IT made in Germany
CW: Eine Frage an Sie als Mitglied des Bitkom-Präsidiums: Die deutschen IT-Anbieter scheinen im weltweiten Marketing-Rennen der Großen manchmal hinterherzulaufen. Wie beurteilen Sie "IT made in Germany"?
Riemensperger: Durch meine vielen Aufenthalte im Ausland sehe ich, dass wir hier unglaubliches Potenzial haben. Ich möchte den deutschen Standort in zweifacher Hinsicht unterstützen: Das eine ist die Förderung unseres IT-Nachwuchses. Der Punkt ist klar: Wir müssen so viele Talente wie möglich finden und fördern, um den Markt weiter nach vorne zu bringen. Das zweite Thema nenne ich ‚Best IT aus Deutschland’. Da gibt es die SAP, aber inzwischen auch die Software AG. Was die in den vergangenen Jahren geleistet haben, ist ein Vorbild dafür, wie man einen Konzern in Deutschland groß machen kann. Wir bekommen hier einen zweiten IT-Anbieter von Weltrang.
Darüber hinaus gibt es aber eine ganze Menge IT-Themen, die überhaupt nicht beachtet werden, weil sie nicht in eine eigene börsennotierte Organisation eingebettet sind. Sie tragen aber absolut zur Wettbewerbsfähigkeit des Landes bei. Nehmen wir als Beispiel das System für die deutsche Terminbörse, das ich vor Jahren als Mitarbeiter im Projektteam mit gestalten durfte. Das System ist das Mutterschiff für das Xetra-System. Das wiederum wurde von der Deutschen Börse in viele asiatische Länder verkauft. Das ist IT aus Deutschland, die die wichtigsten Kerngeschäftsprozesse der Börsen abbildet. Andere Länder haben das gerne übernommen, aber hier wurde es erfunden! Das war ein großer Softwareerfolg, der aber nicht unter "IT-Export" aus Deutschland wahrgenommen wurde.
IT aus Deutschland
Komplexe Systeme zu entwickeln, ist eine deutsche Spezialität. Ein anderes Beispiel: Wir haben wahrscheinlich einen der besten virtualisierten Arbeitsmärkte der Welt. Das ist IT aus Deutschland, die unsere Arbeitsagenturen einsetzen. Andere würden das gerne übernehmen.
Wir müssen als IT-Branche nicht nur auf die IT-Gründungen schauen, sondern auch auf die Top-Konzerne im Land. Mit welchen Themen beschäftigen die sich? Welche Rolle spielt dort IT? Wenn ich mir ansehe, dass Bosch zwei Softwarefirmen gekauft hat, um ihre Produkte Internet-fähig zu machen, dann sage ich: Folgendes wird passieren.
Das Internet der Dinge, das noch vor zwei Jahren Hype war, wird jetzt Realität werden. Es wird zu einer Komplexität führen, und zu Datenmengen, wo Facebook und andere Waisenknaben dagegen sind. Das wird Daten-Management- und Integrationsprozesse brauchen, Softwareplattformen und Architekturen, die wahrscheinlich aus Deutschland kommen. Die Software AG richtet sich zum Beispiel auf solche Business Process Management-Architekturen aus.
- 8 Faktoren für den Nutzwert von Daten
Accenture empfiehlt, dass die IT-Entscheider Daten an sich in den Fokus rücken müssen. Sie brauchen flexible Plattformen, die mit Komplexität und Menge der Informationen umgehen können. Plattform- und Daten-Architektur würden künftig weit wichtiger als Anwendungs-Architektur, so die Analysten.<br>Der Nutzwert von Daten hängt dabei von acht Faktoren ab: - 1. Qualität:
Die Analysten nennen Daten-Qualität als erste Dimension. - 2. Struktur:
IT-ler arbeiten sowohl mit strukturierten als auch unstrukturierten Informationen. - 3. Externalität:
Unternehmen haben mit internen wie externen Daten zu tun. - 4. Stabilität:
Eine Schlüsselfrage ist, wie häufig Daten sich ändern. - 5. Granularität:
Informatiker müssen überprüfen, ob Informationen detailliert genug sind. - 6. Aktualität:
Daten verlieren ihren Nutzwert, wenn sie veralten. - 7. Kontext-Abhängigkeit:
Wer Daten verstehen will, muss wissen, in welchem Kontext ("Meta-Information") sie stehen. - 8. Herkunft:
Herkunft und Weg der Informationen bestimmen ebenfalls ihren Nutzwert. - Das berührt zunächst einmal Business Intelligence (BI).
Das berührt zunächst einmal Business Intelligence (BI). Herkömmliche BI-Systeme kämen mit der Menge unstrukturierter Daten nicht klar, so Accenture. Sie sehen daher zum Beispiel einen steigenden Bedarf an Data Quality Tools.
Mit Fraunhofer haben wir eine Schmiede, die Architekturen für Embedded Systems baut. Das wird richtig zur Wertschöpfung beitragen! Best IT aus Deutschland. Unsere Leitbranchen wie Chemie, Automobil oder Elektrotechnik, werden durch angereicherte IT-Fähigkeiten in der Wertschöpfung nach vorne gebracht.
Das zweite, was ich prophezeie: Die Branchen selbst werden Managed Services anbieten. Schauen Sie sich Bilfinger Berger an. Die machen einen Großteil ihres Umsatzes mit Service, nicht mehr mit Bau. Warum sollten wir nicht an der Wertschöpfung unserer im Land hergestellten Produkte im Betrieb partizipieren, egal, wo auf der Welt sie installiert sind? Apple macht das mit seiner Plattform ja auch. Da gibt es eine Menge von Unternehmen in unserem Kundenkreis, die darüber nachdenken.