Wie Schulungsanbieter die Krise meistern

14.01.2003
Von Bettina Wirth

Auch danach ergab eine Umfrage unter 512 Weiterbildungsanbietern und 141 Schulungsverantwortlichen in Unternehmen, dass die Trainingsinstitute ihre Wachstumsträume vorerst begraben können. Das Fachblatt „Managerseminare“ ermittelte im Juli 2002, dass fast 44 Prozent der Anbieter Auftragsrückgänge verzeichnen. Nur 35 Prozent können sich über volle Auftragsbücher freuen. Bei der Befragung im Juli 2000 hatten noch fast 56 Prozent der Bildungsanbieter angegeben, dass sich die Auftragslage gegenüber dem Vorjahr verbessert habe; lediglich knapp 18 Prozent mussten einen Rückgang hinnehmen. Doch nicht nur die Zahl der Aufträge schrumpft, auch die Schulungsdauer geht zurück. Lerninhalte sollen möglichst komprimiert in maximal zwei Tagen vermittelt werden.

„Früher haben die Kunden großzügig drei- bis fünftägige Seminare abgenickt“, berichtet NT+C-Geschäftsführer Schröer. „Heute feilschen sie um jedes Modul.“ Die Erhebung der Trainingszeitschrift „Managerseminare“ bestätigt, dass größere Aufträge derzeit grundsätzlich selten sind: Ein Drittel der Seminaranbieter klagt, dass sich die Dauer von Schulungen und Workshops im Vergleich zu 2001 verkürzt hat. Lediglich drei Prozent der Befragten stellten noch eine Verlängerung der Trainingszeiten fest.

Mehr Aufwand für die Akquise

Jürgen Graf, Chefredakteur des Fachblatts, wertet die Zahlen als Alarmsignal. Der Trend zu immer kürzeren Schulungen sei seit vier Jahren ungebrochen. Immer kompaktere Seminare sollen vergleichbare oder sogar bessere Ergebnisse bringen. Dass jedoch alle Unternehmen die Trainingsausfälle durch Intervallschulungen, Follow-up-Workshops oder eine Lernbegleitung am Arbeitsplatz kompensieren, hält Graf für „unwahrscheinlich“. Ein Drei-Tages-Seminar stelle inzwischen die Ausnahme dar. Zwei Drittel der Schulungen umfassen zwei Tage und weniger.

Für die Anbieter beruflicher Weiterbildung bedeutet das Geschäft mit den kleinen Seminaren, dass viel mehr Kunden und Aufträge akquiriert werden müssen, um die kalkulierten Trainingstage und Umsatzvolumina zu erzielen. Offene Seminare, also Schulungen zu festgelegten Themen, die Mitarbeiter verschiedener Unternehmen besuchen, weichen zunehmend firmeninternen Workshops. Diese lassen sich nicht mit geringem Aufwand über den Katalog verkaufen. Die Trainer müssen immer häufiger vor Ort Bedarfsanalysen erstellen und anschließend ein individuelles Programm maßfertigen. Nur selten lässt sich der erhöhte Beratungsaufwand durch mehr Honorar kompensieren, klagen die Schulungsfirmen. Wenn es doch einmal das vorgeschnürte Standardpaket sein darf, greifen die Kunden konsequent auf das günstigste Angebot zurück.