Auch Release-Wechsel ausser Haus ARAG-Versicherung trennte sich vom Netz- und PC-Management

11.02.1994

Netzwerk-Management wird immer haeufiger ausgelagert, und auch beim Benutzerservice ist dieser Schritt einiger Ueberlegungen wert, obwohl beide Funktionen als wichtige Inhouse-Ressourcen gelten. Eins der noch seltenen Beispiele fuer externen User-Support samt Uebernahme von Netzwerk-Management und Software-Release-Wechseln schildert Klemens Baumgaertel*.

DV-Outsourcing ist heute laengst nicht mehr die reine Uebertragung von Grossrechner- oder Midrange-Anwendungen inklusive der technischen Infrastruktur in die Verantwortung eines ex-ternen Dienstleisters. Viele Unternehmen belassen es bei ihren Downsizing-Konzepten heute nicht mehr dabei, ihre DV in neue Strukturen zu ueberfuehren, in denen Client-Server-Architekturen und PC-Netze die wesentlichen Komponenten sind. Sie ueberlegen vielmehr, wie sie die steigenden Kosten und Serviceansprueche fuer das PC- und Netzwerk-Management durch die Beauftragung eines Outsourcing-Anbieters in den Griff bekommen koennen.

Vor allem die personalintensiven Dienstleistungen in verteilten Anwendungen und Netzen kommen fuer ein Outsourcing in Frage. Wichtige Aufgaben sind hier das Management von Release-Wechseln, Hotline und Benutzerservice.

Im Gegensatz zu den Grossrechneranwendungen, die zentral gewartet und entwickelt werden, muss bei verteilten Applikationen im allgemeinen der Austausch und die Wartung von Software auf den jeweiligen Systemen vor Ort erfolgen. Enorme finanzielle Belastungen sind die Folge. Mittlerweile entfallen auf den Kauf der PC-Hard- und Software noch zirka 20 Prozent der Gesamtkosten, waehrend der Loewenanteil mit 80 Prozent fuer den Unterhalt veranschlagt werden muss, Tendenz steigend.

Um diesem Problem entgegenzuwirken, ist der Aufbau von Loesungen erforderlich, die eine Verteilung der jeweiligen Softwarekomponenten sowie den Benutzerservice ueber zentral im Netzwerk installierte Management-Funktionen ermoeglichen. Erst solche Systeme bieten die Voraussetzung fuer einen effektiven Einsatz der Client-Server-Architektur und damit die auch oekonomisch optimale Umsetzung des Downsizing-Gedankens.

Benutzerbetreuung mittels Fernwartung

Das Outsourcing entsprechender automatisierter Prozesse kann fuer das Anwenderunternehmen sinnvoll sein. Dem Kunden stehen dann administrative Funktionen zur Verfuegung, die softwaregesteuert ablaufen. Deren Bearbeitung sowie die Abwicklung von Problemfaellen erfolgt online und remote bei dem Outsourcing-Partner.

Im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit koennen zum Beispiel im Aufgabenbereich Release-Wechsel folgende Funktionen ausgelagert werden:

- zentrale Verwaltung aller In-stallationseckdaten der Syste-me (Hardwarekonfiguration, Betriebssystem, Peripherie, Netzanschluss, Anwendungen sowie bekannte, fuer die Lokation typische Problemfaelle),

- automatische Installation von neuen Releases beziehungsweise Upgrades (kontrollierter und koordinierter Austausch von Softwaresystemen) sowie

- Durchfuehrung von Release-Updates unabhaengig vom Netzwerkbetrieb (Unabhaengigkeit der Austauschmassnahmen von der Verfuegbarkeit der betroffenen Systeme).

Aehnlich umfangreiche Dienstleistungen kann der Outsourcer auch im Benutzerservice, Performance-, Security- und Operation-Management erbringen.

Wie ein Outsourcing-Projekt in der Praxis ablaufen kann, zeigt etwa das Beispiel der ARAG Allgemeine Rechtsschutz Versicherungs AG.

