Cloud Computing und Business Analytics

Accenture-Deutschlandchef im Interview

14.10.2011
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.

CIOs sollten am Vorstandstisch sitzen

CW: Wenn Sie Managed Transaction Services verkaufen, wer ist dann Ihr Ansprechpartner beim Kunden?

Foto: Accenture

Riemensperger: Das ist bei jedem Unternehmen unterschiedlich. Ganz wichtig ist der CIO, der meiner Meinung nach noch zu selten auf der Geschäftsführungs- oder Vorstandsebene zu finden ist. Wenn man bedenkt, wie wettbewerbsentscheidend schlanke Prozesse, eine konsolidierte Anwendungslandschaft und eine schnelle Adaption von Technologien entlang der Geschäftsstrategie sind, dann verstehe ich nicht, warum der CIO als Querschnittsfunktion im Unternehmen, die das organisiert, manchmal auf der zweiten oder sogar nur dritten Führungsebene angesiedelt ist.

CIOs sollten am Vorstandstisch sitzen und eine Stimme haben. Unternehmen brauchen einen zentralen Blick darauf, wie Informationstechnik organisiert wird. Außerdem: Woher sind denn die großen Innovationssprünge in den vergangenen 20 Jahren gekommen? Ob es um Prozesse oder Produkte geht, fast immer ist IT dabei. Wenn man mal darüber nachdenkt, wie Konzerne ihre Geschäfte fahren, mit Collaboration, Mobility, Data- und Document-Sharing etc., dann ist eine gute Organisation dieser Assets ein signifikanter Wettbewerbsvorteil.

CW: Accenture leistet sich eine für IT-Dienstleister recht große Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Warum?

Riemensperger: Wir nehmen immer en Blickwinkel der Wertschöpfung für unsere Kunden ein. Es ist wirklich spannend, was da passiert. Nehmen Sie die intelligente Energieversorgung: Da sind wir ganz früh mit einem Pilotprojekt hineingegangen und haben Boulder City im US-amerikanischen Colorado komplett mit Smart-Grid-Systemen ausgestattet, um Erfahrungen zu sammeln wie das funktioniert. Wir haben andere innovative Projekte im Bereich Connected Health und denken über Ähnliches im Bereich Connected Car nach.

CW: Forschung bedeutet für Sie also eher, sich in die Problemstellungen Ihrer Kunden einzuarbeiten?

Riemensperger: Wir denken nicht aus der IT-Ecke kommend, sondern fragen: Was treibt die Performance der Unternehmen? Wir analysieren gemeinsam mit der Zeitung "Die Welt" regelmäßig die am schnellsten wachsenden 500 Unternehmen in Deutschland. Dabei geht es darum zu erkennen, was die Wachstums-Champions anders machen. Man kann hier klare Muster erkennen. Es gibt fünf Werthebel:

  1. Die Besten richten sich an den Megatrends aus: Energie, Globalisierung, Demographieveränderung - die großen langwelligen Zyklen eben.

  2. Innovation nach Schumpeter, also nicht nur Invention, sondern Markterfolg. Zusammen mit der Wirtschaftswoche, der EnBW und Evonik richten wir den Deutschen Innovationspreis aus. Dadurch, dass wir in der Jury sitzen und Hunderte von Einreichungen sehen, haben wir ein Gefühl dafür, welche Firmen mit Innovation Markt machen.

  3. Das Dritte sind Mergers and Acquisitions. Gezielte Zukäufe.

  4. Schlanke, optimierte Prozesse im Kerngeschäft. Das hat man in der Krise gesehen, da gab es Unternehmen, die waren wahnsinnig schnell. Da gab es ganz klare Zusammenhänge, ob die ihre Kernprozesse im Griff und eine gute IT hatten. Es gab andere Unternehmen, die hatten 52 SAP-Systeme und brauchten erstmal drei Monate für die Konsolidierung.

  5. Und schließlich noch die Führungskultur im Unternehmen.

CW: Ist der letzte Faktor überhaupt nachweisbar?

Riemensperger: Mit empirischen Methoden schon. Es gibt Unternehmen, die reden schon seit zehn Jahren von ihrer tollen Führungskultur und andere, zum Beispiel eine BASF, die tun wirklich was. Solche Unternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ganz intensiv diskutieren, und wenn sie dann einen Entschluss gefasst haben, ganz konsequent umzusetzen - und nicht verdatteln. Die haben auch lang laufende und sehr gute Talentnachwuchs-Programme, in denen sie ihre Potenzialträger identifizieren können.