Test Synology DS207+

Billig-NAS mausert sich zum Linux-Server

31.07.2008
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 

Arbeiten mit der Linux-Shell

Zwar ist die Liste der genannten Funktionen für einen Netzspeicher bereits beeindruckend genug, doch ihr volles Potenzial offenbart die Diskstation erst, wenn der Benutzer selbst Hand anlegt und die Software tunt - neudeutsch besser als Modding bekannt. Hierzu benötigt der Anwender einen Zugriff auf die Linux-Shell. Zierte sich Synology in der Vergangenheit noch und eröffnete dem User den Shell-Zugriff erst nach dem Patchen des Betriebssystems, so kann der Terminal-Zugang per Telnet oder SSH jetzt direkt über die Admin-Oberfläche freigeschaltet werden. Wer unter Windows noch ein komfortables Terminal-Programm sucht, sollte die kostenlose Terminalemulations-Software PuTTY anschauen. Linux-unerfahrene Benutzer haben beim Linux-Shell-Zugriff gleich eine erste Klippe zu umschiffen: Heißt der Systembetreuer in den Administrationsprogrammen der Diskstation normalerweise "admin", so ist er hier der User "root".

Der einfachste Weg, auf der Diskstation eigene Linux-Software zu installieren, ist die Verwendung eines Package-Management-Systems. Auf der Diskstation kommt hierzu das "Itsy Package Management System" (ipkg) zum Einsatz. Ein für Neulinge nicht zu unterschätzender Vorteil dieser Systeme ist, dass sie bei der Installation neuer Software gleichzeitig andere Programme, auf denen eine Applikation aufsetzt, automatisch mitinstallieren. Zudem muss sich der Benutzer nicht selbst darum kümmern, dass die Programme für die richtige Hardwareplattform kompiliert sind.

Um ipkg auf der Diskstation zu nutzen, ist zuerst ein entsprechendes "Bootstrap"-Skript erforderlich. Das für die DS207+ passende lädt sich der User mit der Befehlskombination "wget http://www.buechse.de/SYNOLOGY/syno-x07-bootstrap_1.0-jb_arm.xsh" herunter und führt es später aus. Über den Feed "http://ipkg.nslu2-linux.org/feeds/optware/syno-x07/cross/unstable/ " hat der Benutzer per ipkg Zugriff auf rund 900 Linux-Programme, die bereits für die Diskstation kompiliert sind. Darunter befinden sich etwa eine Vollversion des Apache-Servers mit allen Zusatzmodulen, die VoIP-Software Asterisk, CMS-Systeme wie Joomla, die Blog-Software wordpress, die bekannte Proxy-Lösung Squid, zahlreiche Mail-Server-Programme oder nützliche Tools wie der Datei-Manager Midnight Commander, ein Werkzeug das an den aus DOS-Zeiten bekannten Norton Commander erinnert. Und mit optware-devel erhält der User ein Toolchain-Plug-in, um andere Linux-Programme direkt auf der Diskstation zu kompilieren. Soll ein Crosscompiling auf einem Linux-PC erfolgen, so ist zu beachten, dass die DS207+-Architektur auf einer CPU Marvell 5281 ARM mit Little Endian und einem Debian-Linux 2.6 basiert. Diese Architekturdaten sollte der Anwender auch im Hinterkopf haben, wenn er mit den zahlreichen Linux-Anwendungen experimentiert. Zwar lässt sich auf diese Weise fast jede Linux-Anwendung auf der Diskstation betreiben, doch die Leistung der Hardware begrenzt das Einsatzgebiet eher auf Arbeitsgruppen- oder Filialebene - einen ausgewachsenen Server kann die Appliance nicht ersetzen.

Mit dem direkten Zugriff auf die Linux-Shell lassen sich zudem die Synology-Anwendungen an die eigenen Bedürfnisse anpassen. So kann etwa die Größe der Index-Bilder der Photostation geändert werden oder der Apache-Server mit Hilfe von Virtual Hosts auch Web-Seiten mit unterschiedlichen Domain-Namen hosten und für die Web-Seiten ein anderer Speicherort als das standardmäßige Verzeichnis "web" eingerichtet werden. Bei allen Modifikationen ist jedoch zu berücksichtigen, dass Synology im Falle eines Firmware-Updates etliche Verzeichnisse komplett überschreibt. Deshalb sollten solche Modifikationen am besten in einem eigenen Verzeichnis installiert oder definiert werden. Über solche Details informiert der Hersteller mittlerweile in einem eigenen Wiki, das ständig weiter ausgebaut wird. Hier findet der User zudem Tipps, wie er etwa eigene SSL-Zertifikate generiert oder Benutzerrechte für Unterverzeichnisse vergibt. Neu ist auch die Möglichkeit, Drittanwendungen wie phpMyAdmin direkt in die Konfigurationsoberfläche der Diskstation zu integrieren. Eine genaue pdf-Anleitung ist hier zu finden.

Fazit

Unter dem Strich überzeugte der Synology-Speicher im Alltag als günstige Einstiegs-NAS. So sind seine Leistungsdaten als Datenspeicher für diese Preisklasse als gut bis sehr gut zu bezeichnen. Zudem entpuppte sich die NAS mit ihren Zusatzfunktionen als vollwertige kleine Linux-Appliance, die vielfältig einsetzbar ist und zumindest in Arbeitsgruppen oder kleinen Filialen die Anschaffung des einen oder anderen Servers ersparen kann. In Zeiten von Green IT und CO2-Diskussion begeistert zudem der niedrige Stromverbrauch. Solange keine Festplattenzugriffe erfolgen, verbraucht die NAS rund elf Watt, kommt es zu Plattenzugriffen, so gibt Synology den Energiebedarf mit 32 Watt an. Mit der Möglichkeit, auf Shell-Ebene das Gerät individuell an die eigenen Bedürfnisse anzupassen, bleiben fast keine Wünsche übrig. Den positiven Gesamteindruck runden das Synology-eigene Wiki sowie das englischsprachige User-Forum bei Synology und sein deutschsprachiges Pendant ab. Hier findet der User eine breite Community, die ihm bei weitergehenden Fragen sowie beim Modding des Gerätes hilft .