Bewerber online vorsortieren

09.09.2004
Von Magdalena Schupelius
Unternehmen nutzen elektronische Testverfahren, um Bewerber und eigene Mitarbeiter zu beurteilen. Die so genannten E-Assessment-Anwendungen sollen die Personalbeschaffung billiger machen, können aber nicht alle Schritte in der Bewerberauswahl ersetzen.

Wer sich beispielsweise bei Unilever als Trainee bewirbt, trifft die Personal-Managerin, die Geschäftsführerin und den Fabrikleiter, der ihn durch die Produktionshalle führt. Das Werk und die Manager des Markenartikelherstellers sind dabei ebenso virtuell wie der Spaziergang des Bewerbers. Während der Kandidat mit der Maus durch das Werk navigiert, erklären ihm Führungskräfte des Unternehmens die Funktionsbereiche und stellen ihm Aufgaben.

Das Online-Assessment-Spiel "Unique.st" testet kognitive Fähigkeiten wie logisches Denken oder Planungsfähigkeit und ersetzt den ersten Schritt im vierstufigen Auswahlprozess, wie Personalleiter Kay Flothow beschreibt: "Unique.st ist die virtualisierte Form eines erprobten und validen Tests, zu dem wir früher die Bewerber nach Hamburg einladen mussten." Allein in Deutschland spart Unilever dadurch rund 75 000 Euro direkte Kosten pro Jahr ein.

Nicht nur Unilever greift auf E-Assessment-Anwendungen in der Personalarbeit zurück. Auch andere Unternehmen wollen durch elektronische Prüfungen langfristig Kosten im Rekrutierungsprozess sparen, weiß Heinrich Wottawa, Psychologieprofessor an der Ruhr-Universität Bochum und Experte für eignungsdiagnostische Verfahren. Nach seiner Erfahrung lassen sich rund 30 Prozent der Tests im Unternehmen durch die Online-Variante ersetzen, pro aussortiertem Bewerber sind das zwischen 500 und 1000 Euro weniger an Kosten.

Assessment Center (AC)

Im traditionellen AC werden Bewerber aufgrund gruppendynamischer Übungen, Psychotests, Verhaltens- und Arbeitsproben geprüft, ob sie sich für eine bestimmte Stelle eignen.

Die Teilnehmerzahl im Assessment Center beträgt in der Regel zwischen sechs und zwölf Bewerbern, denen drei bis sechs Beobachter aus dem Unternehmen gegenüberstehen.

Ein Web-basierendes AC setzen Unternehmen vor allem in der Vorauswahl der Bewerber ein: Online werden Fähigkeiten wie logisches Denken oder Planungsfähigkeit getestet.

Die elektronische Abwicklung der Tests senkt die Materialkosten, erfordert geringeren personellen Einsatz und spart Reisekosten ein.

Die Anfangsinvestitionen für ein Online-Assessment-Center sind jedoch hoch und liegen je nach Anspruch zwischen 20000 und 80000 Euro. Dazu kommen die Ausgaben für die Auswertung der Tests.

Nachteile von Online-ACs: Die Identität des Bewerbers, der den Test ausfüllt, lässt sich wenig überprüfen wie die Bedingungen, unter denen er den Test absolviert.

Doch für den Aufbau der nötigen Infrastruktur müssen die Unternehmen erst einmal tief in die Tasche greifen: Je nach Aufwand liegen die Kosten für ein Online-Assessment zwischen 20 000 und 80000 Euro. In Computerspiele eingebettete Tests sind oft noch teurer. "Standardapplikationen sind hier nicht gefragt, die Unternehmen legen viel Wert auf ein eigenes Profil", erläutert Joachim Diercks, Geschäftsführer der Cyquest GmbH, die das Online-Spiel für Unilever entwickelte. Wenn reale Firmengegebenheiten virtuell abgebildet werden sollen, können die Kosten laut Diercks "leicht im sechsstelligen Bereich liegen."