10 neue AWS-Services vorgestellt

Amazon will mehr als nur ein IaaS-Provider sein

21.04.2016
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Amazon Web Services (AWS) stellte auf seinem Summit in Chicago 10 neue Services vor. Auf dem Summit in Berlin kurz zuvor lautete die Botschaft: Es geht um mehr als Rechen- und Speicherressourcen aus der Cloud. Einige deutsche CIOs erklärten, was sie in der Amazon-Cloud vorhaben.
Mit über 2.500 Besuchern war der AWS Summit 2016 in Berlin gut besucht.
Mit über 2.500 Besuchern war der AWS Summit 2016 in Berlin gut besucht.
Foto: Amazon AWS

Kurz nach dem AWS Summit in Berlin hielt der Konzern jetzt in Chicago ein ähnliches Event ab. Dabei stellte Amazon zehn neue Services vor.

Aus Anwendersicht dürfte für viele Geschäftskunden wohl der neue AWS Application Discovery Service ( ADS) von Interesse sein. Der Dienst soll Unternehmen dabei helfen, ihre Legacy-Anwendungen in die Cloud zu bringen. Dabei soll es der Application Discovery-Service Unternehmen ermöglichen, auf einfache Weise Legacy-Anwendungen in ihren Rechenzentren zu analysieren. Ferner soll er den Unternehmen bei der Migration ihrer Anwendungsdaten in die Cloud helfen, während die Firmen mit einem der Amazon-Partner daran arbeiten, ihre Applikationen auf AWS lauffähig zu bekommen.

Insgesamt kündigte AWS-Manager Matt Wood auf dem Summit in Chicago gleich 10 neue Services an, mit denen man gegenüber den Cloud-Angeboten von Google und Microsoft punkten will. Zu den neuen Produkten zählen neben den erwähnten AWS ADS der Amazon Inspector GA, Amazon S3Transfer Acceleration, 80 TB Snowball, New Amazon Elastic Block Storage Volume Types, AWS Elastic Beanstalk managed platform updates, Remote Access to Devices in Amazon's Farm, Cognito sign up and sign up features, Kinesis stream updates.

Amazon Inspector GA

Amazon Inspector ist ein Produkt, das automatisch die Cloud-Umgebungen der Anwender scannt und dabei hilft, Sicherheits- und Compliance.Probleme zu entdecken und zu lösen. Hierzu erstellt er eine detaillierte Liste mit den Sicherheitsbefunden, die zuerst abzugehen sind.

Amazon S3 Transfer Acceleration

Amazon macht es einfacher, Daten in die Cloud zu bringen und dort zu verschieben. Der Amazon Simple Storage Service (S3) Transfer Acceleration erlaubt es den Benutzern, Endpunkte wie ein Rechenzentrum oder Desktop mit AWS Edge-PoP zu verbinden. Neue, optimierte Netzwerkprotokolle sollen die Cross-Country-Übertragungsraten zwischen 50 und 500 Prozent steigern.

80 TB Snowball

Vor einem Jahr führte Amazon AWS Import/Export Snowball, eine Hardware-Appliance ein, die an Kunden geschickt wird, damit diese ihre Daten direkt vor Ort überspielen und sie Amazon nach Rücksendung direkt und damit schneller in die Cloud transferieren kann. Fasste das alte Modell nur 50 Terabyte, so speichert der neue Snowball 80 TB.

Neue Amazon Elastic Block Storage Volume Type

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Für seinen Speicherdienst EBS kündigte Amazon jetzt zwei neue Volume-Typen an: HDD Throughput Optimized (st1) und Cold HD (sc1). , der bereits eine Handvoll von Aromen, darunter SSD für allgemeine Zwecke, EBS Provisioned IOPS und EBS-Snapshots zu S3. Heute kündigte AWS zwei neue Volume-Typ: HDD-Durchsatz Optimized (st1) und Kalt HDD (SC1). Ersterer Typ ist für Anwendungen wie MapReduce oder Kafka konzipiert und kostet $ 0,045 Dollor pro Monat und GB. Sc1 ist dagegen für Datenbestände auf die weniger häufig zugegriffen wird. Preislich beginnt bei 0,025 Dollar pro GB und Monat.

AWS Elastic Beanstalk

AWS Elastic Beanstalk ist eine Plattform, um automatisch Anwendungen auf Amazons Cloud-Infrastruktur bereitzustellen und auszuführen. Kürzlich angekündigte Managed Platform Updates erlauben es Entwickler, regelmäßige Updates für von Beanstalk gemanagten Apps zu fahren.

Remote Accesszu Farm-Devices

Die AWS-Device-Farm ist ein Tool, das es Entwicklern mobiler Apps ermöglicht, ihren Code auf in der Amazon Cloud gehosteten Geräten zu testen. Jetzt kündigte AWS an, dass die Nutzer einen remoten Zugriff erhalten und per Swipe oder mit Gesten steuern können.

