In Anbetracht der niedrigen Preise und langen Garantiezeiten:

Wartungsverträge für Terminals überflüssig

30.01.1987

MÜNCHEN (qua) - Immer mehr Anwender nehmen ihre Bildschirm-Terminals aus bestehenden Wartungsverträgen heraus. Die Gebühren dafür, so die Begründung, stünden nicht mehr in einem gesunden Verhältnis zum Anschaffungspreis - zumal sich die Garantiezeiten drastisch verlängert haben.

Seit etwa einem halben Jahr ist zu beobachten, daß die meisten Bildschirm-Hersteller ihre Garantiezeiten um ein Vielfaches ausdehnen; sie gewähren statt der üblichen sechs Monate Garantien von bis zu vier Jahren. Die Telex Computer Products International führt als Grund dafür an, daß der Marktführer "vorgeprescht" sei. Die Tektronix hingegen gibt schon seit drei Jahren bis zu 36 Monate Garantie und begründet das mit der geringen Anfälligkeit der technisch ausgereiften Geräte. Genausoviel bietet auch die IBM seit Mitte des vergangenen Jahres für ihre jüngste Generation von Bildschirmen, die unter der Bezeichnung 3191 für die /370-Systeme und 3196 für die Systeme /36 und /38 laufen.

Für günstig halten die Anwender auch den Preis. Das seien "ganz, ganz preiswerte Bildschirme", formuliert einer der befragten DV-Leiter. Der Anschaffungspreis liege etwa 30 Prozent unter dem, was er vor knapp zwei Jahren für das Vorläufermodell 5291 auf den Tisch legen mußte. Schon für 3020 beziehungsweise 3355 Mark sind die Geräte zu haben. Kleine Qualitätsabstriche nehme er da gelassen hin. Ein Beispiel: Wenn beim 5291 der Ein/Aus-Schalter gedrückt werde, entstehe ein "ganz leises Geräusch". Der entsprechende Schalter beim 3196 verursache wesentlich mehr Lärm: "Das ist eine richtige Nähmaschinen." Damit die IBM den Billiganbietern nacheifern könne, müsse halt am Material gespart werden.

Sinkende Hardwarekosten sind zwar nichts Neues; eine Entwicklung, die ihm zu denken gebe, sei jedoch der Trend zum Wegwerf-Produkt "zumindest bei den externen Einheiten". Wenn die zehn Jahre alten Bildschirme aus der Serie 5251 eine Fehlfunktion aufweisen, komme ein Techniker, schraube sie auf, überprüfe die Leitungen, wechsle eventuell eine Karte aus, kurz: repariere sie. Der 3196 hingegen lasse sich gar nicht mehr ohne weiteres aufmachen. Gehe er kaputt, so werde das gesamte Logikmodul oder sogar der ganze Monitor ausgetauscht.

Serviceabkommen nur für die "anfälligen" Drucker

Die logische Folge daraus ist eine Ex-und-hopp-Einstellung auch bei den Anwendern. Wegen der günstigen Anschaffungspreise und der langen Garantiezeit hat sich das Gerät schon innerhalb der garantierten Funktionsdauer nahezu amortisiert. Entsteht danach ein Schaden, so kann es ohne größeren Verlust weggeworfen werden.

Unter diesem Aspekt erscheinen kostspielige Wartungsverträge in einem neuen Licht. Sie waren vielen Anwendern ohnehin zu teuer. Nur noch die "anfälligen" Drucker werden nach Auskunft des europaweiten Support-Verantwortlichen der Gavazzi Omron GmbH, Manfred Kleinert, vertragsmäßig gewartet. Schon 1982, als sie die ersten IBM-Modelle anschafften, haben die acht Niederlassungen der Gruppe auf Wartungsverträge für ihre Bildschirme verzichtet. Die dafür verlangten Gebühren sind Kleinert zu hoch.

20 Prozent des Neupreises jährlich für Kundendienst

Nach aktuellen Angaben von Anwendern sowie von der IBM selber liegen sie bei rund 700 Mark im Jahr - ohne die, so Big Blue, "preistreibenden Extras" wie Nacht- oder Wochenend-Wartung. Das macht bei 30 Terminals schon den Anschaffungspreis für mindestens ein halbes Dutzend neuer Monitore aus, für den kompletten Austausch von 20 Prozent des Bestandes also. Martin Pantze, DV-Leiter bei der Rosenheimer Klepper Beteiligungs GmbH, führt allerdings an, daß Reparaturen im Rahmen eines Wartungsvertrags innerhalb eines Tages ausgeführt werden. Diesen Service lernte er schätzen, als ihn im vergangenen Jahr zwei seiner sieben Sichtgeräte im Stich ließen.

Seine Kollegen betonten jedoch fast durchgängig, daß die IBM sicher kein unkalkulierbares Verlustrisiko eingehe, indem sie Garantien für störanfällige Geräte gebe. Selbstverständlich sind Garantiezeiten Verkaufsargumente, und Big Blue hat hier offensichtlich einen zunächst scheinbar gewagten Schritt unternommen, um einerseits die lästigen Mitbewerber abzuhängen und andererseits den unter dem Druck der PCs leidenden Markt für dumme Terminals neu zu beleben. Aller Erfahrung nach ist jedoch damit zu rechnen, daß die Funktionsdauer der Geräte ihre Garantiezeit bei weitem übersteigt.

Bedürfnis nach Sicherheit bleibt als Argument übrig

Ein DV-Leiter aus der Kfz-Branche, der seinen Bildschirm-Wartungsvertrag zum Ende des vergangenen Jahres gekündigt hat, meint scherzhaft, er sehe in einem solchen Abkommen nur noch einen Sinn, wenn jemand "ganz auf Nummer Sicher gehen" wolle oder aber befürchte, daß der zuständige VB ihn andernfalls "nicht mehr so lieb hat wie vorher".