Bei Outsourcing-Preisen ist noch Spielraum

16.10.2002
Von Michael Fritsch

Unter der Annahme, dass etwa fünf Prozent der Outsourcing-Kosten für die nach wie vor erforderlichen internen IT-Ressourcen anfallen und weitere drei bis fünf Prozent der Kosten für die Übertragung der bisherigen Haus-IT veranschlagt werden (Einmalkosten über mehrere Jahre umgelegt), muss der Outsourcing-Provider die gleiche Leistung für zirka 75 Prozent des ursprünglichen IT-Budgets erbringen, wenn der Kunde ein Einsparpotenzial von 15 Prozent erzielen möchte. Den erforderlichen Produktivitätsvorteil muss der Dienstleister durch Skaleneffekte oder Kostenvorteile etwa aufgrund sinkender Personalkosten und einer professionelleren Abwicklung erzielen. Eine Marge für den Service-Provider ist in dieser Rechnung noch nicht enthalten, das heißt, erst bei Einsparungen von mehr als 25 Prozent gegenüber der anfänglichen Kostenbasis erzielt der Anbieter Gewinn. In der Regel liegt die Marge im einstelligen Prozentbereich.

Bei den Preisverhandlungen sollte der Kunde auch die in der aktuellen IT schlummernden Produktivitätsreserven in die Diskussion einbeziehen. Je nach Ausgangssituation, also Verfassung der vorhandenen IT-Umgebung, lassen sich erfahrungsgemäß zehn bis 20 Prozent vom aktuellen Budget einsparen. Erläutert an einem fiktiven Beispiel hieße das Folgendes: Bei einem ursprünglichen IT-Jahresetat von 100 Millionen Euro und einem identifizierten Optimierungspotenzial von zehn Prozent verhandelt der Kunde mit dem möglichen Outsourcer über ein Volumen von 90 Millionen Euro per annum. Von dieser Summe wiederum sind die genannten Posten für die auch nach dem Betriebsübergang erforderlichen internen IT-Kosten (fünf Prozent) sowie die Transaktionskosten (rund fünf Prozent) abzuziehen. Orientiert sich der Kunde bei seinen Einsparwünschen am Durchschnittswert, reduziert sich die Summe um weitere 15 Prozent. Der Anwender hat demnach das Ziel, den IT-Betrieb

vom Dienstleister für künftig 67,5 Millionen Euro pro Jahr zu beziehen.

Diese Rechnung funktioniert sicher nicht zum Start des Projekts, denn das identifizierte Optimierungspotenzial will erst einmal umgesetzt werden, doch verpflichtet ein solches Vorgehen den Lieferanten zu einer kontinuierlichen Verbesserung seiner Leistung und zum Erreichen der Zielmarke zu einem vereinbarten Zeitpunkt. Würde der Kunde auf die anfängliche Analyse der eigenen IT-Umgebung verzichten und ohne Vorstellungen über das mögliche Optimierungspotenzial in die Verhandlungen eintreten, würde der Service-Provider die möglichen Einsparreserven bei sich verbuchen und nicht weitergeben.

Partnernetze knüpfen

Ein solches Vorgehen, bei dem die Zulieferer einem konstanten, vertraglich vereinbarten Verbesserungsdruck ausgesetzt sind, hat sich in den letzten Jahren insbesondere in der Automobilindustrie als wirkungsvoll erwiesen. Angesichts der von Kostendruck geprägten Situation in nahezu allen Industriezweigen ist davon auszugehen, dass auch das IT-Outsourcing zunehmend diesem „Lopez“-Effekt unterliegen wird. Wenn man sich beispielsweise vergegenwärtigt, dass die TK-Unternehmen in den letzten zwei Jahren weltweit etwa 500.000 Arbeitsplätze abgebaut haben - dazu brauchte die Automobilindustrie viele Jahre - ist leicht vorstellbar, wie hoch der Druck zur Produktivitätssteigerung allein in dieser Branche ist. Dementsprechend anspruchsvoll ist auch die Erwartungshaltung, mit der die Unternehmen zusammen mit den Lieferanten an der Optimierung der Wertschöpfungskette arbeiten.