Gefährliche Marketing-Versprechen
Auch wer in Bewertungsportalen wie Kununu nachliest, was dort über das eigene Unternehmen geschrieben wird, kann als Personaler die eigene Betriebsblindheit schnell überwinden. "Glaubwürdigkeit und Werte sind Mitarbeitern und Bewerbern sehr wichtig. Der Erfolg von Employer Branding hängt zum wesentlichen Teil davon ab. Deshalb ist es wichtig, dass Vorstand und Management hinter der Entwicklung einer attraktiven Arbeitgebermarke stehen und sich diesen Fragen stellen", fordert Quenzler und ergänzt: "Leere Marketing-Versprechen werden dagegen schnell entlarvt." Auch für Brose reicht der Hinweis auf die Tradition als Familienunternehmen als Argument nicht aus. Katrin Menzner berichtet, dass ihr Arbeitgeber Bildung, Soziales, Kultur sowie Spitzensport fördert, etwa als Hauptsponsor des Bamberger Basketballvereins Brose Baskets. "Besonders in der Freude am fairen Wettbewerb und dem Streben nach Perfektion und Leistungsorientierung erkennen wir unsere eigenen Werte wieder", sagt Menzner.
- Sie müssen nicht umziehen!
Das versprach ein IT-Beratungshaus den neuen Mitarbeitern. Schließlich würden Hotel- und Reisekosten von den Projekten getragen. Schnell stellte sich heraus, dass das nicht für Projekte am Stammsitz des Unternehmens galt, so dass die angeworbenen Berater doch die Kisten packen mussten. - Leere Schreibtische ...
... können darauf hinweisen, dass Unternehmen bereits entlassen mussten. Doch bei Restrukturierungen schummeln Firmen oft: Einer Bewerberin fielen die leeren Schreibtische bei einem Rundgang durch die Büroräume auf. Sie wurde mit dem Kommentar "Die Kollegen sind in der ganzen Welt auf Projekten unterwegs" abgespeist. Am ersten Arbeitstag stellte sich heraus, dass die Mitarbeiter schon lange entlassen worden waren. - Wir legen großen Wert auf Weiterbildung
Das sagt sich schnell und kommt im Vorstellungsgespräch bei den umworbenen Kandidaten gut an. Wenn der Satz aber nur für bestimmte Mitarbeiter gilt und nicht für erfahrene Projekt-Manager, die nur als "Cash Cow" beim Kunden eingesetzt werden, ist der Schaden groß. - Ein Arbeitsvisum für die USA ...
... versprach ein Unternehmen einem IT-Marketingprofi und ließ ihn ohne Visum solange in die USA immer wieder ein- und ausreisen, bis er das Visum nicht mehr beantragen konnte. - Firmenwagen: Polo statt BMW
Was Firmen Bewerbern im Vorstellungsgespräch versprechen, sollten sie auch halten. Sonst ist der Frust groß. Etwa wenn einer IT-Vertriebsexpertin ein 3er BMW versprochen wird, sie aber dann am ersten Tag den Schlüssel für einen VW Polo in die Hand gedrückt bekommt.
Frische Ideen ohne großes Werbebudget
Mittelständische Firmen brauchen frische Ideen, um gegen die Übermacht der Branchenschwergewichte zu bestehen. Dass das auch ohne PR-Agentur und großes Marketing-Budget funktioniert, zeigt das Softwarehaus mgm Technology Partners. "In München ist es schwierig, Java-Entwickler zu finden. Deshalb haben wir uns überlegt, was uns als Arbeitgeber auszeichnet und wie wir Bewerber ansprechen können", sagt Personalreferentin Esther Bösche.
Ein Kollege aus dem hauseigenen Projektteam kam auf die Idee, dass die Wortschöpfung "bajavarisch" den Standort Bayern und die Java-Entwickler als gesuchte Zielgruppe zusammenführt. Der Grafiker konzipierte Plakate und eine eigene Website. In München, Augsburg, Erlangen oder Nürnberg finden sich diese Poster von Zeit zu Zeit. Die dort beworbene Website liefert Hintergrundinformationen zum Unternehmen und listet Jobangebote auf. "Mit ‚Sprechen Sie bajavarisch?` sind wir richtig bekannt geworden, viele Werkstudenten und Bewerber sind so auf uns aufmerksam geworden", freut sich Bösche.
Gutes Image dank Blog
Doch das ist nicht die einzige Idee, sich als Arbeitgeber zu positionieren. Seit zwei Jahren schreiben Entwickler von mgm Technology Partners einen Blog und diskutieren dort mit anderen IT-Experten. "Unser Blog wird inzwischen weltweit von Leuten gelesen, die sich für Softwareentwicklung interessieren", sagt Bösche. Das 1994 gegründete Unternehmen beschäftigt rund 260 Mitarbeiter und möchte noch mindestens 40 Kollegen an Bord holen.
Gerade entsteht eine zweite Plakatkampagne, die ebenfalls das eigene Projektteam entwickelt hat. Die neuen Motive zeigen Mitarbeiter und ihre Hobbys, etwa am Strand, beim Yoga oder auf einer Skitour. "Die Kollegen waren begeistert von der Idee und haben viele Fotos geliefert", so Bösche. Denn mgm Technology Partners möchte nicht nur Bewerber ansprechen, sondern auch über eine starke Arbeitgebermarke die Mitarbeiter an das Unternehmen binden. Auf der Homepage können Bewerber ihre künftigen Kollegen in kurzen Videos kennen lernen. Auch Firmengründer Hamarz Mehmanesh erzählt dort ganz leger in T-Shirt und ohne Schlips, was das Besondere an seinem Unternehmen ist.
Gute Mitarbeiter zu finden und an die Firma zu binden beschäftigt auch Projectplace. Der vor 14 Jahren in Stockholm gegründete IT-Dienstleister genießt zwar in Schweden einen guten Ruf unter Bewerbern, doch die neu gegründete deutsche Niederlassung muss sich erst noch einen Namen machen. Charlotta Tingshammar, die seit Januar als Country Managerin die Dependance in Frankfurt am Main leitet: "Wir sind ein junges Unternehmen und bieten unseren Mitarbeitern viele Möglichkeiten." Ein wichtiges Argument gegenüber Bewerbern ist für Tingshammar die eigene Software, ein Web-basierendes Projekt-Management-Tool. "Social Business, Cloud-Lösungen und Software as a Service haben ein großes Wachstumspotenzial und verändern gerade die Art und Weise, wie wir arbeiten und kommunizieren. Wir entwickeln diese Lösungen", so die Managerin. Neben den Inhalten möchte Projectplace Bewerber auch mit Werten überzeugen. Wenn Tingshammar darüber spricht, fallen einige Besonderheiten auf: "Wir gehen anders an Employer Branding heran. Uns ist es wichtig, dass sich die Mitarbeiter auch persönlich entwickeln, dass sie genügend Freizeit haben und diese auch genießen." Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren ist ein Aspekt, Gesundheit sowie Weiterentwicklung sind weitere Werte.