Cognito-Features

Amazon Cognito ist ein Dienst, um mobile Anwendungen um Features wie Authentifizierung, Benutzerverwaltung und Datensynchronisation zu ergänzen. Mit User Pools haben Entwickler jetzt die Möglichkeit ihre Authentifizierungsmechanismen mit Hunderten von Millionen Nutzern zu testen.

Kinesis-Stream-Updates

Amazon Kinesis ist ein Produkt, um Daten zu verwalten, die in die Cloud gestreamt werden. Diese Daten können nun auch den Amazon Elasticsearch Service gestreamt werden.

Um neue Services ging es dagegen beim AWS Summit in Berlin weniger: Sie ziegt vielmehr, dass Amazon mit seinen Amazon Web Services endgültig in der deutschen IT-Szene angekommen ist. Diesen Eindruck legte zumindest der AWS Summit 2016 in Berlin nahe: Die Veranstaltung des US-amerikanischen Cloud-Anbieters war mit über 2500 Besuchern sehr gut besucht. Dass die Amerikaner hierzulande auf Erfolgskurs zu sein scheinen, belegt noch eine andere Zahl: AWS sucht in Deutschland derzeit 130 neue Mitarbeiter mit technischem Hintergrund. Mit diesen neuen Mitarbeitern will CTO Werner Vogels das Wachstum in Frankfurt bewältigen, denn diese Region wächst im Vergleich zu den anderen AWS-Regionen derzeit am schnellsten. Insgesamt wuchs AWS im vierten Quartal 2015 im Vergleich zum Vorjahr um rund 69 Prozent und erzielte einen Umsatz von 2,4 Milliarden Dollar.

Dax-Unternehmen in der Amazon-Cloud

CTO Werner Vogels hielt die Keynote auf dem AWS Summit in Berlin.
CTO Werner Vogels hielt die Keynote auf dem AWS Summit in Berlin.
Foto: Jürgen Hill

Mittlerweile nutzen laut Vogels 70 Prozent der deutschen DAX-30-Unternehmen Amazon AWS und "jeden Monat sind eine Million Kunden auf unseren Plattformen", so der CTO weiter. Berlin war für den CTO unter anderem ein interessanter Veranstaltungsort, da er die hier ansässige Start-up-Szene als künftige Zielgruppe sieht, denn diese würde heute nicht mehr in Hardware investieren, sondern die IT gleich aus der Cloud beziehen. Diese Klientel adressiert AWS mit einem eigenen Startup-Team und hatte auf dem Summit ein Startup-Loft eingerichtet. Ferner erhalten die jungen Unternehmen im Rahmen von AWS Activate Online-Trainings und können für ihre Prototypen Credits für Rechenzeit in der Cloud erhalten. Darüber hinaus spricht das Unternehmen mit Venture-Capital-Firmen.

Angesichts der digitalen Transformation ist es für Vogels nur folgerichtig, dass auch etablierte Unternehmen nicht mehr in Hardware investieren, "denn früher existierte ein typisches Fortune 500 Unternehmen rund 60 Jahre, heute sind es nur noch 13 Jahre". Neben der Flexibilisierung hält Vogels im Zeitalter der Digitalisierung auch eine Effizienzsteigerung und die Suche nach neuen Talenten für die Unternehmen für unverzichtbar.

Air Berlin in der AWS-Cloud

Für Startups gab es ein eigenes Loft auf dem Summit.
Für Startups gab es ein eigenes Loft auf dem Summit.
Foto: Jürgen Hill

Zwei Unternehmen, die den Sprung in die Amazon Cloud gewagt haben, sind Siemens und Air Berlin. Urban August, CEO bei Siemens Industry Software, begründet den Schritt mit der gestiegenen Flexibilität. Typische IT-Aufgaben, die früher 3 Tage benötigten, seien heute in der Cloud in 3 Stunden bewältigt. August zufolge ist Siemens Industry Software mit einem Umsatz von 3,1 Milliarden Euro der zweitgrößte Software-Hersteller in Deutschland und hat alleine im Healthcare-Bereich über 300.000 Systeme am Laufen.

Der steigende Wettbewerb sowie der Kostendruck waren bei Michael Ruplitsch, Senior Vice President und CIO bei Air Berlin, die Motivation, in die Cloud zu gehen. Die Fluglinie betrieb früher zwei eigene Rechenzentren mit über 200 Subdomains sowie 50 unterschiedlichen Server-Systemen. Dazu kamen noch 8 MySQL-Instanzen. Heute nutzt er unter anderem AWS im EU-Rechenzentrum von Amazon in Frankfurt.

