkeren PC zu verbinden, um Zugang zu größeren Computernetzwerken zu erhalten.

Unseren ersten Schritt mit dem C64 auf Twitter gehen wir mit einem Linux-basierten Kommandozeilen-Programmnamens Twidge.

Als nächstes machen wir uns daran, mit dem Commodore 64 das World Wide Web zu erobern. Wie auch bei Twitter gibt es mehrere Möglichkeiten, das zu tun. Zum Beispiel mit Hilfe von modernen Browsern, die irgendelche C64-Verrückte speziell für den Brotkasten entworfen haben. Aber das wäre zu einfach... Stattdessen setzen wir wie bei Twitter erneut auf die "virtueller Internet-Provider"-Methode. Zunächst laden wir Lynx, einen vermutlich nur Linux-Experten bekannten, textbasierten Web-Browser auf unsere Linux-Maschine. Als nächstes rufen wir ein paar Webseiten auf und beobachten staunend, wie sie sich auf dem Bildschitm des C64 entfalten wie literarische Spaghetti. Sie sehen: Unsere amerikanische Schwesterseite PCWorld.com in 40 Zeichen Breite und reinem Text:

PC-World-Webseite auf dem C64
PC-World-Webseite auf dem C64
Foto: PCWorld

Kurzum: Webseiten mit dem C64 aufzurufen funktioniert, aber leider nicht sonderlich vorbildlich. Mit einer besseren Software-Lösung würde das Ganze deutlich ansprechender aussehen, aber die Zeit tickt und wir wollen schließlich noch ein paar E-Mails abrufen! HIerzu nutzen wir den zuverlässigen, Linux-basierten Kommandozeilen-E-Mail-Client "Pine". Allerdings kann man sich wohl vorstellen, wie mühsam es ist, Mails abzurufen, die lediglich in einer Breite von 40 Zeichen dargestellt werden. Empfehlenswert geht jedenfalls anders...