Für jedes Endgerät

Windows als App ist im Anmarsch

Kommentar  28.11.2023
Von 


Steven J. Vaughan-Nichols schreibt für unsere US-Schwesterpublikation Computerworld. Er beschäftigte sich bereits mit Business und Technologie als 300bps noch Highspeed war.
Die Zeiten, in denen PC und Windows untrennbar verknüpft waren, gehen zu Ende. Schon bald können User das OS als Service auf ihren Macs, Linux-Rechnern und mobilen Endgeräten nutzen.
Mit der Windows App sorgt Microsoft für frischen Wind in seinem Kerngeschäft mit Betriebssystemen.
Mit der Windows App sorgt Microsoft für frischen Wind in seinem Kerngeschäft mit Betriebssystemen.
Foto: Me dia - shutterstock.com

Mit Windows 365 halten Cloud-basierte Desktop-as-a-Service-(DaaS-)Angebote in der Breite Einzug. Microsoft nähert sich damit seinem seit Jahren angestrebten Ziel. Sie glauben mir nicht? Dann sehen Sie sich mal Windows App an - ich würde den Dienst als Microsofts neues Tor zu all seinen Remote-Windows-Angeboten bezeichnen. Mit Windows App - derzeit noch in der Betaphase - werden Anwender von nahezu jedem Endgerät aus eine Verbindung zu Azure Virtual Desktop, Windows 365, Microsoft Dev Box, Remote Desktop Services und Remote-PCs herstellen können.

Genauer gesagt werden Sie eine Windows-App auf ihren Mac-Rechnern, iPhones, iPads, anderen Windows-Rechnern und sogar in ihren Webbrowsern nutzen können. Wir bewegen uns also in eine Welt, in der Windows überall ausgeführt werden kann, ohne dass es installiert werden müsste.

Windows ist nicht länger ein Muss, sondern eine Option

Für viele Anwender brechen damit bessere Zeiten an. Wer bislang gegen seinen Wunsch mit Windows arbeiten musste, weil das im Unternehmen nun Mal so die Regel war und der Chef darauf bestand, wird schon bald den Rechner seiner Wahl verwenden können und Windows nur noch dann aufrufen müssen, wenn Windows-spezifische Software benötigt wird.

Schon klar, in Zeiten von Web-Anwendungen und Apps ist das Betriebssystem ohnehin kein großes Thema mehr. Die wenigsten Softwarefirmen sind heute noch daran interessiert, dass ihre Anwendungen als eigenständige Windows-Apps ausgeführt werden. Sie möchten Web-basierte SaaS-Anwendungen verkaufen - und zwar im Abo. Es ist nun Mal viel lukrativer und kalkulierbarer als das klassische Lizenzgeschäft, wenn jeden Monat Subscription-Einnahmen fließen.

Microsoft verfolgt bereits seit einiger Zeit das Ziel, Windows und PC zu entkoppeln. Zac Bowden, leitender Redakteur bei Windows Central, hat schon in einer internen Microsoft-Präsentation vom Juni 2022 die entscheidende Strategieänderung erkannt: Microsoft verlagert Windows in die Cloud und schafft ein Betriebssystem, das sich von dort auf jedes Endgerät streamen und mit weiteren kostenpflichtigen Diensten verknüpfen lässt.

Dem gemanagten Desktop gehört die Zukunft

Die Verlagerung von Windows in die Cloud begann schon viel früher, lang bevor sich Microsoft in KI verliebte. Bereits 2018 war erkennbar, dass die Zukunft einem gemanagten Desktop gehören würde. Damals war schon der Desktop as a Service (DaaS) ein Thema, und mit Windows App wird alles noch viel einfacher. User werden Windows remote über ihren Browser nutzen können, auch mit älteren Versionen von Chrome, Firefox, Safari und Edge. Solange der Browser HTML5 unterstützt, steht dem Windows-Einsatz nichts mehr im Wege.

Vom Browser aus werden sich dann auch lokale Geräte wie Drucker, Mikrofone, Kameras sowie Audiodateien und die Zwischenablage auf die Remote-Session umleiten lassen. Allerdings äußert sich Microsoft widersprüchlich, wenn es um das Kopieren und Verschieben von Dateien geht. Auf der Website heißt es an einer Stelle, dass es möglich sein werde, an anderer Stelle schreibt Microsoft, dass es wohl nicht funktioniere. Es empfiehlt sich also, dranzubleiben.

Bislang werden jedenfalls nicht alle Remote-Windows-Services unterstützt. Microsoft schreibt, dass Anwender Remote-Desktop-PCs einsetzen können, momentan ist das aber noch nicht der Fall. Der Support ist wohl noch in Vorbereitung.

Wer die Windows-App nutzen will, muss die neueste Version von Windows 365 einsetzen und - zumindest derzeit - ein Geschäfts- oder Studentenkonto besitzen. Nach dem Start von Windows 365 sind diese User dann eingeladen, Windows App in einer interaktiven Tour zu erkunden. Danach können sie auf den Startbildschirm zugreifen und sich mit remote angeschlossenen Geräten und Apps verbinden - unterstützt durch intuitive Filter, die den Suchprozess vereinfachen sollen.

Hohe Flexibilität am Arbeitsplatz

Von diesem anpassbaren Startbildschirm aus lassen sich also verschiedene Services und PCs bedienen - obwohl ich die Windows App lieber nicht auf einem Smartphone ausprobieren würde. Mit der App können Nutzer mehrere Monitore mit benutzerdefinierten und dynamischen Bildschirmauflösungen und Skalierungen verwenden. Wenn Sie also gerne mehrere Bildschirme einsetzen, können Sie Ihren persönlichen Desktop auf einem Screen und eine Remote-Windows-Sitzung auf dem anderen starten.

Das sieht alles ganz interessant aus, allerdings sollten wir Microsofts Warnung nicht übersehen: "Windows App ist derzeit in PREVIEW und kann vor der Veröffentlichung noch stark verändert werden. Microsoft übernimmt keine Garantien in Bezug auf die hier bereitgestellten Informationen." Eine Preview macht eben alles möglich, wenn auch nur in der Softwarebranche.

Mein Tipp: Zum jetzigen Zeitpunkt können Sie mit der Windows App ein bisschen herumspielen. Schließlich geht es hier um die Zukunft von Windows, ob man sich damit anfreunden mag oder nicht. Ich würde momentan aber nicht daran denken, die App produktiv zu verwenden. Dazu ist es eindeutig noch zu früh. (hv)

Dieser Beitrag basiert auf einem Kommentar der Computerworld.