Überzeugt vom Schritt in die Cloud, hat Ruplitsch bereits weitere Pläne: Er will künftig AWS Container sowie Aurora und SpotFleet nutzen. Bei Aurora handelt es sich um eine Amazon-eigene Datenbank-Engine, die das Unternehmen besonders mit Blick auf die Cloud-Eignung entwickelt hat. Die MySQL-konforme Datenbank will das Unternehmen demnächst über seine drei Rechenzentren in Frankfurt verteilt in Deutschland einführen. Bei SpotFleet handelt es sich um einen Service, bei dem Unternehmen Rechenüberkapazitäten von AWS - vergleichbar mit der Strombörse in Leipzig oder dem Rotterdamer Rohöl-Spotmarkt - günstig einkaufen können. Typische Anwendungsgebiete dafür wären etwa Batchläufe für Big Data oder Finance-Simulationen.

Für andere Anwender, die ebenfalls mit einer Migration in die Cloud liebäugeln, hat Ruplitsch noch einige Ratschläge. So warnt er etwa: "Unterschätzen sie nicht den Lernaufwand, denn die Cloud ist eine komplett andere Technologie." Desweiteren rät er, ein Auge auf die eigene IT-Mannschaft zu werfen, denn die Cloud erfordere einen Mentalitätswandel der Mitarbeiter. Und last, but not least empfiehlt er noch, einen starken Implementierungspartner zu suchen.

Compliance beim US-Anbieter

Auf mehreren Bühnen wurde über Cloud-Themen diskutiert.
Auf mehreren Bühnen wurde über Cloud-Themen diskutiert.
Foto: Amazon AWS

Auffallend war, dass sowohl bei Ruplitsch als auch bei August das Thema Sicherheit keine Rolle spielte, obwohl es sich bei Amazon um einen US-Anbieter handelt, der amerikanischer Rechtsprechung unterliegt. Andere deutsche IT-Leiter geben dagegen immer wieder gegenüber der COMPUTERWOCHE zu Protokoll, dass gerade Sicherheitsfragen sie von einem Wechsel zu einem US-amerikanischen Cloud-Anbieter abhalten.

Bei Amazon heißt es dazu, dass man auf dem Berliner AWS Summit nicht die Zauderer adressiere, sondern Unternehmen die neuen Möglichkeiten in der Cloud aufzeigen wolle. Zudem habe man das Security-Thema sowohl technisch als auch auf Prozessseite im Griff. "Wir bieten eine höhere Sicherheit als so manches Unternehmen selbst gewährleisten kann", so Constantin Gonzalez, Principal Solutions Architect bei AWS. Grundsätzlich rät er Unternehmen zu einer verschlüsselten Datenverarbeitung in der Cloud, wozu AWS verschiedene Möglichkeiten der Schlüsselverwaltung, Zertifikate oder Hardware-Security-Module offeriere. Mit Bezug auf die Compliance weist Gonzalez darauf hin, dass man mit den Unternehmen einen juristischen Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung abschließe. Zudem hätten die US-Vorschriften primär die Terrorbekämpfung im Blick, "alle anderen Anfragen auf Dateneinsicht wehren wir, wo immer möglich, mit allen legalen Mittel ab und informieren unsere Kunden darüber", erklärt der Solutions Architect. Zudem zeige der AWS-Transparenzreport, dass nicht die Amerikaner am häufigsten um Dateneinsicht nachfragten.

Amazons IoT-Lösung

Gut besucht war auch der Ausstellungsbereich des AWS Summit.
Gut besucht war auch der Ausstellungsbereich des AWS Summit.
Foto: Amazon AWS

Während Cloud-Security kein zentrales Motiv des AWS Summits war, standen die über 70 Services für Computing, Storage, Networking, Database, Analytics, Application Services, Deployment, Management und Mobile im Vordergrund. Mit Blick auf die kommende Hannover Messe Industrie und Industrie 4.0 sind hierzulande besonders die noch jungen AWS IoT Services interessant.

AWS IoT besteht unter anderem aus einem Message Gateway für die Kommunikation zwischen Sensoren, Aktoren und den entsprechenden Apps. Hierzu wird das Protokoll MQTT (Message Queue Telemetry Transport) verwendet, das per TLS (Transport Layer Security) verschlüsselt übertragen wird. Ferner ist eine zertifikatbasierte Authentifizierung möglich. Desweiteren offeriert Amazon verschiedene SDKs in Zusammenarbeit mit den Herstellern von Microcontrollern. Zur Verarbeitung der gewonnenen Daten gibt es eine Rules Engine, um beispielsweise die Heizung beim Erreichen einer bestimmten Temperatur abzuschalten. Ist ein Gerät offline, täuschen die Shadow Services ein virtuelles Gerät vor, das alle Zustände des Offline-Devices kennt. Auf diese Weise könnten die Apps, so erklärt Gonzalez, ohne Störung weiterarbeiten. Im Rahmen seiner Professional Services offeriert AWS ferner mit Partnern Consulting-Leistungen zum Aufbau von IoT-Lösungen.