Leistung bejahen, fordern und anerkennen

Beraterjob "Mitarbeitermotivation"

11.02.2013
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Wie Mitarbeiter Motivationsversuche erleben

Mitarbeiter erleben Motivationsversuche ihrer Vorgesetzten sehr banal. Der greift entweder zum Bonus, siehe oben, oder zu "machbaren" Maßnahmen. Was sie selbst als Person, durch ihre Führung von innen nicht schaffen, soll eine Unterstützung von außen richten. Eine Extraaufgabe hier, ein Seminar dort. Genau wie mehr Geld setzen auch andere Maßnahmen nur einen Prozess nach weiteren Forderungen in Gang. Wie viele Extraaufgaben können und wollen Sie verteilen? Wie viele Schulungen sind möglich und sinnvoll? Wie viele Mitarbeiter können (bei flachen Hierarchien) befördert werden? Die Anforderungsspirale dreht ein Unternehmen schwindelig, ohne den gewünschten Effekt - zufriedene Mitarbeiter - zu erreichen. Die Motivation verbessert sich nicht, nur die Kosten steigen. Und was passiert, wenn die Anreize ausbleiben? Selbst die Löwen im Team machen Dienst nach Vorschrift im goldenen Käfig!

Woran liegt das? Motivieren heißt, einen anderen Menschen zu veranlassen in Inhalt, Richtung und Intensität so zu handeln, wie es dem Wunsch desjenigen entspricht, der den anderen motiviert. Wer meint, andere motivieren zu müssen, setzt also voraus, dass die anderen nicht das Gleiche tun möchten wie er. Beliebt ist die Annahme, Mitarbeiter seien grundsätzlich faul und nur auf den eigenen Vorteil bedacht. Die mit dieser misstrauischen Unterstellung ausgemachte Interessenlücke, die vom Motivierenden ausgeht, in unserem Fall vom Vorgesetzten, soll mittels von außen kommender, sogenannter extrinsischer Motivation geschlossen werden. Anreize, zum Beispiel Geld oder Status, sollen das gewünschte Verhalten schaffen, bewahren oder intensivieren. Der Vorgesetzte gibt vor, der Mitarbeiter soll entsprechend handeln. Der Vorgesetzte sieht seine Bedürfnisse befriedigt, die des Mitarbeiters spielen keine Rolle. Für ihn bleiben die von Sprenger in Mythos Motivation genannten fünf B: Belohnen, Belobigen, Bestechen, Bedrohen, Bestrafen. Was der Mitarbeiter bekommt, bestimmt der Vorgesetzte.

Natürlich kann Motivation einen kurzzeitigen Effekt haben. Es kann kurzfristig punktuell auf ein wichtiges Ereignis, einen Abschluss oder einen Erfolg "motiviert" werden, siehe Sportler. Es gibt aber keinen Nachweis, dass sich Leistung durch Anreizsysteme dauerhaft steigern lässt. Vielmehr drückt extrinsische Motivation, engt Menschen ein, statt die Basis für Leistungsbereitschaft zu geben, nämlich die Freiheit für Individualität, Entfaltung und Kreativität. Der Mitarbeiter sieht sich einem System ausgesetzt, das ständig vorgibt und auf das er nur reagieren kann. Er wird damit nicht motiviert, sondern manipuliert, also bewusst und gezielt zugunsten des Vorgesetzten beeinflusst. Er mag das zwar wissen, aber es geschieht sicherlich nicht mit seinem freiwilligen, ausdrücklichen Einverständnis. Niemand ist in unserer freien und zunehmend egoistischen Gesellschaft gerne Spielball eines anderen. Die Manipulation spüren die Mitarbeiter recht schnell - und entwickeln Abwehrmechanismen. Sie sind erfinderisch, Anreize mitzunehmen, ohne mehr leisten zu müssen. Oder sie entziehen sich dem System durch Ignoranz. Für viele ist Geld schon lange nicht mehr alles.

Was tun? Menschen handeln nicht ohne Grund. Sie richten ihre Einstellung, ihr Verhalten und Handeln danach aus, ob ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse ist das Ausgangsmotiv all unseres Handelns, ob wir lieben, arbeiten oder unvernünftige Sachen machen. Was wir machen, ist das eine, warum wir es machen, ist das andere. Dabei sollten wir uns nicht mit oberflächlichen Beweggründen begnügen. Natürlich ist der normale Angestellte im Unternehmen, weil er Geld für den Lebensunterhalt verdienen muss. Glücklich sind die, die zudem eine Aufgabe haben, an der sie ein originäres, gewachsenes Interesse haben. Wer schon gerne mit Lego Häuser gebaut oder während der Schulzeit erfolgreich mit Aktien gehandelt hat, ist sicher gerne Architekt oder Börsenmakler. Immer ist aber zu fragen, welche tieferen Bedürfnisse der einzelne Mensch hat, die seine Einstellung begründen und sein Verhalten und Handeln auslösen.