Commasoft: Informations-Management in Behörden

"Wissen auf Tastendruck"

23.04.1999
Seit einem Jahrzehnt krempelt das Bonner Systemhaus Commasoft erfolgreich Behörden und Verwaltungen von Großunternehmen um - mit Hilfe von Informations-Management.

von Raquel Bartsch*

Bisher profitierte das Software-Unternehmen Commasoft von seinem hervorragenden Bonner Standort. Direkt vor der Haustür, nur ein paar Kilometer entfernt auf der anderen Rheinseite, waren einige der wichtigsten Kunden wie das Bundesinnen- und Bundesfinanzministerium erreichbar. Nach dem Regierungsumzug an die Spree werden die Anreisewege zu diesen Kunden von der ehemaligen Hauptstadt aus erheblich länger ausfallen.

Stephan Huthmacher, Gründer und Geschäftsführer von Comma-soft sieht den neuen Zeiten jedoch gelassen entgegen. Längst hat die 1989 gegründete IT-Firma auf die politisch bedingten Veränderungen reagiert: "Der Umzugsbeschluß hat dazu geführt, daß wir in Berlin eine Geschäftsstelle eröffnet haben", so Diplomphysiker Huthmacher. "Der Standort Bonn macht sehr viel Sinn, weil wir uns hier im Zentrum von Europa befinden und recht mobil sind. Der Anfahrtsweg zum Flughafen beträgt nur 18 Minuten, es gibt einen ICE-Anschluß, eine gut ausgebaute Nord-Südverbindung durch die Deutsche Bahn und eine sehr gute Autobahnanbindung", schwärmt der IT-Manager über die Infrastruktur, die Bonn samt Region vorallem seinem früheren Status als Hauptstadt zu verdanken hat.

"Die Gründungsidee war, komplexe Anwendungen mit hoher Qualität auf PCs zu bringen und das mit jungen Naturwissenschaftlern zu realisieren", erzählt Huthmacher über die Anfangsphase. Bei seinem Vorhaben konnte er von Anfang an auf die Bonner Universität, die einen gut ausgebauten Informatikschwerpunkt hat, und seine dort geknüpften Kontakte zurückgreifen. Sein ehrgeiziges Ziel: "Das über den Markt selbst erarbeitete Wissen den Kunden verkaufen." Längst hat Huthmacher die eigene Meßlatte übertroffen. 1998 erwirtschaftete das Unternehmen mit 113 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 25 Millionen Mark.

Das expandierende IT-Haus, das auch in Bad Homburg und Böblingen vertreten ist, zählt zu den

Eigene Trainingsprogramme

Informations- und Technologiedienstleistern im Microsoft-Umfeld. Mit IT- und Management-Consulting, Software- und Produktentwicklung, interaktiven Designlösungen für Inter- und Intranet sowie Trainingsmaßnahmen bietet es ganzheitliche Lösungen für Großunternehmen, Verwaltungen, Banken, Versicherungen und Verbände. Zu den erfolgreichsten Produkten gehören "Helpline" für effizientes Helpdesk-Management und "Infonea", eine Software-Architektur für das Informations-Management.

Bei der Arbeit mit Behörden und Verwaltungen gilt laut Huthmacher die Devise: Die Administrations- und Betreuungskosten in kürzester Zeit um den Faktor zehn zu reduzieren." Mit der Umstellung des Betriebssystems von Unix auf Windows NT beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMFT) hat sich der IT-Dienstleister bundesweit einen Namen gemacht. Auf der Basis von Microsoft Back-Office implementierten die Software-Experten eine offene Kommunikationsarchitektur sowie eine moderne Messaging-Infrastruktur. Um die Ausfallsicherheit zu erhöhen und den Administrationsaufwand zu senken, wurden umfangreiche Werkzeuge integriert und klar definierte Strukturen festgelegt. Steckenpferd von Huthmacher und seiner Crew aus Naturwissenschaftlern, Informatikern und Ökonomen ist das Informations- und Wissens-Management: "Unsere Vision ist, Wissen auf Tastendruck zur Verfügung zu stellen. Viele Unternehmen haben oft keine Ahnung, was sie alles wissen. Das ist ein organisatorisches und

technologisches Problem."

Das Bundesfinanzministerium brauchte zum Beispiel ein Informations-Management, weil es "auf der Staatssekretärebene ein 16.00-Uhr-Problem gab", so Huthmacher. Das Gros der normalen Mitarbeiter ging um diese Zeit nach Hause, so daß wichtige Dokumente zur Vorbereitung von aktuellen Sitzungen nicht verfügbar waren. Mit Hilfe des entwickelten IT-Management-Systems ist das Finanzministerium nun rund um die Uhr auf dem Stand der - hausinternen - Dinge.

Bewerber, die sich für einen Einstieg bei Commasoft interessieren, sollten "idealerweise schon Kenntnisse im Umfeld von Microsoft besitzen und bereit sein, sich in ein Projektteam einzuarbeiten", skizziert Personalleiterin Dorothea Wessel.

Da der IT-Nachwuchs auch in der Region Bonn-Köln nicht gerade leicht zu finden ist, in der sich Infomatikstudiengang an Informatikstudiengang reiht, setzt Commasoft auf eigene Qualifizierungsprogramme. So unterstützt das Systemhaus die Qualifizierung zum Mi-crosoft Certified System Engineer (MCSE).

Mitarbeiter werden beteiligt

Für Matthias Klinge (Name von der Redaktion geändert) stand vor eineinhalb Jahren erst einmal eine dreiwöchige Schulung in der Standardsoftware von Microsoft auf dem Programm, bevor es für den promovierten Astrophysiker ins erste Projekt beim Bundespresseamt ging. Dort arbeitete er mit einem erfahrenen Consultant als Coach zusammen. "Der naturwissenschaftliche Ansatz, das hohe Abstraktionsvermögen und die Form der Kommunikation haben mich dazu gebracht, bei Commasoft anzuheuern", beschreibt der 32jährige seine Motivation, in die IT-Branche zu wechseln.

Mitarbeiter gewinnen ist die eine Sache, sie auch zu halten, die andere. Deshalb führte das Unternehmen vor vier Jahren ein Mitarbeiterbeteiligungsmodell ein. Wer durch seine Dienstleistungen den Umsatz steigert, wird daran auch beteiligt. "Allerdings sind wir dabei an gesetzliche Grenzen gestoßen", berichtet Geschäftsführer Huthmacher. Eine Lösung für dieses Problem hat er jedoch auch schon im Blick: Seine Firma soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden und er will in den nächsten zwei Jahren an die Börse gehen.

*Raquel Bartsch arbeitet als freie Journalistin in Bremen.