Bahn, Bus, Flugzeug und Schiff

Welche Fahrgastrechte Dienstreisende haben

21.06.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Auf dem Verbraucherportal flightright erfahren Reisende, welche Ansprüche sie bei Verspätungen von Bahn, Flugzeug, Bus und Schiff haben.
Der Flieger hat mal wieder Verspätung? Finden Sie heraus, wie es mit einer Entschädigung aussieht!
Der Flieger hat mal wieder Verspätung? Finden Sie heraus, wie es mit einer Entschädigung aussieht!
Foto: imageteam - Fotolia.com

Fast jeder hat es schon einmal selbst erlebt: der nervöse Blick auf die Uhr und die Frage "Wo bleibt die Bahn?". Jeden Tag kommt es zu Verspätungen und Ausfällen im Bahn-, Flug-, Bus- und Schiffsverkehr. In vielen Fällen haben Betroffene Anspruch auf Fahrpreiserstattung oder sogar ein Anrecht auf Entschädigung. Rechtsexperte Philipp Kadelbach von flightright (www.flightright.de), dem Verbraucherportal für Fluggastrechte, gibt Tipps, um sich im Wirrwarr der Regelungen zu orientieren.

Eisenbahnverkehr

Die Bahn ist mal wieder viel zu spät und auch nach 60 Minuten noch nicht in Sicht. In diesem Fall stehen Reisenden laut EU-Verordnung 1371/2007 eine Erstattung des Fahrpreises von mindestens 25 Prozent und die kostenlose Verpflegung mit Getränken zu. Bei Verspätungen ab 120 Minuten haben Bahnfahrer Anspruch auf eine Fahrpreiserstattung in Höhe von 50 Prozent. Bei einem Totalausfall hat das Warten ein Ende, da die Bahn dann die Kosten einer alternativen Beförderung übernehmen oder 100 Prozent des Ticketpreises zurückzahlen muss. Im Nahverkehr gelten andere Regelungen. Sollte sich der Arbeitsweg via Eisenbahn um mehr als 20 Minuten verlängern, können ohne Aufpreis andere Züge genutzt werden (z. B. RE, IC, ICE).

Fällt der letzte Zug des Tages aus oder verspätet sich dieser zwischen null und fünf Uhr morgens um mindestens eine Stunde, kann alternativ auf Bus oder Taxi für die Weiterfahrt umgesattelt werden. In diesem Fall muss das Unternehmen Kosten bis zu 80 Euro übernehmen. Der Weg bis zur endgültigen Fahrpreiserstattung ist jedoch ohne ein wenig Bürokratie leider nicht zu meistern. Beim Service-Personal oder als Download im Internet erhalten Bahnreisende das "Fahrgastrechte-Formular". Einmal ausgefüllt, muss es gemeinsam mit der Kopie des Fahrscheins direkt an die zuständige Service-Stelle geschickt werden. Maximal vier Wochen später sollte der Antrag bearbeitet sein und die Entschädigung in Form eines Gutscheins im Briefkasten liegen. Auf Wunsch geht das Geld auch direkt aufs Konto.

Flugreisen

Flugannullierungen und -verspätungen betreffen Geschäftsreisende ebenso wie Urlauber. Nach der EU-Verordnung 261/2004 stehen Betroffenen bei einer Abflugverspätung ab zwei Stunden die Verpflegung und mindestens zwei kostenfreie Telefonate zu. Verzögern sich Abflug und Ankunft um mehr als drei Stunden müssen die Fluggesellschaften nach Entfernung gestaffelte Entschädigungszahlungen von bis zu 600 Euro leisten. Im Fall von Flugannullierungen ist die Airline dazu verpflichtet, zusätzlich den gesamten Ticketpreis zurückzuerstatten, wenn vom Angebot zur Ersatzbeförderung Abstand genommen wurde. Viele Fluggesellschaften weigern sich jedoch die Entschädigungsleistungen auszuzahlen. flightright unterstützt Betroffene in solchen Fällen bei der Durchsetzung ihrer Rechte. Wenn nötig, übernimmt flightright auch das gerichtliche Verfahren gegen die Airlines durch und erhält dafür nur im Erfolgsfall eine prozentuale Beteiligung an der Entschädigungssumme.

Busreisen

Viele Touristen bereisen ihre Urlaubsziele gern mit dem Bus. Technische Defekte oder Fehlplanungen können auch für Beförderungsausfall und -verzögerung sorgen. Eine einheitliche Regelung für Entschädigungen bei solchen Problemen gibt es bislang nicht. Betroffene sind meist auf die Kulanz der Anbieter angewiesen. Das ändert sich ab März 2013 per EU-Verordnung. Diese sichert Busreisenden fortan ähnliche Rechte wie Bahnreisenden zu. Danach sollen zukünftig bei Verspätungen von mindestens zwei Stunden oder Totalausfall eine alternative Reisemöglichkeit gestellt oder das Ticket zu 100% erstattet werden. Zusätzlich gibt es Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 50% des Fahrpreises bei Verspätungen von mehr als 120 Minuten. Außerdem sollen Reisenden bei Verpassen des Anschlusses bis zu zwei Hotelübernachtungen im Wert von 80 Euro gestellt werden. Diese Regelungen gelten ausschließlich für Fernreisen innerhalb der EU ab 250 km.

Schiffsreisen

Auch bei Schiffsreisen erwartet Betroffene ab Dezember 2012 eine einheitliche EU-Regelung der Fahrgastrechte. Bei Verspätungen ab 90 Minuten erhalten Fahrgäste eine finanzielle Entschädigung je nach Dauer der Fahrt und Länge der Verspätung in Höhe von 25 Prozent bis 50 Prozent des Fahrpreises. Es können aber auch eine alternative Beförderung oder Übernachtungen bis zu drei Nächten in Anspruch genommen werden. Boots- und Schiffsunternehmen, die nicht mehr als zwölf Passagiere auf einmal befördern können, sind von diesen Regelungen allerdings ausgenommen.

Fünf Tipps:

  • Sammeln Sie alle Belege und Fahrkarten.

  • Lassen Sie sich die Verspätungen oder Ausfälle vom Service-Personal auf der Originalfahrkarte bestätigen.

  • Schicken Sie keine Originaldokumente an das Unternehmen, sie könnten auf dem Postweg verloren gehen.

  • Beachten Sie die Einreichungsfristen, um Ihre Ansprüche geltend machen zu können.

  • Höhere Gewalt (wie z. B. Naturkatastrophen) kann den Anspruch auf Entschädigung gegebenenfalls ausschließen.

flightright, das Verbraucherportal für Fluggastrechte, startete im Frühjahr 2010. Passagiere haben die Möglichkeit, Entschädigungen für verspätete oder annullierte Flüge direkt über das Portal von flightright einzufordern. flightright beruft sich auf die EU-Verordnung 261/2004. Diese spricht Betroffenen von Flugausfällen und Verspätungen eine Wiedergutmachung durch die Fluggesellschaft zu.
Weitere Informationen auf www.flightright.de. (oe)