Kai Simon, Gartner Deutschland

IT Governance: Spagat der "Glokalisierung"

17.03.2008
Von Kai Simon

Abgleich zwischen Business und IT

Letztendlich ist der Grad des Business/IT-Alignments und somit die Fähigkeit, einen Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens zu leisten, das Maß, mit dem die IT gemessen wird.

Wir sehen häufig, dass Business Unit Manager einer Zentralisierung von Services tendenziell abgeneigt sind, da sie einen Verlust von Kontrolle, Budget und Mitarbeitern befürchten, oder weil eine Zentralisierung aus Sicht des Gesamtunternehmens sinnvoll ist, jedoch für einzelne Einheiten auch Nachteile bringen kann. In vielen Unternehmen existiert auch eine Historie lokaler Unabhängigkeit, basierend auf der Annahme, dass die positiven Auswirkungen der Autonomie einzelner Einheiten die möglichen Synergieeffekte durch zentrale oder föderale Strukturen übersteigen. Die Etablierung zentraler Strukturen, auch als Teil eines föderalen Gesamtansatzes, erfordert somit ein Change-Management auf verschiedenen Ebenen in der IT- und der Business-Organisation. Jedoch lauern auch hier Fallen an verschiedenen Stellen:

  1. Die Bestrebung in Richtung zentralisierter Strukturen wird durch die IT getrieben, und die Wirtschaftlichkeitsrechnung basiert primär auf positiven Effekten für die IT.

  2. Die Maßnahmen werden nicht hinreichend gut "verkauft", sondern ohne Berücksichtigung lokaler Belange durchgesetzt.

  3. Es wird kein Business-seitiger Sponsor mit ins Boot geholt, um die Widerstände der lokalen Einheiten zu adressieren.

  4. Die Incentive-Strukturen werden nicht angepasst, sondern basieren nach wie vor auf einem dezentralen Ansatz.

Um diese Fallen zu umgehen, muss folgende Schlüsselfrage beantwortet werden: Welches sind die relevanten Geschäftstreiber? Grundsätzlich gelten hier drei Faktoren: Kostenreduktion, regulatorische Anforderungen sowie geschäftliche Grundsätze und Bedürfnisse. Die Konsolidierung von Commodity-Services wird typischerweise aus Kostenaspekten heraus betrieben. Die Harmonisierung und Optimierung von Prozessen, die häufig die direkten Kosten zunächst erhöht und erst längerfristig Effizienzgewinne erzeugt, wird oft als strategischer Imperativ verstanden. Regulatorische Anforderungen wirken sich ebenfalls auf die Geschäftsprozesse aus, sind jedoch als externe Treiber anzusehen und in der Regel zwingend zu berücksichtigen. Es gilt jedoch grundsätzlich, dass der Versuch, zentralisierte Funktionen und Governance einzuführen, zum Scheitern verurteilt ist, wenn ihm nicht entsprechende Business-Treiber vorausgehen.

Fazit: Die Einführung einer zentralen oder föderalen Governance ist kein Selbstzweck, und beim Übergang von dezentralen zu zentralen Strukturen gibt es ein immanentes Risiko der Übersteuerung. Die lokalen Einheiten sollten jedoch weiterhin in der Lage sein, auf spezifische lokale Gegebenheiten adäquat zu reagieren. Außerdem sollte die häufig lokal erbrachte Innovation nicht in zentralistischen Regelungen untergehen.

Zur Person

Kai Simon
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Foto: Kai Simon

Dr. Kai A. Simon ist seit 2007 als Berater bei Gartner tätig und arbeitet primär in den Bereichen IT- Governance, Enterprise Architecture und Business Process Management. Nach dem Studium in Deutschland und Schweden war er in verschiedenen europäischen Ländern als Forscher, Dozent, Berater und in der Industrie tätig.