Das auf Rechtsschutzversicherungen spezialisierte Versicherungsunternehmen verfuegt ueber zirka 5000 Mitarbeiter, die zur Zeit noch mit Host-Terminals und rund 600 PCs arbeiten. Die Workstations sind ueberwiegend vernetzt beziehungsweise an den Grossrechner angeschlossen. Wie bei vielen Grossunternehmen entstand auch bei dieser Rechtsschutzversicherung die derzeitige PC- Landschaft zunaechst eher wildwuechsig: Jeder Unternehmensbereich bestimmte selbstaendig seinen PC-Bedarf. In der Folge setzte jede Abteilung andere Software- und Betriebssystem-Versionen ein.

Auslagerung in zwei Schritten

Um fuer mehr Effizienz zu sorgen und den Aufwand zu senken, sollte die Betreuung der PCs auf eine neue Basis gestellt werden. Dabei wurde an ein Outsourcing der wichtigsten Funktionen gedacht. Im Grossrechnerbereich nimmt die Versicherung seit langem die Outsourcing-Dienstleistungen der Alldata GmbH in Anspruch: Durch einen Glasfiber-Backbone ist die Duesseldorfer Hauptverwaltung an den IBM-ES-9000/900-Grossrechner im Rechenzentrum des DV- Dienstleisters angeschlossen. Ueber eine X.25-Anbindung wird mit den anderen ARAG-Gesellschaften und den Aussenstellen kommuniziert.

Als Mitte 1993 in der Abteilung Organisation und Informations- Management umfangreiche DV-technische Neuerungen anstanden und man sich ueber den Kostenmoloch PC-Management und Service Gedanken machte, kam Alldata erneut ins Spiel. Vorgesehen waren unter anderem eine Bereinigung der Partitions sowie Updates der Betriebssysteme DOS, Windows, OS/2 und diverser Softwareprodukte. Von dem Update von OS/2, Version 1.3, auf das neue Release 2.1 sollten rund 60 PCs betroffen sein. Bei der herkoemmlichen Vorgehensweise haette diese Umstellung mehrere Mannwochen in Anspruch genommen. Da die ARAG die Aktion ohne Einschraenkung des laufenden Betriebs abwickeln wollte, dachte man ueber eine Auslagerung der Umstellung nach.

Rechtliche Aspekte und das Bestreben, eine Harmonisierung der vorhandenen PC-Landschaft zu erreichen, waren weitere Gruende, um ein zentrales Netzwerk-Management mit einem externen Dienstleister ins Auge zu fassen.

Zusaetzlich sollten die Kosten fuer neue Softwareversionen und Hotline-Einsaetze ueber remote Fernwartung reduziert werden. Zugleich bestand die Absicht, mit geeigneten Security-Produkten Datenschutzbelange zu beruecksichtigen.

Zu Beginn des Projektes stand eine umfangreiche Bestandsaufnahme der vorhandenen Geraete mit der installierten Software. Diese Konfigurationsdaten wurden in eine entsprechende Datenbank aufgenommen.

Nach den organisatorischen Vorarbeiten wurden an einem Wochenende in einer einzigen Nacht die Festplatten der PCs von einem zentralen Verteiler-PC aus formatiert, neue Partitions eingerichtet und die jeweils aktuellen Releases der Anwendungssoftware an alle Geraete verteilt. Diesen Release-Wechsel in Duesseldorf hat der Outsourcer innerhalb von zwei Stunden remote bewaeltigt.

Noetig war dazu lediglich ein Systemstart von der Diskette. Alle nachfolgenden Prozesse wurden extern voll automatisiert und liefen ohne weitere manuelle Eingriffe ab.

Die mit einem im Vergleich zum frueheren Verfahren erheblich geringeren Aufwand realisierte Abwicklung wird die Nutzung des Konzeptes im gesamten Unternehmen zur Folge haben. Es ist vorgesehen, bei der ARAG alle Workstations und Netzwerke in das Outsourcing einzubeziehen.

Fuehrende Anbieter in Deutschland

1. EDS, Ruesselsheim

2. Debis Systemhaus, Leinfelden

3. IBM-Systeme & Netze, Stuttgart

4. Digital Equipment, Muenchen

5. Alldata, Muenchen

6. Tele-Daten-Service, Heilbronn

7. DVO, Oberhausen

8. Hewlett-Packard, Boeblingen

9. CSC Computer Sciences, Muenchen

10. Unisys, Sulzbach

11. IBB, Schweinfurt